80Selbst im Abendland, wo doch der römische Bischof noch im höchsten Ansehen stand, räumteman ihnen zu dieser Zeit nicht einmal einen besonderen Titel ein. Alle Bischöfe nannten sich Papst(<strong>von</strong> papa, Vater), auch Oberpriester, auch sogar Stellvertreter Jesu, und gaben sich untereinanderdiese Titel, also auch dem Bischof <strong>von</strong> Rom, der bald Papst der Stadt Rom, bald schlechtweg Papstgenannt wurde.Sogar der Titel Patriarch wurde im Abendlande nicht einmal allein dem Bischof <strong>von</strong> Rom gegeben;es nannten sich die meisten Metropoliten so, und noch im Jahre 883 wurde der Bischof <strong>von</strong> Lyon,der auf der zweiten Synode zu Macon den Vorsitz führte, Patriarch genannt. Hierin liegt der Beweis,daß man selbst im Abendlande gar nicht daran dachte, dem Bischof <strong>von</strong> Rom einen höherenRang einzuräumen.Über das Verhältnis der römischen Bischöfe gegenüber den Kaisern habe ich bereits im ersten Kapitelgesprochen. Es blieb dasselbe im fünften, sechsten und siebenten Jahrhundert. Zeigten sicheinzelne Kaiser nachgiebiger gegen die Bischöfe, so lag das in ihrer Persönlichkeit. Der römischeBischof stand wie jeder andere Staatsbeamte unter dem Kaiser, und dieser und sein Statthalter warenseine Richter. Die Reichssynoden wurden <strong>von</strong> den Kaisern berufen, und diese präsidierten hierdurch einen Kommissarius, und wenn auf der Synode zu Chalcedon der Legat des römischen BischofsLeo den Vorsitz führte, so geschah es, weil dieser es sich vom Kaiser als eine besondereGnade erbeten hatte. Die Beschlüsse dieser Synoden wurden nicht vom Bischof in Rom, sondern<strong>von</strong> den Kaisern bestätigt, und selbst wenn eine solche Kirchenversammlung gegen den Willen desrömischen Bischofs gehalten wurde, so verlor sie dadurch nichts <strong>von</strong> ihrer allgemeinen Gültigkeit.Bei streitigen Bischofswahlen entschied immer der Kaiser, und kein Bischof durfte seine Würdeantreten ohne die kaiserliche Bestätigung. Machte auch der Hochmut hin und wieder einen der Bischöfeverrückt, so wagten sie es doch nicht, sich über den Kaiser zu erheben.Selbst Gregor I. (590-604), in dem schon der Geist der späteren Päpste spukte, war demütig wie einHund vor den Kaisern. In seinen Briefen an den Kaiser Mauritius gebrauchte er die kriechendstenAusdrücke und schreibt zum Beispiel: "Wer bin ich, der ich zu meinem Herrn rede, als Staub undWurm." Er nennt den Kaiser seinen "frommen Herrn, dem die Gewalt über alle Menschen vomHimmel herab erteilt worden sei", und sich selbst nennt er einen "unwürdigen Diener". - Dies warer in der Tat, denn er war durch und durch ein lasterhafter, heuchlerischer Schurke. Sein Benehmengegen den Tyrannen Phokas beweist das schon zur Genüge.Der Kaiser Mauritius, einer der edelsten Menschen, die jemals auf einem Thron saßen, wurde durchdiesen Phokas, einen seiner Hauptleute, entthront. Selbst Nero ist gegen dieses blutdürstige Ungeheuerein guter liebreicher Mensch, Phokas ließ fünf Kinder des Mauritius vor dessen Augen grausamhinrichten und dann ihn selbst. Er rottete die ganze kaiserliche Familie aus und mordete auf diescheußlichste Weise bis an das Ende seines Lebens.Gregor hatte <strong>von</strong> Mauritius nur Gutes erfahren; er nannte ihn selbst seinen Wohltäter, und dennochverleumdete er aus Kriecherei gegen Phokas den edlen Kaiser. An den blutdürstigen Tyrannenschrieb er: "Bisher sind wir hart geprüft gewesen; der allmächtige Gott aber hat Eure Majestät erwähltund auf den kaiserlichen Thron gesetzt, um durch Eure Majestät barmherzige Gesinnung undEinrichtung aller unserer Not und Traurigkeit ein Ende zu machen. Der Himmel freue sich daher,und die Erde sei fröhlich, und das ganze Volk müsse wegen einer so glücklichen Veränderung Danksagen."Und so warf sich Gregor weg, um Phokas und sein gleich nichtswürdiges Weib auf seine Seite zuziehen, damit er ihm vor dem Bischof <strong>von</strong> Konstantinopel bevorzuge, welcher zum größten MißvergnügenGregors den Titel "allgemeiner Bischof" angenommen hatte. Doch ich muß die Äußerungender Verachtung gegen diesen elenden Pfaffen unterdrücken, denn wo soll ich sonst Wortefinden, die noch nichtswürdigeren Handlungen seiner noch verruchteren Nachfolger zu bezeichnen?
