schwingen. - Der Irrtum lag in der Übertreibung; setzt man statt "Besiegung" und AbtötungHerrschaft, so wird wohl jeder Vernünftige mit der Lehre einverstanden sein.132Die Ehe hielt man zwar nicht eigentlich für böse; allein man betrachtete sie als ein notwendigesÜbel zur Fortpflanzung des Menschengeschlechts und zur Verhinderung der Ausschweifungen, <strong>von</strong>dem man so wenig als nur möglich Gebrauch machen müsse; man würdigte das schönste Verhältniszu einer bloßen Kinderbesorgungsanstalt herab.Die Vorliebe für den ehelosen Stand wurde immer allgemeiner und stieg zum Fanatismus, so daßeiner der ältesten Kirchenlehrer, Ignatius, sich zu der Erklärung gezwungen sah: daß es sündlichsei, sich der Ehe aus Haß zu entziehen.Der Philosoph Justinus, welcher den Märtyrertod erduldete, hielt es für sehr verdienstlich, wennman den Geschlechtstrieb ganz und gar unterdrücke, indem man sich dadurch dem Zustande derAuferstandenen annähere. Er verwarf daher auch die Ehe ganz und gar und verwies auf Jesus, dernur deshalb <strong>von</strong> einer Jungfrau geboren sei, um zu zeigen, daß Gott auch Menschen hervorbringenkönne ohne geschlechtliche Vermischung. Einen Jüngling, der sich selbst kastrierte, lobte er sehr.Athenagoras und andere, die nicht so strenge waren, gaben die Ehe nur wegen der Kindererzeugungzu. Clemens <strong>von</strong> Alexandrien verteidigte zwar die Ehe und wies auf das Beispiel der Apostel hin;allein er gestand doch zu, daß derjenige vollkommener sei, welcher sich der Ehe enthalte.Origenes, der sich selbst entmannte, sein Schüler Hierax und Methodius verdammten die Ehe, undihre Lehren fanden unter den Mönchen Ägyptens großen Beifall.Einer der heftigsten Eiferer gegen die Ehe war Quintus Septimus Florenz Tertullian, Priester zuKarthago. Er erklärte die Ehe zwar nicht für böse, aber doch für unrein, so daß sich der Menschderselben schämen müsse. Die zweite Ehe nannte er geradezu Ehebruch. Auf die Frage, was aberaus dem Menschengeschlecht werden solle, wenn die Ehe aufhöre, antwortete er: "Es kümmere ihnwenig, ob das Menschengeschlecht ausstürbe; man müsse wünschen, daß die Kinder bald stürben,da das Ende der Welt bevorstände." - Und Tertullian war selbst verheiratet.Die Lehren dieses sehr geachteten Kirchenvaters waren <strong>von</strong> sehr großem Einfluß. Die Geistlichen,welche diese Ansichten <strong>von</strong> der Verdienstlichkeit der Enthaltsamkeit verbreiteten und anpriesen,mußten natürlich mit dem Beispiel vorangehen, und sie hatten in jener Zeit auch noch die bestenpraktischen Gründe, sich der Ehe zu enthalten, da sie es ja hauptsächlich waren, welche den Verfolgungenzum Opfer fielen.So kam es denn allmählich, daß die verheirateten Kirchenlehrer in eine Art <strong>von</strong> Verachtung gerieten,und dieser Umstand war ein Beweggrund mehr für die Geistlichen, sich der Ehe zu enthalten.Fanatische Bischöfe wußten es bei den ihnen untergebenen Geistlichen mit Gewalt durchzusetzen,daß sie sich nicht verheirateten, und das Volk sah immer mehr in dem ledigen Stand einen größerenGrad der Heiligkeit.Diese Ansicht war schon im fünften Jahrhundert ziemlich allgemein, und diejenigen Geistlichen,welche nicht aus Überzeugung unverheiratet blieben, taten es aus Scheinheiligkeit, und die verheiratetwaren, wußten den Glauben zu erwecken, als lebten sie mit ihren Frauen wie mit Schwestern.Fälle <strong>von</strong> Selbstentmannung kamen häufig vor; aber dessenungeachtet war um diese Zeit die Ehelosigkeitder Geistlichen weder allgemein, noch wurde sie <strong>von</strong> der Kirche geboten.Der erste Versuch hierzu geschah im vierten Jahrhundert auf der in Spanien <strong>von</strong> neunzehn Bischöfenabgehaltenen Synode zu Elvira (zwischen 305-309). Hier wurde es nicht allein verboten, Verheirateteals Priester anzustellen, sondern man untersagte auch denen, die bereits im Ehestand lebten,den geschlechtlichen Umgang mit ihren Weibern.
