134ständig als Muster auf und erzählte die seltsamsten Wunder, die stattgefunden haben sollten, umdie Jungfrauschaft dieses oder jenes Mädchens zu retten. Ja, er ging so weit, die Kinder zum Ungehorsamgegen die Eltern zu verführen, indem er in einem Aufrufe an die Jungfrauen sagte: "Überwindeerst die Ehrfurcht gegen deine Eltern! Wenn du dein Haus überwindest, so überwindest duauch die Welt."Er erzeugte in Mailand durch seine Predigten einen solchen Keuschheitsfanatismus unter den Mädchen,daß die jungen Männer in Verzweiflung gerieten und vernünftige Eltern ihren Töchtern verbietenmußten, seine Predigten zu besuchen. Sein Ruf war so weit verbreitet, daß man ihm aus AfrikaJungfrauen zusandte, damit er sie zur Keuschheit verführe.Augustin, der nach einem wilden Leben zum Christentum übertrat und endlich auch Bischof <strong>von</strong>Hippo wurde, verdammte zwar die Ehe ebenfalls nicht geradezu, trug aber durch seine Schriftensehr viel zur Zölibatsschwärmerei bei. Er lehrte, daß der unverheiratete Sohn und die unverheirateteTochter weit besser seien als die verehelichten Eltern, und sagte: "Die ehelose Tochter wird imHimmel eine weit höhere Stufe einnehmen als ihre verehelichte Mutter: ihr Verhältnis wird zueinandersein wie das eines leuchtenden und eines finstern Sterns."Die Ehe zwischen Joseph und Maria stellte er als Muster einer Ehe auf, denn sie lebten im ehelichenVerhältnis, hatten sich aber gegenseitig Enthaltsamkeit gelobt. Früher sei die Ehe notwendiggewesen, um das Volk Gottes fortzupflanzen, jetzt aber, da das Christentum bereits verbreitet sei,müsse man auch diejenigen, welche sich Kinder zeugen wollten, zur Enthaltsamkeit ermahnen. Manmüsse wünschen, daß alles ehelos bleibe, damit die Stadt Gottes eher voll und das Ende der Weltbeschleunigt würde. - Übrigens forderte Augustin <strong>von</strong> den Geistlichen nicht durchaus Ehelosigkeit.Von dem allergrößten Einfluß auf das Zölibat und auf das Mönchsleben war der uns schon bekannteHieronymus. E hatte selbst aus Erfahrung die Macht des Geschlechtstriebes kennengelernt undschildert seine Kämpfe so lebhaft, daß es Grauen erregt."Ich", schrieb er an Eustochium, "der ich mich aus Furcht vor der Hölle zu solchem Gefängnis verdammte,der ich mich nur in der Gesellschaft <strong>von</strong> Skorpionen und wilden Tieren befand, befandmich doch oft in den Chören <strong>von</strong> Mädchen. Das Gesicht war blaß vom Fasten, und doch glühte derGeist <strong>von</strong> Begierden im kalten Körper, und in dem vor dem Menschen schon erstorbenen Fleischeloderte das Feuer der Wollust. Von aller Hilfe entblößt, warf ich mich zu den Füßen Jesu, benetztesie mit meinen Tränen, trocknete sie mit meinen Haaren, und das widerspenstige Fleisch unterjochteich durch wochenlanges Hungern."Besonders eifrig bemüht war auch Hieronymus, die Frauen für das enthaltsame Leben zu gewinnen.Dies gelang ihm vortrefflich, denn durch seinen Umgang mit den vornehmen Römerinnen hatte ersich eine sehr genaue Kenntnis des weiblichen Herzens und seiner schwachen Seiten erworben.Eine Stelle in seinen Briefen zeigt dies schon deutlich und beweist, daß die Weiber vor tausend Jahrennicht anders waren, als sie es heutzutage sind. Er schreibt nämlich an ein junges Mädchen, welchemder Aufenthalt im Hause der Mutter zu enge wird:"Was willst du, ein Mädchen <strong>von</strong> gesundem Körper, zart, wohlbeleibt, rotwangig vom Genusse desFleisches und Weins und vom Gebrauch der Bäder aufgeregt, bei Ehemännern und Jünglingen machen?Tust du auch das nicht, was man <strong>von</strong> dir verlangt, so ist es doch schon ein schimpflichesZeugnis für dich, wenn solche Dinge <strong>von</strong> dir verlangt werden. Ein wollüstiges Gemüt verlangt unanständigeDinge desto brennender, und <strong>von</strong> dem, was nicht erlaubt ist, macht man sich desto lockendereVorstellungen.Selbst dein schlechtes und braunes Kleid gibt ein Kennzeichen deiner verborgenen Gemütsart ab,wenn es keine Falten hat, wenn es auf der Erde fortgeschleppt wird, damit du größer zu sein
