200Cornelius opponierte und drohte sogar mit der Inquisition. Das zwang den Rat vollends, alleRücksichten fallenzulassen, und Calleken Peters und alle Sodalinnen des Paters mussten zu ihrergroßen Beschämung persönlich vor Gericht erscheinen.Unter ihnen befanden sich sehr viele angesehene Frauen und Fräuleins. Ihre Unschuld erkannte manwohl im allgemeinen an, aber es erging ihnen wie den vornehmen "Seelenbräuten" des KönigsbergerMuckers Ebel, der Makel des Lächerlichen blieb zeitlebens an ihnen kleben.Das Urteil gegen Cornelius fiel sehr milde aus, denn die Pfaffen hatten damals noch die Oberhand.Er wurde <strong>von</strong> Brügge nach Ypern versetzt, da ihm kein förmlicher Angriff auf die Tugend derFrauen bewiesen werden konnte. Mehr als das Gericht bestrafte ihn die Satire des Volkes, die ihnauf alle mögliche Weise verfolgte. Er starb im Jahre 1581, aber sein Name hat sich noch in der Traditionerhalten, und manches Mädchen wird rot und kichert heimlich, wenn "Broer Cornelius" genanntwird.Doch, was wollen alle Künste des plumpen flämischen Paters sagen gegen die feine Niederträchtigkeitder Jesuiten in dergleichen Dingen! Sobald sie ihre Wirksamkeit begonnen, bemühten sie sich,Mädchen und Frauen für ihre Geißelsodalitäten zu gewinnen. Sie hatten sich nicht für die Geißelungauf den Rücken, sondern für die unterhalb desselben gelegene Gegend entschieden. Die Artder Disziplin wurde <strong>von</strong> den Jesuiten in Löwen die spanische genannt und angewandt, weil sie derGesundheit zuträglicher sei als die obere, oder aus andern Gründen.Während die roheren Mönche des Mittelalters wirklich hin und wieder aus dummem Religionseiferdie Geißel anwendeten, taten es die Jesuiten meistens, um unter dem Deckmantel der Religion ihreraffinierte Wollust zu befriedigen. Wie sie dabei zu verfahren pflegten, will ich in der berüchtigtenGeschichte <strong>von</strong> dem Jesuiten Girard und Fräulein Cadière zeigen, soweit es der Umfang dieserBlätter gestattet. Der Prozeß, den das Fräulein gegen ihren Beichtvater einleitete, machte im Anfangdes 18. Jahrhunderts ein ungeheures Aufsehen; ganz Europa nahm daran teil. - Das Hauptwerk überdiesen wichtigen Rechtshandel umfaßt acht Bände, und man wird es begreiflich finden, daß meineDarstellung nur eine sehr skizzenhafte sein kann.Katharina Cadière war die Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns zu Toulon und am 12. November1702 geboren.Sie hatte drei Brüder; der älteste verheiratete sich, der zweite trat in den Dominikanerorden, und derdritte wurde Laienpriester. Der Vater war schon während der Minderjährigkeit Katharinens gestorben,die nun bei ihrer borniert bigotten Mutter als deren Liebling blieb. Sie entwickelte sich sowohlkörperlich als geistig auf die vorteilhafteste Weise. Das heißt, sie wurde sehr schön, und ihrer trefflichenGemüts- und Geistesanlagen wegen wurde sie <strong>von</strong> allen, die sie kannten, sehr wohl gelitten.Allein die Erziehung ihrer bigotten Mutter, die darin <strong>von</strong> Geistlichen unterstützt wurde, die abgeschmacktenHeiligenlegenden und mystischen Bücher, die man ihr schon frühzeitig zu lesen verstattete,gaben ihrem Geiste eine ganz eigentümliche schwärmerische, mystische Richtung. Das Beispielder heiligen Frauen der römischen Kirche und die heiligen Offenbarungen und Visionen, derendieselben gewürdigt wurden, lagen ihr beständig im Sinn, und ihr höchster Wunsch war es, diesenhalbtollen Närrinnen ähnlich zu werden. Dies war denn auch der Grund, weshalb sie mehrere vorteilhafteHeiratsanträge ausschlug.So erreichte sie das Alter <strong>von</strong> fünfundzwanzig Jahren, und man darf voraussetzen, daß in einemkörperlich so üppigen und dabei so phantasiereichen Mädchen die gewaltsam unterdrückte Naturlängst angefangen hatte, ihre Rechte geltend zu machen, und daß es nur eines leichten Reizes bedurfte,um ihre sinnlichen Begierden zu hellen Flammen anzublasen.Zu dieser Zeit, im Jahre 1728, kam der Jesuit Pater Johann Baptist Girard als Rektor des KöniglichenSeminars der Schiff sprediger zu Toulon an. Früher hatte er in Aix gelebt. Ihm ging ein großer
