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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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101Clemens VI., der Benedikt XII. folgte, war nach dem Ausdruck eines gleichzeitigen Geschichtsschreibers"höchst ritterlich und nicht sehr fromm", welches letztere man wohl <strong>von</strong> mehreren "HeiligenVätern" sagen konnte. Er benahm sich sehr hochmütig gegen Kaiser Ludwig und hatte leichtesSpiel mit dessen Gegner, dem "Pfaffenkönig" Karl IV. Obwohl er selber sehr locker lebte, so hielter es doch für nötig, die höhere Geistlichkeit wegen ihres liederlichen Lebenswandels abzukanzelnund sagte den Herren unter anderem in seiner Strafpredigt: "Ihr wütet wie eine Herde Stiere gegendie Kühe des Volkes!"Clemens war sehr prachtliebend, und mit unerhörtem Pomp krönte er Don Sanchez, den zweitenSohn des Königs <strong>von</strong> Kastilien, zum König der glücklichen Inseln, wie damals die kanarischen hießen.Beim Krönungszug kam als üble Vorbedeutung ein Platzregen, welcher Papst und König bisauf die Haut durchnäßte; und in der Tat wurde auch das Königreich zu Wasser, denn die kühnenNormannen hatten es in Besitz genommen und hielten es fest.Mit diesem Sanchez hatte Clemens große Absichten. Er versprach ihn an die Spitze eines Kreuzzugeszu stellen und ihm den Titel "König <strong>von</strong> Ägypten" zu geben. Der Prinz war außer sich vorDankbarkeit und rief: "Nun, so mache ich Ew. Heiligkeit zum Kalifen <strong>von</strong> Bagdad!" - So erzähltuns der berühmte Dichter Petrarca.Philipps des Schönen Beispiel hatte den Päpsten böse Früchte getragen, denn die Kraft des Bannesfing an zu erlahmen. Das fühlte Urban V. Ein Erzbischof weigerte sich, einen Mönch zu ordinieren,der ihm <strong>von</strong> seinem Landesherrn, Barnabo Viskonti <strong>von</strong> Mailand, empfohlen war. Dieser gottloseMensch ließ den Erzbischof zitieren und sagte zu ihm: "Weißt du nicht, du alter Hurer, daß ich König,Papst und Kaiser in meinem eigenen Reiche bin!" Für dieses ungeheure Verbrechen tat ihnUrban in den Bann und belegte sein Land mit dem Interdikt!Als die Legaten des Papstes die Bannbulle nach Mailand brachten, führte sie Viskonti samt ihremWisch auf die Navigliobrücke und fragte sie sehr ernsthaft: "Wollt ihr essen oder trinken?" Die Legatensahen mit sehr langen Gesichtern auf den Fluß und verlangten höchst kleinmütig zu essen."Nun, so freßt den Wisch da!" - Die Herren Legaten fraßen.Gregor XI. verlegte die Statthalterei Gottes wieder nach Rom. Ich habe schon früher bemerkt, welchedemoralisierenden Folgen die Residenz der Päpste für Avignon und Frankreich überhaupt hatte.Geschichtsschreiber jener Zeit können <strong>von</strong> der dort herrschenden Unzucht nicht genug erzählen,und die meisten Dinge verschweigen sie aus Schamgefühl.Ein schönes Papstexemplar war Urban VI. (1378-1389), doch war er mehr Tiger als Affe. SeineGrausamkeit war empörend. Fünf Kardinäle, die nicht für ihn gestimmt hatten, und mehrere Prälatenließ er fürchterlich foltern und dann teils in Säcke stecken und ins Meer werfen, teils lebendigverbrennen, erdrosseln oder enthaupten. Einen sechsten Kardinal, der <strong>von</strong> der Tortur so elend war,daß er nicht fortkonnte, ließ er unterwegs erwürgen. Als die Kardinäle zur Tortur abgeführt wurden,sagte der Statthalter Gottes zum Henker: "Martere so, daß ich Geschrei höre." Dabei ging er inseinem Garten spazieren und las in seinem Brevier.Die Leichen <strong>von</strong> zwei Kardinälen ließ dieser Henkerpapst in Öfen austrocknen und dann zu Staubzerstoßen. Dieser Staub wurde auf seinen Befehl in Säcke getan und nebst den roten Hüten der Kardinäleauf seinen Reisen auf Maulesel vor ihm hergeführt, anderen als schreckliches Exempel.Zu Ende des 14. und am Anfang des 15. Jahrhunderts finden wir immer wenigstens zwei, meistensdrei Päpste zugleich, die jeder <strong>von</strong> den verschiedenen Parteien als die echten Statthalter Gottes betrachtetwurden.Ich habe es herzlich satt, die scheußlichen Handlungen der Menschen zu berichten, welche denNamen "Statthalter Gottes" zum schändlichsten Hohn machten; allein ich müßte vollends ermüden,

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