76Stolz, Herrschsucht und Geldgier hatten in den Herzen der christlichen Priester die Stelle derchristlichen Liebe eingenommen, und die demokratische christliche Gleichheit war schon längst alsunchristlich gebrandmarkt worden. Jeder Bischof trachtete nur danach, sich über die andern Bischöfeemporzuschwingen, und so entstanden unter ihnen allerlei Rangabstufungen.Die Bischöfe in den Hauptstädten und Provinzen der Länder erlangten bald eine Art <strong>von</strong> Oberhoheitüber die der anderen Städte und nannten sich Metropoliten. Auch unter diesen maßten sich einigewieder einen höheren Rang an und wußten die Bischöfe mehrerer Länder unter ihre Oberhoheitzu bringen. Sie nannten sich zuerst Exarchen, dann aber Patriarchen.Zur Zeit des Kaisers Theodosius II. gab es fünf solcher Patriarchen: zu Konstantinopel, Antiochien,Jerusalem, Alexandrien und Rom. Sie waren <strong>von</strong>einander vollkommen unabhängig und in ihremRange wie in ihren Vorrechten vollkommen gleich.Rom war die Hauptstadt der damaligen Welt; <strong>von</strong> hier gingen alle Befehle aus, durch welche sieregiert wurde. Die Pfarrer der römischen Gemeinde, welche sahen, wie trefflich es sich <strong>von</strong> Romaus regieren ließ, wurden lüstern danach, die kirchliche Welt in ähnlicher Weise zu regieren wie dieKaiser die politische.Die übrigen Gemeindevorsteher, die Bischöfe, fanden das mit Recht sehr anmaßend und empörtensich über die Lügen, durch welche ihre Kollegen in Rom ihre Prätensionen zu Rechten zu erhebentrachteten. Wenn wir diese Lügen untersuchen, so wissen wir in der Tat nicht, ob wir mehr über dieDummheit und Unverschämtheit derselben oder über die Dummheit der Menschen erstaunen sollen,die sich auf solche handgreifliche Weise übertölpeln ließen.Die Bischöfe zu Rom sagten: "Jesus machte Petrus zum Obersten der Apostel; diese waren ihmuntergeordnet. Petrus war 24 Jahre, 5 Monate und 10 Tage Bischof in Rom; wir sind seine Nachfolger,folglich - stehen alle Bischöfe und Fürsten der Christenheit unter unserer Oberhoheit!"Selbst wenn Jesus so unchristlich gehandelt und Petrus einen Vorrang vor den anderen Jüngern gegebenhätte; selbst wenn Petrus Bischof in Rom gewesen wäre, so ist es doch immer eine seltsameBehauptung, daß deshalb seine Nachfolger Statthalter Gottes auf Erden seien! Doch diese Behauptungund Anmaßung wird erst dadurch zur frechsten Unverschämtheit, daß es Jesus nie einfiel, Petruseinen Vorrang zu geben, und endlich Petrus niemals in Rom und daher nicht Bischof dort war!Das erste bedarf kaum eines Beweises. Jesus spricht es oft genug gegen seine Jünger aus, daß keinervor dem andern einen Vorrang habe, und es ist Petrus auch niemals eingefallen, sich einen solchenanzumaßen, wie aus seinen Briefen klar hervorgeht. In einem derselben sagt er: "Die Ältesten,so unter euch sind, ermahne ich als Mitältester" usw. (1. Petr. 5,1). Auch Paulus sagt kein Wort <strong>von</strong>dem Avancement des Petrus und hält sich selbst den andern Aposteln gleich (2. Kor. 11-12,5).Außerdem verdiente es auch nächst Judas Petrus <strong>von</strong> den Jüngern wohl am wenigsten, gleichsamals Oberhaupt an ihrer Spitze zu stehen. Er zeigte sich schwächer als jeder andere, indem er Jesusdreimal verleugnete und nicht einmal eine Stunde für Jesus wachen konnte, nachdem er doch vorherruhmredig versichert hatte, daß er sein Leben für ihn lassen wolle.Petrus war ein unüberlegter Hitzkopf, der mancherlei Übereilungen beging, wozu der gegen Malchusgeführte Streich - den ich ihm übrigens keineswegs übelnehme - und die Ermordung des Ananiasund seines Weibes gehören. Nebenbei war er ein Duckmäuser, den Paulus wegen seiner Heucheleischilt (Gal. 2,11-13), ja, der sogar einmal den sanften Jesus so in Eifer brachte, daß er ihneinen Satan nannte (Matth. 16,23).Daß Petrus die christliche Gemeinde in Rom gegründet habe, ja, daß er hier nahe an 25 Jahre Bischofgewesen sei, ist eine noch frechere Lüge, die sich gewissermaßen mathematisch aus der Bibel
