82Martinus wagte es, den Befehlen des Kaisers entgegenzuhandeln, ja, er ließ sich in hochverräterischePläne ein. Dies bewog den Kaiser, den römischen Bischof durch seinen Statthalter in Romgefangennehmen und nach der Insel Naxos bringen zu lassen, die durch Ariadne bekannter gewordenist als durch Martinus, der hier ein ganzes Jahr lang im Gefängnis saß.Von hier brachte man den Heiligen Vater nach Konstantinopel, sperrte ihn 39 Tage lang ein undstellte ihn dann vor ein Gericht, welchem der Großschatzmeister präsidierte. Der römische Papsthatte das päpstliche Übel, das Podagra, in den Beinen - seine Nachfolger hatten es häufig im Kopf -und erschien sitzend in einem Sessel. Der Richter befahl ihm jedoch, das Verhör stehend abzuwarten,und da er dies nicht konnte, so wurde er <strong>von</strong> zwei Männern aufrecht gehalten.Die Schuld war offenbar, und so ward ihm denn bald das Urteil gesprochen: "Du hast gegen denKaiser verräterisch gehandelt", sagte der Großschatzmeister, "du hast Gott verlassen, und Gott batdich wieder verlassen und in unsere Hände gegeben." Darauf übergab er den Bischof <strong>von</strong> Rom demGouverneur <strong>von</strong> Konstantinopel mit der Weisung, ihn ohne Bedenken in Stücke zerhauen zu lassen,wenn er wolle.Dem hochverräterischen römischen Papst wurde nun ein Halseisen umgelegt, und an Ketten wurde.erdurch die Stadt geschleppt. Vor ihm her ging der Scharfrichter mit entblößtem Schwert, zumZeichen, daß der Verbrecher zum Tode verurteilt war. Darauf wurde Martin ins Gefängnis gebracht,mit Ketten auf eine Bank geschlossen und unter freien Himmel gestellt, wie es mit allen Verbrechernden Tag vor ihrer Hinrichtung geschah.Über den armen deutschen König Heinrich erbarmte sich niemand, als er halbnackt im Schloßhof<strong>von</strong> Kanossa im Schnee stand, aber Martin fand mitleidige Seelen. Die Gefängniswärter legten ihnins Bett, und der Kämmerling des Kaisers ließ ihm zu essen bringen. Ja, der sterbende PatriarchPaulus <strong>von</strong> Konstantinopel, ein frommer Mann, den Martin feierlich als Ketzer verflucht hatte, batauf seinem Sterbebette den Kaiser um seines Feindes Leben. Es wurde ihm bewilligt. Martin wurdeaus dem Lande verwiesen. Wo bat jemals ein römischer Papst um das Leben seines Feindes? Ichkonnte in der Geschichte keinen Fall auffinden und würde jedem dankbar sein, der mir einen solchennachweisen könnte. -Der Nachfolger des abgesetzten Martinus zeichnete sich durch nichts aus als dadurch, daß er diesenverhungern ließ.Im achten Jahrhundert taten die Päpste einen mächtigen Sprung vorwärts, wozu sie im Anfang desselbennicht die allergeringste Hoffnung hatten. Als die Langobarden Herren Italiens waren, beschränktesich die Macht der römischen Bischöfe nur auf die Diözese, denn die barbarischen Königederselben erkannten sie nicht einmal als die Patriarchen <strong>von</strong> Italien an, und die andern Bischöfedieses Landes behaupteten ihre Unabhängigkeit.Das änderte sich aber bald, als das langobardische Reich unter die Herrschaft der Franken kam.Durch sie wurden die Bischöfe <strong>von</strong> Rom die größten Landbesitzer in Italien, und dies, wie die Unterstützungder Frankenkönige, half ihnen zu dem Primat in Italien.Sie verloren zwar in dieser Periode allen Einfluß auf Spanien, dafür traten sie aber wieder in nähereBerührung mit Gallien und legten den Grund zu ihrer Herrschaft in Deutschland. In England hattensie schon zu Ende des sechsten Jahrhunderts festen Fuß gefaßt, indem die dortigen christlichen Kirchenauf ihre Veranlassung gestiftet wurden.Von 715 bis 735 saß Gregor II. auf dem bischöflichen Stuhle zu Rom. Unter ihm brach der großeBilderstreit aus, <strong>von</strong> dem ich schon früher gesprochen habe und der das ohnedies schon durchThronstreitigkeiten zerrüttete oströmische Reich noch mehr schwächte.
