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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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181sie fortwährend leide, besonders bei verhärtetem Stuhlgange, ohne daß man dies als eine Wirkungder goldenen Ader betrachten könne. Durch die lange Einsperrung ohne alle Bewegung unddurch die heftigen Schläge auf die muskulösen und tendinösen Teile der Schenkel und Füße seiendiese so entzündet, und da man bei ihr keine verteilenden Mittel angewendet habe, so hätten sichdiese Teile dermaßen verhärtet und zusammengezogen, daß sie gänzlich exstorpiert und schwerlichHoffnung vorhanden sei, sie wieder so weit zu heilen, daß sie ihre geraden Glieder wieder würdegebrauchen können.Während ihrer ärztlichen Behandlung wurde Magdalena viermal verhört, und es kamen alle imKloster verübten Schändlichkeiten an den Tag, sosehr sich auch das Pfaffengezücht schlangengleichdrehte und wand.Eine Nonne, namens Paschalia, die ebenso wie Magdalena gequält worden war, sollte wahnsinniggeworden und an einem Nervenschlage gestorben sein; aber einige <strong>von</strong> den fünf Nonnen, die denMut hatten, die Wahrheit zu gestehen, behaupteten, sie habe sich in der Verzweiflung im Gefängnisan ihrem Busenschleier erhängt. Daß man auf einen solchen Selbstmord <strong>von</strong> seiten Magdalenasebenfalls gefaßt war, ergab sich aus den Papieren der Abtei.Obgleich alle Umstände gegen die Abtissin und ihr Gelichter sprachen, obgleich sich über MagdalenasBestrafung kein einziges Protokoll vorfand - die Schuldigen wußten sich doch so durchzulügen,daß sie ohne Strafe da<strong>von</strong>kamen, und die einzige Folge dieser Entdeckungen war eine Einschränkungder Macht der Abtissin und genauere Beaufsichtigung des Klosters.Magdalena sollte zeitlebens im kurfürstlichen Hospital bleiben und, wenn sie genesen würde, Freiheithaben, auszugehen, anständige Gesellschaften zu besuchen und zu empfangen. Das Klarenklostermußte ihr die nötige Ausstattung und außerdem jährlich zweihundert Gulden geben.Erst nach fünf bis sechs Jahren konnte Magdalena wieder gehen, und ihr geknickter Körper erholtesich allmählich. Im Klostergefängnis hatte sie im Fall der Befreiung eine Wallfahrt nach Lorettogelobt. Diese unternahm sie nun mit Erlaubnis der Behörde; allein sie kehrte nicht mehr in die Heimatzurück. Im August 1778 starb sie, fünfundvierzig Jahre alt, in einem Krankenhospital zu Narniin Italien.Trotz solcher Erfahrungen gibt es doch noch heute Klösterl Und daß in denselben noch ähnlicheSchandtaten verübt werden, beweisen die Schriften <strong>von</strong> Sebastian Ammann, Rafaelo Ciocci undandern.Von der Lieblosigkeit, mit welcher Kranke in den Klöstern behandelt werden, hat uns ebenfallsAmmann folgendes Beispiel erzählt: "Im Kloster Solothurn litt P. Theophil an einem ungeheurenLeistenbruch so schmerzhaft, daß er verzweifelte.Man legte ihn in einem Zimmer neben der Küche auf einen Strohsack und ließ ihn da zappeln.Niemand besuchte ihn als der Klosterknecht, der ihm dreimal des Tages Essen zutrug. Ich habe inden letzten Tagen seines Lebens nie einen Arzt bei ihm gesehen. Seine Unterleibsbeschwerden, daserschreckliche Elend und die gänzliche Verlassenheit mögen ihm sein martervolles Leben unerträglichgemacht haben. - An einem Tage vor dem Mittagessen, um halb elf Uhr, war ich noch bei ihmund fand ihn äußerst schwermütig; es ist aber gewiß, daß er um elf Uhr noch lebte. Um halb zwölfUhr wollte der Klosterknabe die Speisegeschirte bei P. Theophil abholen und fand ihn, an der Zimmerdeckeaufgeknüpft, leblos. Als wir die Anzeige <strong>von</strong> diesem Unglück hörten, sprangen wir allevom Tische auf; ich war der erste bei ihm und wollte mit einem Messer das Handtuch zerschneiden,an dem er hing; aber P. Guardian Raimund untersagte mir dies, weil es schade um das Handtuchsei. Man ging lieber langsam zu Werke, weil man keine Rettung versuchen wollte. Seine Hände undFüße waren noch ganz warm, und ich verlangte, daß man auf der Stelle einen Arzt herhole, damitman die möglichsten Anstalten zum Wiedererwecken des vielleicht noch nicht Entseelten treffe.

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