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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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120Kaiser Joseph II. machte mit dem Papst und den Pfaffen wenig Umstände. Er hob sehr vieleKlöster auf und hielt es für besser, das Geld seines Volkes im Lande zu behalten, als es nach Romzu senden. Die Wechsel aus Wien blieben aus, und da Pius VI. dieselben nicht entbehren konnte, soentschloß er sich, dorthin zu reisen, um womöglich die Verstopfung zu heben. Der Kaiser ließ ihmzwar sagen, "er werde nächstens selbst nach Rom kommen, um sich <strong>von</strong> Sr. Heiligkeit Rat zu erbitten"- allein Pius wollte den Wink nicht verstehen.Die Wiener gerieten ganz außer sich über die Anwesenheit des Papstes in ihrer Stadt. Seit demKonstanzer Konzil war kein Papst in Deutschland gewesen, und nun kam gar einer nach Wien! unddazu einer, der es verstand, prächtig Komödie zu spielen. Die Damen waren rein närrisch vor Vergnügen,und alles drängte sich herzu, um den im Vorzimmer ausgestellten Pantoffel Sr. Heiligkeitzu küssen.Kaiser Joseph zuckte die Achseln zu dem Enthusiasmus seiner Wiener, erwies dem Papst alle Ehre,allein machte dessen Reisezweck vollständig zunichte. Als Pius nämlich auf die Hauptsache kommenwollte, bat Joseph, alles schriftlich zu machen, er verstehe nichts <strong>von</strong> Theologie und verwiesihn an den Staatskanzler Kaunitz.Der Papst erwartete nun wenigstens den Besuch dieses Ministers; allein er wartete vergebens, undder Heilige Vater mußte sich entschließen, selbst zu ihm zu gehen, unter dem Vorwande, seine Gemäldezu besehen. Pius reichte dem Kanzler die Hand zum Kusse, aber dieser begnügte sich damit,sie recht herzlich zu schütteln, und der Heilige Vater war ganz verblüfft. Er wurde es noch mehr, alsihn Kaunitz ohne Umstände vor seinen schönsten Gemälden hin und her schob, damit er den richtigenStandpunkt finde. Dies wollte aber Pius in Wien nicht gelingen, und die Million Skudi, welchedie Reise kostete, war weggeworfen.Der Kaiser schenkte dem Papst einen schönen Wiener Reisewagen - wahrscheinlich auch ein diplomatischerWink! - und ein Diamantkreuz, 200 000 Gulden in Wert, als Pflaster auf die Wunde,die dem päpstlichen Ansehen geschlagen war.Auf der Rückreise passierte Pius München und vergaß hier die erlittenen Demütigungen. Er nanntediese Stadt das deutsche Rom, ein Name, um den es andere deutsche Städte nicht beneiden."Ich hoffe mein Volk noch zu überzeugen, daß es katholisch bleiben kann, ohne römisch zu sein",sagte der beste deutsche Kaiser einst zu Azura. Armer Kaiser! Es ging ihm wie seinem VorgängerFriedrich II. <strong>von</strong> Hohenstaufen; das dumme Volk ließ ihn im Stich.Pius erlebte aber nicht nur einen abtrünnigen Kaiser <strong>von</strong> Österreich, er erlebte sogar die große Revolution,welche mit den Pfaffen den Kehraus tanzte. 1798 rückte Berthier in Rom ein, und die neurömischenRepublikaner sangen:Non abbiamo Pazienza,non vogliamo Erninenza,non vogliamo Santita,ma - Egualianza e Liberta.(Wir haben keine Geduld, wir wollen keine Eminenz, keine Heiligkeit, sondern Freiheit undGleichheit.)Man hatte gehofft, der nun schon sehr alte Heilige Vater werde vor Alteration gen Himmel fahren;als er aber dazu noch keine Anstalten machte, sannen die Republikaner darauf, ihn wenigstens ausRom fortzuschaffen. Der General Ceroni ging zu ihm und sagte: "Oberpriester! die Regierung hatein Ende; das Volk hat die Souveränität selbst übernommen."

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