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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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154den! Durch die Reformation und die darauffolgenden Kriege gingen in Deutschland 800 Klösterzugrunde, in Sachsen allein 130; aber dessenungeachtet fand Kaiser Joseph II. bei seinem Regierungsantrittenoch 1565 Mönchs- und 604 Nonnenklöster in seinen Staaten. Zur Zeit Luthers beliefsich die Zahl der Mönche auf 2 465 000 und das stehende Heer der Bettelmönche allein auf eineMillion!Es ist fast unmöglich, alle Spielarten dieser Mönche und Nonnen aufzuzählen, und ich unterlasse esdaher, wie Marnix de St. Aldegonde in seinem berühmten "Bienenkorb deß hl. Röm. Immenschwarmsusw." und bemerke nur mit seinen Worten: "Wie etliche in Schneeweis, etliche in kohlschwarz,die anderen in Eselgraw, in grasgrün, in feuerrodt, in himmelblaw, in bund oder geschecketgekleyd gehn, die eynen eyn helle, die andern ein trübe kapp antragen, die eyn Rauchfarb vomFegefeuer geräuchert, die andern <strong>von</strong> Requiem Todenpleych. Den einen Mönch grau wie ein Spatz,den andern hellgraw wie eyn Klosterkatz: Etliche vermengt mit schwarz und weis wie Atzeln, Raupenvnd Läus, die andern Schwefelfarb und Wolffsfarb, die Dritten Eschenfarb vnd Holtzfarb, etlichein vil Röcken vber einander, die andern in eyner blosen Kutt: Etliche mit dem hemd vbernRock, die andern olin ein hemd, oder mit evm pantzerhemd, oder härin hemd, oder Sanct JohannesCameelshaut auf bloser haut: Etliche halb, etliche gantz beschoren; etliche bärtig, die andern Unbärtigund Ungeberdig: Etliche gehn barhaupt, vil Barfüßig, aber alle miteynander müßig.: Etliche sindganz Wüllin, etlich Leinin, etlich Schäfin, etlich Schweinin: Etlich füren Juden Ringlein auff derBrust, die andern zwey schwerter kreutzweis zum kreutzstreich darauff geschrenkt, die dritten einCrucefix für die Bottenbüchs, die Vierten zwen schlüssel. Die fünflten Sternen, die sechsten kräntzlin:die siebenten Spiegel auß dem Eulenspiegel, die achten Bischofshut, der neunten fligel, dieZehenden Tuchschären, die eylfften Kelch, die zwölften Muscheln und Jacobsstäb, die Dreizehndengeysseln, die Viertzehenden schilt vnd andere sonst auff der Brust seltsam grillen, <strong>von</strong> Paternostre,Ringen vnd Prillen. Schet da, die Feldzeychen sind schon ausgetheylet, es fälen nur die Federpusch,so ziehen sie hin inn Krig gerüst."Es war dies eine ungeheure Macht, besonders durch ihren Reichtum, zu welchem sie durch dieSchenkungen frommer Schwachköpfe und durch - Betrügereien gelangten. Hatte eine Kirche oderein Kloster Lust nach einem schönen Landstrich, so fand sich bald im Klosterarchiv eine vergilbtePergamenturkunde, ausgestellt <strong>von</strong> diesem oder jenem Fürsten der Vorzeit, welcher den ersehntenLandstrich dem Kloster schenkte. Im Kloster St. Medardi zu Soissons war eine förmliche Fabrik<strong>von</strong> falschen Dokumenten. Der Mönch Guernon beichtete auf dem Sterbelager, daß er ganz Frankreichdurchzogen habe, um für Klöster und Kirchen falsche Dokumente zu machen. Da war es dennfreilich kein Wunder, daß zur Zeit der Revolution das Vermögen der Geistlichkeit in Frankreich auf3000 Millionen Franken angeschlagen werden konnte.Die Pfaffen verschmähen kein Mittel, um reich zu werden, denn sie hatten längst erkannt, daß GeldMacht ist, und dann - sie wollten gut leben. Ihre Gelübde wußten sie damit trefflich zu vereinigen,und was die fanatischen Stifter der Klöster eingerichtet hatten, um dem Wohlleben zu steuern, wurde<strong>von</strong> ihren Nachkommen so gedreht und gewendet, daß es ihnen zu einer Quelle des Erwerbesund Wohllebens wurde.Die Karthäuser zum Beispiel, denen ihre Regel den Genuß des Fleisches verbot, kultivierten dieObstbaumzucht und die Fischereien in solchem Grade, daß sich <strong>von</strong> deren Ertrage auch ohneFleisch sehr luxuriös leben ließ. Karthäuserobst ist in der ganzen Welt bekannt. Die Obstbaumschuleder Karthause in Paris trug jährlich 30 000 Livres ein. Dafür konnte denn auch ihr Prior währendeiner Krankheit für 15 000 Livres Hechtbouillon verzehren!Die Messe war, wie die Mönche lehrten, die einzige Er-

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