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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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173Ein Mönch, der in einem Nonnenkloster einkehrte, wurde <strong>von</strong> den Nonnen auf das freundlichsteaufgenommen und bewirtet. Er sprach so viel <strong>von</strong> Tugendsinn, Gottesfurcht und Züchtigung, daßihn die Nonnen für ein Muster der Enthaltsamkeit hielten und ihm sogar in ihrem eigenen Schlafsaalein Bett anwiesen.Mitten in der Nacht fing der Mönch plötzlich an zu schreien: Ich mag nicht! Ich mag nicht! Mankann sich denken, wie die Nönnchen die Ohren spitzten und wie eifrig sie herbeiliefen, um sichnach der Ursache des sehr verdächtig klingenden Ausrufs zu erkundigen.Der Schalk erzählte ihnen nun, daß ihm eine Stimme vom Himmel befohlen habe, sich zu derjüngsten Nonne ins Bette zu legen, denn sie beide wären dazu ausersehen, einen Bischof hervorzubringen;er aber wolle nicht.Die frommen Nonnen waren hocherfreut, wußten ihn zum Gehorsam gegen Gottes Stimme zu bekehrenund führten ihn endlich an das Bett der glücklichen Schwester. Als diese einiges Bedenkenfand, erklärten sich sogleich alle übrigen bereit, ihre Stelle zu vertreten, so daß sie sich bestimmenließ und den Mönch zu sich nahm. -Das Resultat war aber - eine Tochter! Diese konnte freilich nicht Bischof werden, und als man denMönch zur Rede stellte, schob er den mißratenen Bischof darauf, daß die Nonne nicht freiwilliggekommen wäre.Einen ähnlichen Streich spielte den Nonnen der Pförtner ihres Klosters, welcher den sonderbarenNamen Omnis mundus führte. Während einer Nacht kroch er in die Feueresse und brüllte durch eingroßes Rohr in den Kamin ihres Schlafsaals: "O ihr Nonnen, hört das Wort Gottes!" Die Nonnenzitterten und zagten; als sie aber in der nächsten Nacht wieder dieselbe Stimme hörten, fielen siealle nieder, denn sie meinten, ein Engel spräche zu ihnen, und sangen: "O Engel Gottes, verkündeuns deinen Willen!"Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten; sie lautete: "Haec est voluntas Domini ut Omnis mundusinclinet vel suppont vos!" - Was bedeutet dieser Orakelspruch? fragten sich die Nonnen undkamen bald dahin überein, daß der Pförtner Omnis mundus bei ihnen schlafe, woraus wohl ein Bischofoder gar ein Papst entstehen sollte.Der schlaue Pförtner wurde gerufen. Er fügte sich, und die Abtissin, welche zuerst mit ihm alleinblieb, sang beim Hinausgehen: "Wie freut mich das, was mir gesagt worden ist." - Nun kam diePriorin an die Reihe. Diese sang: "Herr Gott, dich loben wir!" Die dritte Schwester: "Der Gerechtewird sich im Herrn freuen", und die vierte: "Lasset uns alle fröhlich sein."Aber nun hatte das Latein des Pförtners ein Ende, und als er da<strong>von</strong>lief, schrien ihm die übrigenNonnen nach: "Wann erhalten wir denn nun den Ablaß 1 )!"1 ) Die Einführung der erzwungenen Priesterehelosigkeit usw. <strong>von</strong> Theiner, Bd. 2 S. 108.Aber nicht immer kam ein reisender Mönch, der angenehme Offenbarungen hatte, und nicht jedesKloster besaß einen brauchbaren Pförtner; aber das Verlangen war da und wollte befriedigt sein.Viele behalfen sich so gut es ging; aber was wollte das sagen? Einige verliebten sich in Jesus undschwärmten so lange für ihn, bis sie sich wirklich einbildeten oder träumten, Besuche <strong>von</strong> ihm zuempfangen.Die Nonne Armelle glaubte wirklich in der Seitenwunde Jesu zu wohnen, und Maria de la Coqueerhielt gar <strong>von</strong> ihm die Erlaubnis, ihr Herz in das seinige Zu legen. Dann bekam sie es wieder; aberJesus riet ihr, wenn sie <strong>von</strong> der Operation Seitenstechen empfinde, sich zur Ader zu lassen.

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