201Ruf als ausgezeichneter Kanzelredner und als durchaus streng sittlicher Mann voraus, und ererlangte denn auch gar bald in seinem neuen Wirkungskreise eine ganz außerordentliche Geltungund Verehrung. Besonders strömten die Frauen zu seinen Predigten und in seinen Beichtstuhl. Einegroße Menge junger Mädchen trat in eine Art <strong>von</strong> Orden, in welchem unter Girards Leitung frommeÜbungen vorgenommen wurden. Die fromme Schar machte ihm viel Freude, denn es waren schöneMädchen darunter, und die Frömmigkeit und Ehrbarkeit des Jesuiten waren nur das Schafsfell, mitwelchem der reißende Wolf der rohesten Sinnlichkeit bedeckt wurde.Vor allen Dingen trachtete Girard zunächst danach, durch seine Lehren die Herzen und die Phantasieder jungen Mädchen zu vergiften. Wie eine Spinne ihr Opfer mit unendlich vielen feinen Fädenumzieht, ehe sie ihm das Blut aussaugt, so war auch der Jesuit bemüht, seine Opfer im Netze derraffiniertesten Sinnlichkeit zu fangen. Er durfte nicht zu schnell vorwärtsgehen, denn Übereilungkonnte alles verderben. Auch hatte er dazu keine Ursache, da er über den sicheren Erfolg seinerVerderbungstheorie vollkommen beruhigt war.Als er bemerkte, daß die Mädchen bereits mit schwärmerischer Innigkeit und felsenfestem Vertrauenan ihm hingen, fing er allmählich an, ihnen andere Strafen, als es bisher geschehen war, für ihreSünden aufzuerlegen, und kam nach und nach auf die Disziplin.Die meisten Mädchen ahnten aus Dummheit auch nicht das allergeringste Böse, und andere, durchdas Geißeln angenehm sinnlich aufgeregt, fanden ein geheimes Vergnügen daran, wenn sie sichdessen vielleicht auch nicht klar bewußt waren.Noch andere mochten wohl den Pater und seine Absichten durchschauen, allein sie waren weit entfernt,denselben entgegenzuwirken, weil sie es nicht ungerne gesehen haben würden, wenn sieheimlich und ungestraft <strong>von</strong> der verbotenen Frucht hätten naschen können. Diese und vielleichtauch finanzielle Gründe machten eine der Beichttöchter, Fräulein Guiol, dem Jesuiten ganz und garergeben, und sie ließ sich zu all seinen Plänen gern gebrauchen.Diese Guiol war ein gescheites, durchtriebenes Geschöpf und dem Pater <strong>von</strong> unendlichem Nutzen.Er durfte bei seinen Beichttöchtern bald weitergehen und bei der Disziplin seine Lüsternheit nochauf andere Weise als mit den Augen befriedigen, wenn er sich auch wohl hütete, zum Äußersten zuschreiten, wo er seiner Sache nicht ganz gewiß war wie etwa bei der Guiol.Zur Zahl seiner Pönitentinnen gehörte auch Katharina Cadière. Das in seiner vollsten Blüte prangendegeistvolle Mädchen erregte nicht nur seine Sinnlichkeit, sondern flößte ihm auch ein Gefühlein, welches ich Liebe nennen würde, wenn ich es für möglich hielte, daß eine solche hohe Leidenschaftin der Brust eines derartigen Menschen Raum gewinnen könnte.Ihr verständiges und tugendhaftes Wesen erforderte aber ganz besondere Behandlung und Rücksicht,und er beschloß, hier mit ungewöhnlicher Umsicht zu Werke zu gehen. Er machte die Guiolzu seiner Vertrauten, und diese verhieß ihm ihren Beistand.Als er das Innere des Mädchens sondierte, erkannte er bald ihre schwärmerische Richtung und warbemüht, den Funken zur Flamme anzublasen. Er rühmte ihre ganz besonderen Anlagen, prophezeite,daß Gott mit ihr ganz besondere Absichten hege, und wußte sie zu dem Versprechen zu bewegen,sich zur schnelleren Erreichung derselben gänzlich seiner Leitung und seinem Willen zu überlassen.So wurde das Mädchen innerlich vergiftet, ohne nur eine Ahnung da<strong>von</strong> zu haben. In ihrem Busenwogte ein Meer <strong>von</strong> unbestimmten, aber unbeschreiblich süßen Gefühlen. Kurz, "das Püppchenwurde geknetet und zugericht', wie's lehren tut manch welsche Geschicht'". Dahin war Girard imLauf eines Jahres gelangt; nun galt es, den zündenden Funken in das Brennmaterial zu werfen, welcheser in ihr angehäuft hatte.
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38häupter derselben; sie beriefen
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