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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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152Zur Zeit der Reformation kamen unzählige Nichtswürdigkeiten der Pfaffen an das Licht. AlsLuther anfing, Lärm zu schlagen, da regte es sich <strong>von</strong> allen Seiten, und Schriften gegen die Geistlichkeiterschienen in unendlicher Zahl und überschwemmten ganz Europa.Luther, Melanchthon, Zwingli und andere forderten laut die Erlaubnis zur Ehe für die Priester, undletzterer richtete im Namen vieler Geistlicher Schriften an seine Vorgesetzten, die aber alle nichtsfruchteten. Aus einer derselben will ich nur folgendes anführen.Ein Schulmeister, der verheiratet war, hatte Lust, ein Priester zu werden, und wurde es mit Einwilligungseiner Frau. Er hatte sich aber zuviel zugetraut, indem er dachte, das Keuschheitsgelübdehalten zu können. Er wehrte sich lange und hätte gern seine Frau wieder zu sich genommen; da eraber dies nicht durfte, so hing er sich an eine Dirne, verließ den Wohnort seiner Frau, um diesenicht zu kränken, und kam in das Bistum Konstanz. Die Frau, welche hörte, daß er eine Haushälterinhabe, zog ihm nach. Der Mann, welcher sie lieb hatte, schickte die Haushälterin weg und nahmseine Frau wieder zu sich, da er meinte, es sei dies doch besser, da es ohne "weibliche Pflege" nuneinmal nicht ginge. Der Generalvikar und die Konsistorialräte teilten aber seine Ansicht nicht; siebefahlen ihm bei Verlust seiner Pfründe, seine Frau wegzuschicken. Der arme Geistliche erbot sich,dieselbe als Konkubine jährlich zu verzinsen; allein, das war umsonst, sie mußte fort. Darauf nahmer seine fortgeschickte Konkubine wieder zu sich, und alles war in bester pfäffischer Ordnung; derGeneralvikar hatte nichts dagegen zu erinnern!Der Rat <strong>von</strong> Zürich gestattete bald nach einer Disputation, in welcher Zwingli die Ehe wacker verteidigthatte, daß sich die Priester verheirateten. Mehrere machten sogleich <strong>von</strong> dieser ErlaubnisGebrauch und verkündeten ihren Entschluß <strong>von</strong> der Kanzel. Das Volk bezeugte laut seinen Beifall,und bei der Trauung eines Priesters in Straßburg, wo man bald dem guten Beispiel folgte, rief manim Volke, er habe recht getan, und wünschte ihm tausend glückliche Jahre.Erasmus <strong>von</strong> Rotterdam, der durch seine Schriften sehr viel beitrug, die Macht der Päpste zu untergraben,nannte die Reformation das "lutherische Fieber" oder ein Lustspiel, da es mit einer Heiratschließe. Als er Luthers Vermählung erfuhr, scherzte er: Es ist ein altes Märlein, daß der Antichrist<strong>von</strong> einem Mönch und einer Nonne kommen soll. Er schrieb gleichfalls gegen das Zölibat, meinteaber, daß die Päpste es schwerlich abschaffen würden, da ihnen der Hurenzins gar zu gut tue.Auf der Trientiner Synode, wo all der alte römische Kohl wieder aufgewärmt wurde, bestätigte manauch wieder aufs neue das Zölibat und erließ die strengsten Befehle gegen das Konkubinat. Aberauch diese Beschlüsse halfen nicht viel. In Polen lebten zur Zeit der Reformation fast alle Geistlichenin heimlicher Ehe, und viele bekannten sie selbst öffentlich. Dieser Zustand änderte sich auchnach der Trientiner Synode nicht, und daß das Konkubinat fortbestand, lehren die unzähligen späterenVerordnungen dagegen.In denjenigen Ländern, in welchen die Reformation festen Fuß gefaßt hatte, waren die Geistlichenfreilich darauf bedacht, ihr Schandleben vor den Augen der Welt immer mehr zu verbergen; aberwie begreiflich wurde dadurch nichts für die Sittlichkeit gewonnen, sondern diese wurde im Gegenteilnoch mehr dadurch gefährdet. Die Pfaffen blieben trotz aller Konzilienbeschlüsse liebebedürftigeMenschen, um die Sache einmal recht zart auszudrücken, und da beim unvorsichtigen Genußharte Strafen drohten, so waren sie darauf angewiesen, sich in der Kunst der Verstellung und Heucheleizu vervollkommnen. Das Handwerk des Frauenverführers wurde nun jesuitischer betrieben,und das war wahrlich kein Gewinn.In den echt katholischen Ländern genierte man sich indessen weniger, und der Kardinal Bellarminzum Beispiel führte ein Leben, als hätte nie eine Reformation stattgefunden. Man erzählt <strong>von</strong> ihm,daß er 1624 Geliebte gehabt und nebenbei zur Sodomiterei noch vier schöne Ziegen gehalten habe!Mehr kann man <strong>von</strong> einem Kardinal billigerweise nicht verlangen.

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