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Jahresbericht der Universit

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III Forschung<br />

Die bayerisch-tschechische Grenze ist als eine <strong>der</strong> ältesten Grenzen Europas durch eine<br />

wechselvolle Geschichte geprägt. Beson<strong>der</strong>s markant für diesen, seit Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />

durch intensive Interaktion seiner Bevölkerung gekennzeichneten Raum wirkten sich<br />

die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und dessen Folgewirkungen aus. Die 1945 beginnende<br />

Aussiedlung <strong>der</strong> sudetendeutschen Bevölkerung aus <strong>der</strong> Tschechoslowakei,<br />

die Errichtung des „Eisernen Vorhangs“ und die damit verbundenen Restriktionen verän<strong>der</strong>ten<br />

die Struktur des Grenzgebiets grundlegend. Kontakte ins Nachbarland und<br />

<strong>der</strong> traditionelle Schmuggel zwischen Bayern und Böhmen brachen Ende <strong>der</strong> 1940er<br />

Jahre nahezu vollständig ab. Die Grenze wurde zu einer Konfrontationslinie zwischen<br />

„Ost“ und „West“. Erst die Wende 1989 brachte wie<strong>der</strong> eine Öffnung <strong>der</strong> Grenze. Dieser<br />

Grenzraum kann daher exemplarisch für die europäische Erfahrung des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

stehen.<br />

Die über vier Jahrzehnte dauernde Teilung führte auf beiden Seiten zu unterschiedlichen<br />

ökonomischen und demographischen Entwicklungen und begünstigte die Entstehung<br />

von stereotypisierten Wahrnehmungen. Selbst nach <strong>der</strong> Öffnung des „Eisernen<br />

Vorhangs“ konnten diese Auswirkungen <strong>der</strong> Trennung nur schrittweise überwunden<br />

werden und wirken teils bis heute fort. Demgegenüber haben die Aufnahme <strong>der</strong><br />

Tschechischen Republik in die EU 2004 und <strong>der</strong> Beitritt Tschechiens zum Schengener<br />

Abkommen 2008 die Bedeutung <strong>der</strong> Grenze grundlegend verän<strong>der</strong>t, mithin reduziert.<br />

Damit haben sich neue Perspektiven für die Intensivierung <strong>der</strong> Beziehungen<br />

zwischen Bayern und Tschechien eröffnet. Die Analyse <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> bayerischtschechoslowakischen<br />

/ tschechischen Grenze seit 1945 war das zentrale Anliegen<br />

dieses interdisziplinär ausgerichteten Forschungsprojekts: Untersucht wurden die ökonomischen,<br />

demographischen und ökologischen Folgen <strong>der</strong> unterschiedlichen Grenzregimes<br />

sowie die Erfahrungen <strong>der</strong> Bevölkerung des Grenzraums. Die Forschungen<br />

zeigen, dass viele Fragestellungen <strong>der</strong> Gegenwart nicht ohne einen Rückgriff auf die<br />

Vergangenheit zu verstehen sind und dass das Zusammenwirken verschiedener Disziplinen<br />

eine elementare Voraussetzung für ein Verständnis <strong>der</strong> komplexen Grenzsituation<br />

darstellt. Eine beson<strong>der</strong>e Rolle spielte im Regensburger Projektteil die Frage nach dem<br />

alltäglichen Leben am und mit dem „Eisernen Vorhang“. Dabei ergaben sich überraschende<br />

Erkenntnisse, wie z. B. dass auch <strong>der</strong> „Eiserne Vorhang“ porös sein konnte.<br />

Ergänzend fanden Podiumsdiskussionen mit Zeitzeugen in grenznahen Schulen in Bayern<br />

und Böhmen statt. Die Projektbefunde wurden mit einer zweisprachigen, populärwissenschaftlichen<br />

Darstellung <strong>der</strong> Grenze während des Kalten Kriegs sowie mit zwei<br />

Dokumentarfilmen dokumentiert.

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