83Eigentlich hatte man sich schon seit den ersten Jahrhunderten des Christentums wegen der Verehrungder Bilder gezankt, und die angesehensten und frömmsten Kirchenlehrer hatten den Bilderdienstals abscheulichsten Götzendienst verdammt. Um <strong>von</strong> den vielen Beispielen nur eins anzuführen,setze ich den Ausspruch Tertullians her: "Ein jedes Bild ist nach dem Gesetz Gottes ein Götze,und ein jeder Dienst, der demselben erwiesen wird, eine Abgötterei."So wie dieser verdammen Eusebius <strong>von</strong> Cäsarea, Clemens <strong>von</strong> Alexandrien, Origenes, Chrysostomusund viele andere der geachtetsten Kirchenväter die Verehrung der Bilder als eine der christlichenLehre durchaus hohnsprechende Abgötterei. Aber die römischen Bischöfe und die Mönche,welche ihren Vorteil kannten, den ihre Kasse aus diesem Götzendienst ziehen mußte, verteidigtendie Bilder mit Leib und Leben.Gregor II. war ein großer Bildernarr, und als der oströmische Kaiser Leo, der Isaurier, die Bilder mitGewalt aus den Kirchen Italiens entfernen lassen wollte, da kam es zu den blutigsten Streitigkeiten,welche der Langobardenkönig Luitprand dazu benutzte, die Herrschaft in diesem Lande immer weiterauszudehnen.Gregor hetzte alles gegeneinander und wiegelte das Volk gegen den Kaiser auf. An diesen schrieber einen unverschämten Brief, in welchem er ihn einen "Ignoranten, einen Tölpel, einen dummenund verrückten Menschen, einen gottlosen Ketzer" nannte. Der rechtschaffene Kaiser, anstatt diesenhochmütigen Pfaffen nach dem Gesetz strafen zu lassen, antwortete ihm mit größter Mäßigung,aber nun stieg erst recht die Frechheit Gregors, und in einem seiner Briefe schrieb er an seinen Kaiserund Herrn: "Jesus Christus schicke dir den Teufel in den Leib, damit dein Geist zum Heil gelange."Leo griff nun den rebellischen Bischof am richtigen Flecke an; er entzog ihm sein ganzes Patrimoniumin Sizilien und Kalabrien und unterwarf es dem Patriarchen <strong>von</strong> Konstantinopel. Dadurch verlorGregor alljährlich 224 000 Livres Einkünfte. Dafür verehrt denn aber auch die römische Kirchediesen Gregor II. als einen Heiligen.Sein Nachfolger, Gregor III., fuhr ganz in demselben Geiste fort und wiegelte das Volk zu offenerEmpörung gegen den Kaiser auf. Als er aber auch den Langobardenkönig beleidigte, rückte dieservor Rom. Der geängstigte Bischof, den nun alle heiligen Knochen nicht schützen konnten und derfür seine eigenen fürchtete, bat Karl Martell, den fränkischen Majordomus, um Hilfe und wand sichvor ihm wie ein Wurm. Endlich ließ sich der Franke bewegen, ihn zu schützen, als er versprach,sich vom Kaiser loszusagen und Rom ihm zu unterwerfen.Nach Gregors und Martells Tode wurde der folgende Bischof <strong>von</strong> Rom, Zacharias, wieder arg <strong>von</strong>den Langobarden bedrängt und sah nirgends Trost und Hilfe als bei den Franken. Hier führte derSohn Karl Martells, Pipin, das Schwert des Reiches und hatte große Lust, den schwachen KönigChilderich III. zu entthronen. Zacharias wußte es nun so zu lenken, daß die fränkischen Stände anihn die Frage richteten: "Ob nicht ein feiger und untüchtiger König des Thrones beraubt und einwürdigerer an seine Stelle gesetzt werden dürfe?" Der römische Bischof antwortete: "Ja" und machtesich dadurch den nun zum Frankenkönig erwählten Pipin zum Freunde.Zacharias erlebte aber die Früchte seiner Politik nicht. Von ihm verdient noch bemerkt zu werden,daß er einen Bischof, namens Virgilius, in den Bann tat und als Ketzer verdammte, weil derselbebehauptet hatte, "daß die Erde eine Kugel sei und daß auf der andern Seite derselben Menschenwohnten, die uns die Fußsohlen zukehrten".Bischof Stephanus II. (752-757) erntete, was seine Vorgänger gesät. Bedrängt <strong>von</strong> den Langobarden,begab er sich in Person zu Pipin. Dieser schickte ihm seinen Sohn Karl dreißig Meilen weitentgegen und ritt selbst eine Meile, ihn zu begrüßen. Er litt nicht, daß der Bischof vom Pferde stieg,
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