133Andere Synoden folgten dem Beispiel, und da man nun sehr häufig den unverheirateten Geistlichenden Vorzug gab, so bewog dies viele zum ehelosen Leben, und der Scheinheiligkeit und Heucheleiwaren Tür und Tor geöffnet.Auf der ersten allgemeinen Kirchenversammlung zu Nizäa (325) stellte ein spanischer Bischof denAntrag, die Ehe der Priester allgemein zu untersagen; allein da erhob sich Paphnutius, Bischof <strong>von</strong>Ober-Thebais, ein achtzigjähriger, in der höchsten Achtung stehender, unverheirateter Mann, undverteidigte die Ehe mit solcher Wärme und so überzeugend, daß sich die Versammlung damit begnügte,den Geistlichen die Beischläferinnen zu verbieten. - Doch selbst die Erlaubnis, sich zu verheiraten,brachte den dazu geneigten Priestern wenig Nutzen, denn der Zeitgeist erklärte sich nuneinmal gegen die Ehe.Einen bedeutenden Einfluß auf diese Zölibatsschwärmerei hatte das Mönchswesen. Den fanatischenMönchen war die Ehe und jede geschlechtliche Berührung ein Greuel; ja, sie gingen in ihrem verkehrtenEifer so weit, daß sie sogar die Frauen verfluchten, und behaupteten, daß man sie gleicheiner ansteckenden Seuche oder gleich giftigen Schlangen fliehen müsse. Sie riefen sich, wenn sieeinander begegneten, Sentenzen zu, welche sie immer daran erinnern sollten, daß das Weib zu verachtensei, wie z. B. "Das Weib ist die Torheit, welche die vernünftigen Seelen zur Unzucht reizt"und dergleichen.Was die allgemein auf das höchste verehrten Mönche als verwerflich bezeichneten, erschien nunauch den Laien so, und wenn sich auch nicht jeder zum Mönchsleben stark genug fühlte, so suchteman doch, selbst in der Welt lebend, soviel als möglich Ansprüche auf asketische Heiligkeit zu erwerben.Dieses Streben nach Heiligkeit erzeugte heldenmütige Entschlüsse, die zwar subjektiv immer zubewundern sind, aber doch mit Bedauern darüber erfüllen, daß soviel moralisches Pulver ins Blauehinein verschossen wurde. Jünglinge und Jungfrauen schwärmten für die Keuschheit.Pelagius, später Bischof <strong>von</strong> Laodicea, bewog noch im Brautbett seine Braut zu einem enthaltsamenLeben; andere wurden in derselben kritischen Lage <strong>von</strong> ihren Bräuten dazu beredet. EinigeBeispiele habe ich schon früher angeführt.Einzelne Sekten, wie die Eustathianer und Armenier, erklärten jetzt geradezu, daß kein Verheirateterselig werden könne, und wollten <strong>von</strong> verehelichten Priestern weder das Abendmahl annehmennoch sonst mit ihnen irgendeine Gemeinschaft haben. Da sie aber auch das Fleischessen für sündlicherklärten und sie behaupteten, daß die Reichen, wenn sie nicht ihrem ganzen Vermögen entsagten,nicht selig werden könnten, so wurden ihre Lehren auf einem Konzil als irrtümlich verdammt.Das weitere Umsichgreifen des Mönchswesens erzeugte ein immer allgemeineres Vorurteil gegendie Ehe, und die verheirateten Priester bekamen einen immer schwierigeren Stand.Viele der Kirchenväter, deren Schriften allgemeine Verbreitung fanden, waren mit asketischen Ansichtenaufgewachsen und eiferten heftig gegen die Ehe. Dies taten Eusebius und Zeno, Bischof <strong>von</strong>Verona, derselbe, der erklärte, daß es der größte Ruhm der christlichen Tugend sei, die Natur mitFüßen zu treten.Ambrosius, römischer Statthalter der Provinz Ligurien und Aemilien, trat zum Christentum überund wurde acht Tage nach seiner Taufe zum Bischof <strong>von</strong> Mailand gemacht. Er kannte kaum diechristlichen Lehren, und da er nicht hoffen konnte, sich durch Gelehrsamkeit auszuzeichnen, soversuchte er es durch ein asketisches Leben. - Da es bis dahin noch für Ketzerei galt, die Ehe zuverdammen - die Apostel waren ja verheiratet gewesen -, so gestand er ihr immer noch einiges Gutezu, aber er konnte in den Anpreisungen des ehelosen Lebens kein Ende finden und hatte es besondersdarauf abgesehen, den Jungfrauen ihre Jungfrauschaft zu erhalten. Maria stellte er ihnen be-
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ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu