190Schon im Jahre 428 hatte Papst Cölestin es für nötig gefunden, Strafe darauf zu setzen, wennGeistliche ihre Beichtkinder zur Unzucht verführten. Dergleichen Fälle kamen unendlich oft vor,und mit diesen Beichtstuhlgeschichten könnte man Folianten füllen.Poggio Bracciolini, <strong>von</strong> dem ich schon früher redete, erzählt, daß die Beichtstühle dazu benutztwurden, die Mädchen und verheirateten Frauen zu verführen. Beichtete eine derselben, daß sie sicheine fleischliche Schwachheit habe zuschulden kommen lassen, so kam es sehr häufig vor, daß ihrder fromme Beichtvater die unzüchtigsten Anträge machte. Um sich das Verführungswerk zu erleichtern,verfehlten sie nicht, den lüsternen Kindern recht überzeugend vorzureden, daß ein bißchenUnzucht mit einem frommen Geistlichen so gut wie nichts zu bedeuten habe und daß die Sündehundertmal kleiner sei, als wenn sie mit einem fremden Ehemanne begangen würde.Ansiniro, ein Augustinereremit zu Padua, hatte alle seine Beichttöchter verführt. Die Sache wurderuchbar und er deshalb angeklagt. Vor Gericht drang man sehr ernstlich in ihn, alle diejenigen anzugeben,welche ihm den Willen getan. Er nannte eine große Menge <strong>von</strong> Mädchen und Frauen ausden angesehensten Familien, stockte dann aber plötzlich und wollte nicht weiterreden. Der Sekretär,der ihn vernahm, bedrohte ihn mit den härtesten Strafen, wenn er nicht die Wahrheit reden und inseinem Bekenntnis fortfahren werde. So gedrängt, nannte der Pater auch den Namen, welchen erverschweigen wollte, und man kann sich die Überraschung des Sekretärs denken, als er den seinereigenen für so tugendhaft gehaltenen Frau hörte!Hin und wieder kamen die Pfaffen auch schlimm an. Ein Priester, dem eine hübsche Frau beichtete,fand den Platz hinter dem Altar sehr bequem und wollte sie bewegen, hier seinem unzüchtigen Gelüstezu genügen. Die Frau äußerte, daß sie den Platz nicht anständig finde, versprach aber, an einemanderen Orte seine Wünsche zu erfüllen und schickte ihm als Liebespfand eine sehr schöneTorte und eine Flasche guten Wein. Der erfreute Pfaffe dachte, zwei Fliegen mit einer Klappe zutreffen, und überreichte die herrliche Torte seinem Bischof, der damit bei einem Gastmahl seineTafel zierte. Als man sie aufschnitt, fand man darin, was man gewöhnlich nicht dem Beichtstuhl,sondern dem Nachtstuhl anvertraut.Man forschte natürlich nach dem Ursprung dieser schmutzigen Überraschung, und dieser ergab sichbald aus der Untersuchung. Kein Ort war den geilen Pfaffen zu heilig, und die Regierungen mußtendieselben oft strafen, weil sie einen Altar oder einen andern für heilig geltenden Ort als Sofa betrachtethatten.Ein Kaplan zu Solothurn beging selbst die schreiende Sünde, die Orgel zum Schauplatz seiner unerlaubtenFreuden zu wählen!Wäre die Kirche nicht stets darauf bedacht gewesen, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbindenund ihre frommen Diener soviel als tunlich für die mancherlei mit ihrem Amte verbundenenEntbehrungen zu entschädigen, dann hätte sie dem Skandal schnell ein Ende machen können. Siehätte nur zu verordnen brauchen, daß die Weiber bei Weibern statt bei Männern beichteten; aberwahrscheinlich fürchteten sie, daß die Weiber nicht schweigen könnten."Mensch bleibt Mensch und ein Pfaffe vorzüglich." Ich würde auch lieber das Sündenregister einesschönen Mädchens mit anhören als das eines alten Mannes, und hin und wieder würde ich wahrscheinlichauch schwach genug sein, die gemachten Entdeckungen zu meinem Privatvorteil zu benutzen;allein ich bin auch kein Priester. Wüßte ich es nicht aus anderen Quellen, so würde michschon die Ermahnung des heiligen Borromäus an die Pfaffen lehren, daß sehr viele <strong>von</strong> diesen dieBeichte der Weiber lieben hörten als die der Männer. Der Heilige, der stets des oben angeführtenMottos eingedenk ist, schreibt den Beichtvätern vor, alle Türen zu öffnen, wenn sie die Beichte irgendeinerWeibsperson anzuhören hätten; er schlägt ihnen vor, irgendeinen Vers aus den Psalmen,zum Beispiel cor mundum crea in me Domine, an einem freien Ort anzuschreiben, wo er ihnen be-
