3022248 SPD Antragsbuch Inhalt.indd
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Anträge<br />
Empfehlungen<br />
der Antragskommission<br />
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desregierungen und sind meist durch Drittmittel finanziert. Wo Kooperationen<br />
von öffentlichen Wissenschaftsinstitutionen mit privaten<br />
Wirtschaftsunternehmen stattfinden, müssen alle Verträge, Daten und<br />
Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.<br />
Verantwortlich dafür, dass die Abhängigkeit der Hochschulen von<br />
Geldern aus der privaten Wirtschaft immer größer und damit auch<br />
der Beeinflussung von Wissenschaft Tür und Tor geöffnet wurde, ist<br />
auch die unzureichende Grundfinanzierung der Hochschulen: Die<br />
Ausgaben für Bildung und Forschung entsprechen nicht dem Bedarf;<br />
die öffentliche Hand hat nach Berechnungen des Bildungsforsches<br />
Dieter Timmermanns im Auftrag für die Hans-Böckler-Stiftung die<br />
realen Ausgaben pro Kopf nicht adäquat an die steigende Nachfrage<br />
nach formalen Bildungsangeboten angepasst. In der Folge stieg der<br />
Anteil der Drittmittel an der gesamten Hochschulfinanzierung laut<br />
Statistischem Bundesamt von 11 Prozent Mitte der 90er Jahre auf 20<br />
Prozent im Jahr 2011. Die öffentliche Grundfinanzierung hat demnach<br />
als Finanzierungsquelle an Bedeutung verloren.<br />
Dadurch entstand eine chronische Unterfinanzierung der Hochschulen,<br />
die Hochschulleitungen, Dozierende und Forschende in den<br />
Sachzwang bringt, Gelder aus der Privatwirtschaft anzunehmen, um<br />
ihren Forschungs- und Lehrbetrieb überhaupt noch aufrecht erhalten<br />
zu können. Im Saarland beispielsweise lag der Anteil der von Unternehmen<br />
gezahlten Drittmittel laut Stifterverband der deutschen<br />
Wissenschaft im Jahr 2010 bei fast 8 Prozent in Relation zu den<br />
Grundmitteln insgesamt. Den größten Anteil an Drittmitteln machen<br />
öffentliche Drittmittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft aus,<br />
die nur als ergänzende Finanzierung zu einer ausreichenden Grundfinanzierung<br />
und zur Finanzierung besonderer Forschungsvorhaben<br />
im Interesse der Gesellschaft dienen können. Die Finanzierung der<br />
Hochschulen reduziert sich nicht nur auf Drittmittel aus der Privatwirtschaft;<br />
vielerorts beteiligen sich private Unternehmen am Hochschulbau,<br />
sponsern Hörsäle oder aber auch ganze Institute. Der „Saal<br />
der starken Marken“ an der Uni Mannheim ist ein Beispiel dafür.<br />
Dort prangen Firmenlogos an jedem Stuhl, die kennzeichnen, wer<br />
für die Renovierung des Hörsaals gezahlt hat. Die Beispiele dafür<br />
sind zahlreich, vom „Aldi-Süd-Hörsaal“ an der FH Würzburg bis<br />
zum „Aachener-und-Münchener-Halle“ an der RWTH Aachen. An<br />
der Universität Köln geht das wirtschaftliche Sponsoring sogar so<br />
weit, dass Energiekonzerne wie RWE und E.ON ein ganzes „Energiewirtschaftliches<br />
Institut“ in Form eines An-Instituts finanzieren.<br />
Hinzu kommen Stiftungsprofessuren, Auftragsforschung und -studien,<br />
deren inhaltliche Ausrichtung durch nicht-öffentliche Verträge,<br />
durch Absprachen oder Vereinbarungen in vielen Fällen schon<br />
vorher feststeht. Ein erster Schritt ist daher die Transparenz darüber<br />
herzustellen, wo potentiell Beeinflussung stattfindet. Die Initiative<br />
hochschulwatch.de vom freien zusammenschluss von studentInnenschaften,<br />
transparency international und der taz trägt dazu bei, Wirtschaftskooperationen<br />
offen zu legen und ist daher zu unterstützen.<br />
Der zunehmende Anteil der Drittmittelfinanzierung hat auch Auswirkungen<br />
auf die Personalstruktur an Hochschulen. Wir stehen für<br />
sichere und langfristige Arbeitsverhältnisse, eine angemessene Entlohnung<br />
und soziale Sicherheit müssen zur Regel werden. Befristungen<br />
dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen zugelassen werden.<br />
Dafür muss sichergestellt werden, dass die Beschäftigten der Hochschule<br />
aus öffentlichen Grundmitteln und nicht aus Drittmitteln bezahlt<br />
werden.<br />
Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2011 26 Prozent des<br />
wissenschaftlichen Personals an Hochschulen und sogar 38 Prozent<br />
der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Drittmitteln<br />
bezahlt. Der größte Anteil der wissenschaftlich Beschäftigten<br />
an der Hochschule, laut Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs<br />
2013 sogar 90 Prozent, haben befristete Verträge. Das sind<br />
mehr als diejenigen, die über Drittmittel beschäftigt werden. Dennoch<br />
ist vor allem die Finanzierung von Stellen über langfristig nicht<br />
einzuplanende Drittmittel besonders anfällig für kurze Vertragslaufzeiten<br />
bei Anstellungsverhältnissen.<br />
Die Abhängigkeit dieser Beschäftigten von Drittmitteln, die zum<br />
Großteil aus öffentlichen Mitteln der Deutschen Forschungsgemein-<br />
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