38häupter derselben; sie beriefen nicht nur nach ihrem Gefallen Kirchenversammlungen, leitetendie Wahlen der Bischöfe oder ernannten diese geradezu, sondern entschieden auch theologischeStreitigkeiten nach ihrem Gutdünken. Dadurch gingen freilich viele der angemaßten Rechte derBischöfe für den Augenblick verloren; aber die Vorteile, weiche sie auf der anderen Seite gewannen,waren so groß, daß sie sich ganz außerordentlich demütig und fügsam zeigten, und so geschahes, daß alles in der Kirche nach dem Winke der Kaiser ging.Der Kaiser war der Gnadenborn, aus dem auf seine Günstlinge Ehren und Reichtümer strömten,und die Bischöfe und Geistlichen wetteiferten in niedriger Schmeichelei, um deren möglichst vielzu erschnappen. Die Armut der Kirche und ihrer Diener hatte ein Ende. Schon Kaiser Konstantinbestimmte einen Teil der Staatseinkünfte zum Unterhalte der Geistlichen und begnadigte sie mitwichtigen Vorrechten. Das allereinträglichste war aber das Gesetz, durch welches er sie für berechtigterklärte, Schenkungen anzunehmen, welche ihnen durch testamentarische Verfügungen gemachtwurden, was nach dem Gesetze des Kaisers Diokletian keinem Verein gestattet war.Nun war der Habgier der Geistlichkeit ein weites Feld geöffnet. Die niedrigsten und verächtlichstenMittel wurden angewandt, um die bereits in Aberglauben aller Art versunkenen Christen zu reichenSchenkungen zu bewegen, und bereits nach zehn Jahren wagte niemand mehr zu sterben, ohne derGeistlichkeit ein Legat zu vermachen. Diese betrieb ihr Geschäft auf so schamlose Weise, daß nichtsehr lange darauf die Kaiser Gratian und Valentinian sich gezwungen sahen, durch Gesetze der Erbschleichereider Geistlichen Einhalt zu tun.Hieronymus, der Geheimschreiber des römischen Bischofs Damasus, der Zeuge war <strong>von</strong> demnichtswürdigen Treiben der Pfaffen, rief bei der Bekanntmachung des Gesetzes: "Ich bedaure nichtdes Kaisers Verbot, sondern mehr das, daß meine Mitbrüder es notwendig gemacht haben!" DieseMitbrüder schildert er auf wenig schmeichelhafte Weise, indem er sagt: "Sie halten kinderlosenGreisen und alten Matronen den Nachttopf hin, stets geschäftig um ihr Lager; mit eigenen Händenfangen sie ihren Auswurf auf, und Witwen heiraten nicht mehr; sie sind weit freier, und Priesterdienen ihnen um Geld." Selbst der Bischof des Hieronymus, Damasus, hatte sich den BeinamenOhrenkrabbler der Damen erworben.Als Julianus (361 n. Chr.) zur Regierung kam, geriet der ganze Pfaffenschwarm in große Bestürzung,denn dem gebildeten, mit der Philosophie seiner Zeit bekannten und darin aufgezogenen Kaisererschien das bereits durch Aberglauben und Fabeln aller Art entstellte Christentum abgeschmacktund lächerlich. Er "fiel daher vom Glauben ab", wie die Kirchenphrase heißt, und erwarbdafür <strong>von</strong> den christlichen Geschichtsschreibern den Beinamen Apostata (Abtrünniger).Die reine und einfache Lehre Jesu hatte in der Tat bereits eine traurige Veränderung erlitten undwar durch Wundermärchen und läppische Fabeln verunstaltet worden. Vor der ersten allgemeinenKirchenversammlung zu Nizäa (335 n. Chr.) gab es gegen fünfzig Evangelien, <strong>von</strong> denen nur dienoch in der Bibel enthaltenen beibehalten wurden, weil die anderen den Heiden doch gar zuviel zuspotten und zu lachen gaben. Sie enthielten die abgeschmacktesten Erzählungen und trivialsten Geschichten,und wenn auch ihre Verfasser mit der Mutter Jesu nicht so vertraut waren wie jener Portugiese,der ein "Leben im Bauche der Maria" schrieb, so berichten sie uns doch unter anderem, daßdem frechen Menschen, der Maria unzüchtig anzufassen wagte, augenblicklich die Hand verdorrte.Auch <strong>von</strong> Wundern erzählen sie, die Jesus als Kind verrichtete. Einst habe derselbe mit anderenKindern gespielt und mit ihnen aus Ton Vögel geformt; die <strong>von</strong> ihm gemachten seien sogleich fortgeflogen.Als er größer geworden, habe er einst einen Tisch gefertigt, und als er <strong>von</strong> seinem Vatergescholten worden sei, weil er zu kurz war, habe er an dem Tisch gezogen und ihn so lang gemacht,wie Joseph es wollte.Kaiser Julianus versuchte es, das Christentum zu stürzen, obwohl er die Christen nicht verfolgte,und als er schon nach zweijähriger Regierung im Kriege gegen die Perser fiel, verursachte sein Todgroße Freude.