ständig vor Augen wäre und sie ihn bei vorkommenden Versuchungen gleichsam als Zauberformeloder als Retros Satanas gebrauchen könnten.191- Von dem Geißeln habe ich schon geredet. Da dieses nicht ohne Entblößung stattfinden konnte, soist es begreiflich, daß es die lüsternen Pfaffen sehr bald bei der Beichte einführten.Anfänglich begnügten sie sich damit, die Geißelung als Buße vorzuschreiben; allein gar bald maßtensie sich das Recht an, dieselbe eigenhändig zu erteilen. Dies wurde <strong>von</strong> der Kirche selbst als einMißbrauch angesehen, und Papst Hadrian 1., der im Jahre 772 Papst wurde, verordnet. "Der Bischof,Priester und der Diakon sollen diejenigen, welche gesündigt haben, nicht geißeln."Die Verordnung fruchtete jedoch nichts. Die Geistlichen ließen sich das angenehme Recht nichtnehmen, besonders da sie darin durch hochstehende Prälaten unterstützt wurden und der schon frühergenannte Kanzler der römischen Kirche, Kardinal Pullus, nicht das geringste Bedenken trug,nicht allein das Geißeln zu empfehlen, sondern auch sogar öffentlich bekanntzumachen, daß dievöllige Entkleidung der Büßenden und ihr Niederwerfen zu den Füßen des Beichtvaters selbst inden Augen Gottes das Verdienst des Sünders vermehre, da es noch Kennzeichen äußerster Demutund Erniedrigung wären.Solche Lehren trugen den Pfaffen gute Früchte. Das Hinterteil des Mannes zu zerbläuen konnte,wenn derselbe eine hohe Stellung in der Welt hatte, allenfalls ihrem Stolze und ihrer Eitelkeitschmeicheln; allein die Strafe bei Frauen anzuwenden hatte für den Schönheitssinn der Pfaffen einenweit höheren Reiz, und alle Mittel, welche der Kirche zu Gebote standen, wurden angewandt,die natürliche Schamhaftigkeit der Weiber und Mädchen zu besiegen.Bei der Schamhaftigkeit fällt mir eine Anekdote ein, die zu spaßhaft ist, als daß ich sie den Lesernvorenthalten sollte. In den vierziger Jahren kam ein junges Mädchen zu dem katholischen Pfarrereines Ortes, um bei ihm zu beichten. Nachdem sie allerlei unbedeutende Sünden gestanden hatte,stockte sie und wurde feuerrot. Der Pfarrer ermahnte väterlich, fortzufahren, aber das verschämteMädchen sagte, daß es ihr unmöglich sei, ihm hier ihre Sünden zu bekennen. Der gute Geistliche,dem dergleichen wohl schon oft vorgekommen sein mochte, fragte, ob sie ihm lieber zu Hausebeichten wolle, wo sie weniger beobachtet wäre, und das Mädchen erklärte sich seufzend bereitdazu.Zur bestimmten Stunde erschien sie auf dem Zimmer des Herrn Pfarrers, der sie mit einiger Unruheund Neugierde erwartet hatte. "Nun, mein Kind, wir sind allein, was ist's, das dich drückt. - DieMutter Kirche hat Trost; habe Zutrauen usw." - "Ach, Herr Pfarrer, ich kann's nicht sagen", erwidertdie kleine Unschuld und hält den Schürzenzipfel vor das Gesicht. - "Nun, mein Gott, es wird dochkeine Todsünde sein!"- "Aber nein, aber -." - "Nun offen heraus, was ist's?" -"Ach, ich habe mit meinem Liebsten etwas -etwas gemacht!"- "Nun, was denn, mein Kind?" - "Ach, ich kann's wahrhaftig nicht sagen." - "Nun, hat er vielleichtdas getan?" fragte der Pfarrer, indem er ihr in die Backen kneipt, um ihr das Geständnis zu erleichtern.- "Ach neinl" - "Oder vielleicht das?" - wobei er den Arm um ihre Taille legt und ihr einenKuß auf den Mund drückt. - Das Mädchen schüttelt beständig mit dem Kopf, und der Pfarrer, einnoch junger Mann, glühte im Gesicht beinahe ebensosehr wie seine verschämte Beichttochter. - Erwird in seinem heiligen Eifer immer hitziger und versucht alles mögliche, was der Geliebte nur mitihr getan haben konnte, und da sie fortwährend beharrlich schüttelt, so schreitet er sogar zum alleräußersten,in der vollen Überzeugung, daß er nun das Richtige getroffen habe. Aber wie groß istsein Erstaunen, als er auf seine Frage ein abermaliges Kopfschütteln als Antwort erhielt. - "Nun, inSatans Namen", bricht er los, "was hast du denn mit ihm gemacht?" - "Ach, Herr Pfarrer, - - ichhabe - ihn krankgemacht!" - Ich überlasse es den Lesern, sich das Gesicht des guten Pfaffen auszu-
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dem diese sie dazu gebrauchten, den
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56Jupiters Hofstaat bildeten, und w
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