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Anträge<br />

Empfehlungen<br />

der Antragskommission<br />

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kritisieren und alternative theoretische Ansätze anzubieten. Gegen<br />

die staatliche Dominanz ist hier allerdings schwer anzukommen.<br />

Ein neueres Element des Kampfes um Deutungshoheit ist die sogenannte<br />

„Extremismus-Klausel“, oder auch euphemistisch „Demokratieerklärung“,<br />

die staatliche Förderung letztlich davon abhängig<br />

macht, ob die geförderten Organisationen/Institutionen die Extremismustheorie<br />

teilen. Zustimmung wird mit Förderung belohnt,<br />

Ablehnung führt zum Entzug von finanzieller Förderung und somit<br />

oftmals zum Ende des Projekts. Die Debatte um die Extremismus-<br />

Klausel führte allerdings erstmals seit langem wieder zu einer breit<br />

geführten gesellschaftlichen Debatte um die Extremismustheorie.<br />

Der Kampf um Deutungshoheit wird so weit geführt, dass zivilgesellschaftliche<br />

und antifaschistische Initiativen als „linksextrem“<br />

diffamiert werden und sich als Konsequenz im Verfassungsschutzbericht<br />

wieder finden. Der Inlandsgeheimdienst besitzt hierbei<br />

eine große Macht und nutzt sie auch entsprechend, um seine eigene<br />

Position zu verteidigen. Nimmt man diesen Kampf gegen eine<br />

derartige „hoheitliche Verufserklärung“ (Jürgen Seifert) auf sich,<br />

so steht man vor einer langwierigen und aufwändigen juristischen<br />

Auseinandersetzung. Dies zeigte sich in den letzten Jahren z.B. im<br />

Fall von a.i.d.a., der VVN/BdA, dem Publizisten Rolf Gössner, den<br />

JungdemokratInnen oder sogar der Partei Die Linke.<br />

Dabei muss gerade den zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen<br />

Initiativen zugestanden werden, dass sie trotz erheblich geringerer<br />

Ressourcen oftmals bessere Informationen und analytische<br />

Tiefe bei der Betrachtung neonazistischer Entwicklungen haben,<br />

als der Inlandsgeheimdienst. Sie tragen auch oft erheblich mehr zur<br />

Verteidigung demokratischer Grundwerte bei als die Sicherheitsbehörden,<br />

mit erheblich weniger Ressourcen und ohne den Rückgriff<br />

auf V-Leute oder nachrichtendienstliche Mittel. Dadurch wird die<br />

Deutungshoheit der Sicherheitsbehörden direkt angegriffen und somit<br />

kommt es zu den beschriebenen Verteidigungs- und Diffamierungskampagnen,<br />

die oft den politischen „Segen“ der jeweiligen<br />

Innenministerien haben.<br />

Auch „die anderen“ haben versagt – Zeit für eine grundlegende<br />

Debatte<br />

Gerade im Fall des NSU muss festgestellt werden, dass nicht nur<br />

der Verfassungsschutz, sondern auch der Militärische Abschirmdienst<br />

(MAD), der die Aufgaben des Verfassungsschutzes für den<br />

Bereich der Bundeswehr erfüllen soll, der polizeiliche Staatsschutz<br />

sowie die Staatsanwaltschaften versagt haben. Auch hier ist eine<br />

grundlegende Debatte über Aufgaben, Befugnisse, Zusammenarbeit<br />

erforderlich. An einer grundsätzlichen Debatte über die deutsche<br />

Sicherheitsarchitektur, auch im europäischen und internationalen<br />

Rahmen führt also eigentlich kein Weg vorbei. Dennoch ist<br />

bereits eines jetzt klar: Einem intransparenten und demokratisch<br />

nicht kontrollierbaren Geheimdienst darf der Schutz unserer Verfassung<br />

nicht länger anvertraut werden. Die Inlandsgeheimdienste<br />

und ihre politische Führung legen hier keinerlei Problembewusstsein<br />

an den Tag. Im Gegenzug für bestenfalls kosmetische Reformen<br />

wollen sie mit weitergehenden Zuständigkeiten, erweiterten<br />

Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen und mehr Kompetenzen<br />

belohnt werden. Es ist Zeit für eine klare Zäsur – die Inlandsgeheimdienste<br />

müssen abgeschafft werden.<br />

Chance in der Katastrophe – Aufwertung der Zivilgesellschaft<br />

Obwohl es jetzt noch nicht möglich ist ein abschließendes Fazit<br />

über das Versagen und die Neuordnung der Sicherheitsarchitektur<br />

zu ziehen, obwohl sich dies derzeit zahlreiche PolitikerInnen und<br />

Beamte der betroffenen Behörden anmaßen, ist es doch von hoher<br />

Bedeutung einen entscheidenden Punkt herauszustellen. Obschon<br />

die Zukunft der Sicherheitsbehörden ungewiss ist und zu befürchten<br />

ist, dass sich aufgrund der aktuellen Möglichkeiten die Spirale<br />

von Überwachung, Repression und Ausweitung der Kompetenzen<br />

für nicht-kontrollierbare Institutionen fortsetzt, bleibt festzuhalten,<br />

dass die zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Initiativen<br />

und Vereine im Bereich der Beobachtung der neonazistischen Sze-<br />

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