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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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106vieren zwischen den Leuchtern durchkriechend, auflasen, während Seine Heiligkeit, Cäsar undLukretia zusahen. Endlich wurden viele Kleidungsstücke für diejenigen hingelegt, die mit mehrerendieser Lustdirnen ohne Scheu Unzucht treiben würden, und sodann diese Preise ausgeteilt. Dieseschöne Szene fiel vor an der Allerheiligen-Viglie 1501."Einst ließ Alexander rossige Stuten und Hengste vor sein Fenster führen und ergötzte sich mitLukretia an dem Schauspiel. - Dieses Weib war über alle Beschreibung liederlich, ob sie aber nachdem Papstrecht das Prädikat Hure verdient, weiß ich nicht, denn einige Glossatoren desselben habenaufgestellt, daß man nur diejenige eine wahre Hure nennen könne, die 23 000mal gesündigthabe!Lukretia genoß das unbeschränkte Vertrauen ihres Vaters in dessen Abwesenheit erbrach sie alleBriefe, beantwortete sie nötigenfalls und versammelte die Kardinäle nach Gefallen. Man schrieb ihrfolgende Grabschrift: "Hier liegt, die Lukretia hieß und eine Thais war, Alexanders Weib, Tochterund Schwiegertochter"; letzteres, weil einer ihrer vielen Männer ein anderer Sohn des Papstes, alsoihr Halbbruder war.Die zu jener Zeit auflebenden Wissenschaften und die immer weiter um sich greifende Anwendungder höllischen Erfindung der Buchdruckerkunst machte den Papst sehr besorgt. Er fürchtete, daßeine freie Presse dem Schandleben der Päpste ein Ende machen möchte, und hatte daher nicht Unrechtzu fürchten. Er führte daher die Bücherzensur ein, die bis auf die neueste Zeit geblieben istund wo sie endlich vor der öffentlichen Meinung weichen mußte und in die fast noch schlimmerePhase der Preßprozesse übergegangen ist, die sehr häufig im Sinne Richelieus geführt werden, derbehauptete, kein Schriftsteller könne fünf Worte schreiben, ohne sich eines Verbrechens schuldig zumachen, welches ihn in die Bastille bringt. Derjenige, zu dem er dies sagte, schrieb: "Zwei und einsmacht drei!" - "Unglücklicher!" rief der Kardinal, "Sie leugnen die Dreieinigkeit!" Seitenstückedazu liefern manche moderne Prozesse.Julius II. (1502-1513) gelangte ebenfalls durch List und Bestechung auf den Päpstlichen Stuhl. Erwar ein tüchtiger Soldat, das ist das einzige, seltsame Lob, welches man diesem Statthalter Gottesgeben kann. Er hetzte alle Fürsten gegeneinander, ließ Armeen marschieren, kommandierte sieselbst und belagerte und eroberte Städte.Seine Gegner beriefen eine Synode nach Pisa, um dem martialischen Sohn der Kirche sein unberufenesHandwerk zu legen. Von dieser Kirchenversammlung wurde er "als Störer des öffentlichenFriedens, als ein Stifter der Zwietracht unter dem Volke Gottes, als ein Rebell und blutdürstigerTyrann und als ein in seiner Bosheit verhärteter Mensch" aller geistlichen und weltlichen Verwaltungentsetzt.Julius kehrte sich natürlich nicht an dieses Urteil; es erbitterte ihn nur noch mehr gegen seine Feindeund besonders gegen den vortrefflichen König <strong>von</strong> Frankreich, Ludwig XII., den er absetzte.Ganz Frankreich wurde ebenfalls mit dem Interdikt belegt; aber die aus dem Vatikan geschleudertenBlitze zündeten nicht mehr. Julius II. handelte nach dem Ausdrucke des berühmten GeschichtsschreibersMezeray "wie ein türkischer Sultan und nicht wie ein Statthalter des Friedensfürsten undwie ein Vater aller Christen". In den Kriegen, die er aus Rachbegierde und Blutdurst führte, verlorenzweimalhunderttausend Menschen ihr Leben. Er starb mitten unter Vorbereitungen zu neuenKriegen.Er war so liederlich wie Alexander VI., und vor diesem hatte er noch voraus, daß er ein Trunkenboldwar. Kaiser Maximilian I. sagte einst: "Ewiger Gott, wie würde es der Welt gehen, wenn dunicht eine besondere Aufsicht über sie hättest, unter einem Kaiser wie ich, der ich nur ein elenderJäger bin, und unter einem so lasterhaften und versoffenen Papst, als Julius ist!"

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