135scheinst, wenn es mit Fleiß irgendwo aufgetrennt ist, damit zugleich das Garstige bedeckt werdeund das Schöne in die Augen falle. Auch ziehen deine schwärzlichen und glänzenden Hosen, wenndu gehst, durch ihr Rauschen die Jünglinge an sich.Deine Brüste werden durch Binden zusammengepreßt, und der verengte Busen wird durch die Gürtelin die Höhe getrieben. Die Haare senken sich sanft entweder auf die Stirn oder auf die Ohrenherab. Das Mäntelchen fällt zuweilen nieder, um die weißen Schultern zu entblößen, und dann bedecktsie wieder eilends, als wenn es nicht gesehen werden sollte, dasjenige, was sie mit Willenaufgedeckt hatte."Um die Mädchen zu verführen, Jesum zum Bräutigam zu erwählen, gebrauchte er oft sehr seltsameMittel, indem er dieses zarte Verhältnis höchst üppig und unzart schilderte. So schreibt er zum Beispielan Eustochium: "Es ist der menschlichen Seele schwer, gar nichts zu lieben; etwas muß geliebtwerden. Die fleischliche Liebe wird durch die geistliche überwunden. Seufze daher und sprich indeinem Bette: des Nachts suche ich denjenigen, den meine Seele liebt. Dein Bräutigam muß in deinemSchlafgemach nur mit dir scherzen. Bitte, sprich zu deinem Bräutigam, und er wird mit dirsprechen. Und hat dich der Schlaf überfallen, so wird er durch die Wand kommen, seine Handdurch das Loch stecken und deinen Bauch berühren."Die keusche Ehelosigkeit erschien Hieronymus als das Höchste, und <strong>von</strong> der Ehe weiß er nur das zurühmen, daß aus ihr Mönche und Nonnen erzeugt würden! In sehr heftigen Streit geriet er mit Jovian,welcher die Ehe verteidigte. Er bekämpfte die Lehren desselben mit großer Gewandtheit, wennuns auch die beigebrachten Argumente sehr häufig ein Lächeln ablocken.In einer seiner Streitschriften führt er den Jovian redend ein. Er läßt ihn fragen, wozu Gott die Zeugungsgliedergeschaffen und warum er die Sehnsucht nach Vereinigung in den Menschen gelegthabe? - Darauf antwortet Hieronymus, daß diese Körperteile geschaffen wären, um den Flüssigkeiten,mit denen die Gefäße des Körpers bewässert sind, Abgang zu verschaffen!"Auf das Aber", fährt er fort, "daß die Geschlechtsorgane selbst, der Bau der Zeugungsteile, dieVerschiedenheit zwischen Mann und Weib, und die Gebärmutter, welche geeignet ist zur Empfängnisund der Ernährung der Frucht, einen Geschlechtsunterschied zeigen, will ich in Kürze antworten.Wir sollen wohl deshalb nie aufhören, der Wollust zu frönen, damit wir nie vergebens diese Gliedermit uns herumtragen? Warum soll wohl da die Witwe ehelos bleiben, wenn wir bloß dazu geborensind, nach Weise des Viehes zu leben? Was brächte es mir denn für Schaden, wenn ein anderermeine Frau beschläft? - Was will da der Apostel, daß er zur Keuschheit auffordert, wenn sie gegendie Natur ist? Gewiß verdient es der Apostel, der uns zu seiner Keuschheit auffordert, zu hören:Warum trägst du dein Schamglied mit dir herum? Warum unterscheidest du dich <strong>von</strong> dem Geschlechtder Weiber durch Bart, Haare und durch andere Beschaffenheit der Glieder usw.? Laßt unsJesum nachahmen, der sich der Zeugungsglieder nicht bediente und sie doch hatte."Die Art und Weise, wie der heilige Hieronymus die Ehe bekämpfte, fand indessen wenig Beifall,wenn auch sehr viele mit ihm in der Hauptsache übereinstimmen, und er sah sich genötigt, sich zuverteidigen."In Streitschriften", sagte er, "habe man mehr Freiheit als im Lehrvortrag und könne sich in ihnenselbst einer Art <strong>von</strong> Vorstellung bedienen, um seinen Feind desto besser zu Boden zu stürzen."So schreibt er gegen einen Mönch, der ihn in Verdacht bringen wollte, daß er die Ehe überhauptverdamme, ganz in der alten Art, und schließt: "Weg mit dem Epikur, weg mit dem Aristippus!Sind die Sauhirten nicht mehr da, dann wird auch die trächtige Sau nicht mehr grunzen. Will ernicht gegen mich schreiben, so vernehme er mein Geschrei über so viele Länder, Meere und Völker
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34zerstreut und mit ihnen die Chris
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