nachweisen läßt, weshalb es die Päpste auch nicht dulden wollen, daß dieselbe <strong>von</strong> den Katholikengelesen wird.77Die Apostelgeschichte geht bis in das Jahr 61 nach Christi Geburt. Nach der Erzählung der päpstlichenGeschichtsschreiher ist Petrus schon über 20 Jahre früher nach Rom gekommen; aber dieApostelgeschichte, die doch am Anfang so viel und so weitläufig <strong>von</strong> Petrus spricht - sagt <strong>von</strong> dieserso wichtigen Reise kein Wort!Ganz sicher ist bewiesen, daß Paulus in Rom war und hier unter dem Kaiser Nero zwischen denJahren 66-68 den Märtyrertod erlitt, zugleich mit Petrus lügen die päpstlichen Geschichtsschreiberhinzu. Paulus war zwei Jahre in Rom und schrieb <strong>von</strong> dort Briefe an verschiedene christliche Gemeinden,in denen er mehrere seiner Freunde und Anhänger nennt; aber <strong>von</strong> Petrus schreibt er keinWort!Wäre dieser Bischof in Rom gewesen, so hätte es Paulus gar nicht umgehen können, <strong>von</strong> ihm zureden, sei es auch nur, um sich über ihn zu beschweren, daß er ihn nicht in seinem Werk unterstützte,denn er sagt ausdrücklich, daß diejenigen, die er nennt, sind allein meine Gehilfen am ReicheGottes, die mir ein Trost geworden sind" (Kolosser 4, 7-15). Also "Paulus schreibt da<strong>von</strong> nichts",daß Petrus jemals in Rom war.Doch wenn dieser auch, ganz gegen seinen Beruf als Apostel, 25 Jahre Pfarrer einer Anzahl armer,verfolgter Christen in Rom gewesen wäre, folgt dann daraus, daß die nachherigen Bischöfe <strong>von</strong>Rom ein Recht hatten, mit Völkern, Kaisern und Königen wie mit Lumpengesindel umzuspringen?- Möchten sich die Päpste immerhin Nachfolger Petri oder Pauli nennen, allein auch nicht mehrAnsprüche machen als diese!Wo Petrus gestorben ist, weiß man zum Glück für die Päpste nicht, und so konnten diese eine schönerührende Geschichte erfinden, die gar keine historische Begründung hat. Nach ihrer Erzählungwurde Paulus als römischer Büger nur enthauptet; allein der Jude Petrus wurde gegeißelt und danngekreuzigt, - den Kopf nach unten, wie er es - nach der Legende - aus Demut und zum Unterschiedemit Christus verlangte. In dieser Demut sind die Päpste nicht seine Nachfolger!Aller Wahrscheinlichkeit nach war die Gemeinde der Christen zu Rom zur Zeit, als Paulus dort war,noch nicht so groß, daß sie eines eigenen Aufsehers bedurfte, und <strong>von</strong> einem Bischof im späterenSinn kann vollends nicht die Rede sein. Das Verdienst, die christliche Gemeinde zu Rom gestiftetzu haben, gebührt also unbedingt dem Paulus; dem Petrus aber auf keinen Fall.Alle Ansprüche also, welche die sich Päpste nennenden römischen Bischöfe darauf gründeten, daßsie Nachfolger Petri wären - zerfallen demnach in nichts. - Ursprünglich waren diese Peterlügen<strong>von</strong> ihnen nur deshalb erfunden worden, weil sie dadurch bewirken wollten, daß ihre Stimme beiKirchenStreitigkeiten als entscheidende gelten sollte. Als sie dies erst durchgesetzt hatten, griffensie weiter, denn l'app~tit vient mangeant.Konsequenterweise beginnen die Päpste ihre Reihe mit Petrus. Nach ihm nennt man eine Mengezum Teil völlig erdichteter Namen, um nur die Lücken auszufüllen; denn die frühere Geschichte derrömischen Bischöfe ist noch dunkler als die der römischen Könige. Es ist zwecklos, diese HerrenStadtpfarrer, denn anderes waren sie nicht, namentlich aufzuführen; ich will mich damit begnügen,nur diejenigen näher zu beleuchten, welche die größeren Schritte taten, dem Gipfelpunkt näherzukommen,nach welchem alle strebten.Die Reihen der römischen Kaiser, die der asiatischen Despoten, kurz, keine Fürstenreihe der Welt -ja nicht einmal die Schreckenskammer der Madame Toussaut in London bieten solche moralischenUngeheuer dar als die Reihe der Päpste, die sich die Statthalter Gottes nennen. - Aber sie mochtenes noch so arg treiben, den verdummten Menschen gingen die blöden Augen nicht auf. Fürsten und
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