39Sein Liebling, der Philosoph Libanius, fragte einst spöttisch einen christlichen Lehrer zu Antiochien:"Was macht des Zimmermanns Sohn?" Er erhielt zur Antwort: "Einen Sarg für deinen Schüler."Bald darauf starb der Kaiser, und Libanius vermutete, eben vielleicht wegen dieser Antwort,daß er durch irgendeinen fanatischen Christen seinen Tod fand. Sterbend unterhielt sich der Kaiserüber die Erhabenheit der menschlichen Seele, aber die Christen erzählten, er habe eine Hand vollBlut gen Himmel gespritzt und ausgerufen: "Du hast gesiegt, Galiläer!"Mit Julian starb der letzte heidnische Kaiser; unter seinen Nachkommen breitete sich die Macht derPfaffen immer mehr aus.Die lieben, guten HeiligenZu alten Zeiten hieß heilig, wennder Fliegen, der Heuschrecken fraß,und jener gar mit seinem heil'gen Hinternin einem Ameis'nhaufen saß,um voller Andacht drin zu überwintern.Es ist ein durch die Wissenschaft noch nicht vollständig gelöstes Problem, wodurch Epidemien entstehen,wie Pest, Cholera und dergleichen gräßliche Übel, durch welche das Menschengeschlecht<strong>von</strong> Zeit zu Zeit heimgesucht wird. Noch unerklärlicher sind Epidemien des Geistes, deren Vorkommenso alltäglich ist, daß wir gar nicht mehr darauf achten und sie am allerwenigsten für einegeistige Störung halten.Woher kommt es, daß irgendein dummes Lied die Runde über den Erdball macht, daß man ihmnirgends entfliehen kann, selbst nicht, wenn man allein ist, da man es dann selbst summt? Dasselbeist der Fall mit einem schlechten Witz oder einer abgeschmackten Redensart oder einer Mode, überderen Möglichkeit man später selbst erstaunt ist. Es ist nicht nötig, daß wir Beispiele anführen, dennjeder Mensch wird irgendein Lied, Redensart oder Mode anführen können, die epidemisch auftrat.Das Merkwürdige bei solchen geistigen Epidemien ist, daß Absperrung dagegen kein unfehlbaresMittel ist, denn wir kennen Gewohnheiten, die sich zum Beispiel in Klöstern ganzer Länder verbreiteten,die doch unter sich in gar keiner Verbindung standen. In einem der folgenden Kapitel werdenwir da<strong>von</strong> merkwürdige Beispiele anführen.Die Keime der in ihren Folgen gräßlichsten geistigen Epidemien enthält die Religion und keinemehr als die mißverstandene christliche. Sie hat Europa Jahrhunderte hindurch in ein trübseligesNarrenhaus verwandelt, und Millionen <strong>von</strong> Schlachtopfern sind der durch sie erzeugten Tollheitzum Opfer gefallen.Dieses Kapitel handelt <strong>von</strong> den Heiligen der römischen Kirche, denn die protestantische hat sie abgeschafftund nur die Scheinheiligen behalten. All diese Heiligen, einige Ausnahmen abgerechnet,waren durch diese Religion wahnsinnig gemachte Menschen und würden, wenn sie heutzutage lebten,in Narrenhäuser gesperrt werden. Jeder Leser, der nicht <strong>von</strong> derselben Narrheit ergriffen ist,wird am Ende dieses Kapitels <strong>von</strong> der Wahrheit meiner Behauptung überzeugt sein.Die Lehre Jesu, daß dies Leben nur eine Vorbereitung für ein künftiges sei und daß jeder, welcherdie ihm hier auferlegten Leiden gottergeben trage, dafür im ewigen Leben belohnt werden würde,war darauf berechnet, die leidende und bedrückte Menschheit durch die Hoffnung zu trösten. Jegrößer die unverschuldeten Leiden waren, die einen Gläubigen trafen, desto größere Hoffnung hatteer, durch geduldiges Ertragen ein freudenreiches ewiges Leben zu gewinnen, und es ist begreiflich,daß es Menschen gab, welche sie betreffende Unglücksfälle als ein Glück ansahen, da sie ihnenGelegenheit gaben, den Himmel zu verdienen.
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