81Dieser Gregor I. steht in der römischen Kirche in ganz besonders hoher Achtung, denn ihm verdanktsie die Einführung einer Menge sinnloser oder vielmehr dummer Zeremonien, die noch biszum heutigen Tag Geltung haben. Er war es, welcher aus der römischen Kirche die letzten Spurenwahren Christentums, wie es Jesus und allenfalls seine Apostel verstanden, austilgte. Er ist der Erfinderdes Fegefeuers, dieser päpstlichen Prellanstalt, die besser rentierte als irgendein Schwindelgeschäft,welches je ein beschnittener oder unbeschnittener Jude machte. Gregor ist auch der eifrigsteBeförderer des Mönchswesens. Er hinterließ einen Wust selbstverfaßter Schriften, die <strong>von</strong>dem wundervollsten Unsinn strotzen. In ihnen sind auch Regeln für Geistliche enthalten, aus denenich eine Probe anführe, damit die der römischen Kirche angehörigen Leser untersuchen können, obihr Bischof derselben entspricht. Es handelt sich nämlich darum, wie die Nase eines Bischofs beschaffensein müsse. "Ein Bischof darf keine kleine Nase haben - denn er muß Gutes und Böses zuunterscheiden wissen wie die Nase Gestank und Wohlgeruch, daher auch das hohe Lied sagt: 'DeineNase ist gleich dem Turm auf dem Libanon.' Ein Bischof darf aber auch keine allzugroße oder gekrümmteNase haben, um nicht spitzfindig oder niedergedrückt <strong>von</strong> Sorgen zu sein; - er darf nichttriefäugig sein, denn er muß helle sehen; noch weniger krätzig oder beherrscht vom Fleische."Im siebenten Jahrhundert trug sich eine Veränderung zu, welche zwar dem Christentum einen hartenStoß gab, aber für das Ansehen der römischen Bischöfe in der Folge höchst vorteilhaft wirkte.Mohammed trat als der Stifter einer neuen Religion auf.Mohammed lehrte: "Es ist nur ein einziger Gott, welcher die ganze Welt beherrscht; er will <strong>von</strong> denMenschen treu verehrt sein durch Tugend. Tugend besteht in Ergebung in den göttlichen Willen,andächtigem Gebete, Wohltätigkeit gegen die Armen und Fremden, Redlichkeit, Keuschheit, Nüchternheit,Reinlichkeit, tapferer Verteidigung der Sache Gottes bis in den Tod. Wer diese Pflichtenerfüllt, ist ein Gläubiger und empfängt den Lohn des ewigen Lebens."Diese Lehre mußte in der damaligen Zeit großen Anklang finden, denn sie war einfach und verständlich,während die der Christen sich <strong>von</strong> der Jesu so weit entfernt hatte, daß sie unverständlicher,unklarer, mystischer und unvernünftiger geworden war, als die der Heiden jemals gewesen.Dazu kam noch ein zwar auf sehr sinnliche Vorstellungen gegründeter, aber deshalb sehr praktischund verlockend erfundener Himmel, während ein Mensch mit gesunden Sinnen dem <strong>von</strong> den Mönchengeschilderten Christenhimmel weder eine faßliche Vorstellung noch den allergeringsten Geschmackabgewinnen kann.Der praktische Wert des Islam im Vergleich mit der zu jener Zeit als Christentum geltenden Religionwar besonders bei den Völkern des Orients überwiegend, und die Lehre Mohammeds verbreitetesich mit großer Schnelligkeit über ganz Asien und Nordafrika und vernichtete die christliche Kirchein diesen Ländern. Dadurch verschwanden die Patriarchen <strong>von</strong> Antiochien, Jerusalem und Alexandrienund mit ihnen die gefährlichsten Gegner der römischen Anmaßungen. Mohammed und die Kalifenarbeiteten für die römischen Päpste.Diese waren aber bis zum Ende des siebenden Jahrhunderts noch gar weit <strong>von</strong> ihrem Ziele entfernt.Die Kaiser küßten ihnen noch nicht den Pantoffel, wie sie es später taten, sondern gingen mit ihnenebenso um, wie die preußische Regierung es mit den evangelischen Bischöfen tut, das heißt, siebetrachteten sie einfach als Staatsbeamte.Der Bischof Liberius, welcher sich in Glaubenssachen nicht fügen wollte, wurde vom Kaiser Konstantinabgesetzt und verwiesen. Der stolze Bischof Leo "der Große" (452) mußte sich vom KaiserValentinian als Gesandter an den Hunnenkönig schicken lassen, und der Bischof Agapet wurde inderselben Eigenschaft <strong>von</strong> dem Ostgotenkönig Theodat an Kaiser Justinian abgesendet.Wie demütig Gregor war, haben wir gesehen, und das war wenigstens klug <strong>von</strong> ihm, denn die Kaiserließen nicht immer mit sich scherzen, wie es Konstanz dem Bischof Martin (649 bis 655) bewies.
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