50Die Tiere hatte er sehr lieb und nannte sie seine Brüder und Schwestern. Gar oft predigte er denGänsen, Enten und Hühnern, und als ihn einst die Schwalben und Sperlinge durch ihr Gezwitscherstörten, bat er die "lieben Schwestern" um Ruhe. Einen Bauer, der zwei Lämmer zu Markte trug,fragte er: "Weshalb quälst du so meine Brüder?" - Eine Laus, die sich auf seine Kutte verirrt hatte,nahm er sorgfältig zwischen die Finger, küßte sie und sagte: "Liebe Schwester Laus, lobe mit mirden Herrn!" Dann setzte er sie auf seinen Kopf, woher sie gekommen war.Seinen Körper nannte er "Bruder Esel", und wenn diesen Esel der Hafer stach, dann plagte er ihnwacker. Er wälzte sich, wie es auch St. Benedikt tat, nackt auf Dornen, stieg bis an den Hals in gefroreneTeiche oder legte sich in den Schnee, bis jede wollüstige, eselhafte Regung verschwundenwar. Einst machte er sich in spaßhafter Laune Weib und Kinder <strong>von</strong> Schnee und umarmte sie solange inbrünstig, bis sie zerschmolzen waren.Sein Orden mehrte sich außerordentlich schnell, denn schon iln Jahre 1216, als er ein Generalkapiteldesselben nach Assisi -ausschrieb, kamen hier 5 000 Franziskaner zusammen, obgleich ein großerTeil da<strong>von</strong> nur Abgeordnete <strong>von</strong> Klöstern waren. ihre Zahl wuchs bald wie Sand am Meer. DerFranziskanergeneral bot einst dem Papst Pius III. 40 000 Franziskaner zum Türkenkriege an undversicherte, daß die geistlichen Verrichtungen darunter nicht leiden sollten. Während der Pest 1348starben allein in Deutschland 6 000 Franziskaner, und man merkte die Verminderung nicht.Die Reformation zerstörte unendlich viele ihrer Klöster, allein noch im Anfang des vorigen Jahrhundertsrechnete man die Zahl derselben auf 7 000 Mönchs- und 900 Nonnenklöster!Franz starb 1226, und da er ein Heiliger war, so tat er denn selbstverständlich auch eine Menge <strong>von</strong>Wundern. Jesu Wunder verschwinden vor denen, welche seine Mönche <strong>von</strong> ihm berichten.Einst zog er sich in die Apenninen zurück und hungerte hier vierzig Tage lang. Da erschien ihm einSeraph, der ihm die fünf Wundenmale Jesu aufdrückte, so daß sie bluteten. Von daher hieß Franzauch der seraphische Vater und sein Orden der Seraphienorden. Die Verehrer dieses Heiligen gingenso weit, ihn wirklich weit über Jesus zu setzen und ihm die tollsten und verrücktesten Wunderzuzuschreiben.Franzens Nachfolger als Ordensgeneral war der Bruder Elias, ein schlauer, durchtriebener Patron,der sich die Einfalt Franzens trefflich zunutze zu machen wußte. Er und seine Nachfolger verstandenes herrlich, Franzens Ordensregeln aus zulegen, und dabei wurden ihre Klöster so reich wiekeine anderen. Die geschworenen Feinde und Widersacher der Franziskaner waren die ungefähr umdieselbe Zeit entstehenden Dominikaner, so benannt nach ihrem Stifter, dem heiligen Dominikus. Erhieß Dominikus Guzman und war 1170 in Altkastilien geboren. Er ward zur Bekehrung der Waldensernach Frankreich geschickt und bekam hier den Gedanken, einen Mönchsorden zu stiften,dessen Wirksamkeit besonders auf das Volk berechnet sein und der sich mit Predigten und Unterrichtgebenund zu seinem Unterhalt mit dem einträglichen Betteln abgeben sollte. Er erhielt vomPapste die Bestätigung, und dieser scheußliche Orden trat ins Leben, um die Welt mit der Inquisitionund der Zensur der Bücher zu beglücken. Dominikus selbst war der erste, welcher förmlicheKetzerjagden anstellte.Er wollte seinen Orden mit dem des heiligen Franz vereinigen; aber dieser hatte keine Lust dazu.Beide Orden standen sich indessen anfangs bei; aber bald gerieten sie aus Handwerksneid in bittersteFeindschaft; auch wollten die gebildeten Dominikaner stets etwas Besseres sein als die Franziskaner,<strong>von</strong> denen durchaus keine Gelehrsamkeit gefordert wurde. Der Dominikanerorden wuchsebenfalls schnell, und 1494 gab es 4 143 Klöster desselben.St. Dominikus verdankt die Klosterwelt eine große Erfindung, nämlich neunerlei Stellungen beimGebet, mit denen man zur Unterhaltung abwechseln konnte, damit die Sache nicht zu langweiligwurde. Man konnte beten: stehend, kniend, auf dem Rücken, dem Bauch, den Seiten liegend, die
51Arme ins Kreuz ausgestreckt, gekrümmt stehend, bald kniend, bald aufspringend. Er selbst beteteso inbrünstig, daß er <strong>von</strong> der Erde verzückt wurde, das heißt einige Fuß hoch vom Boden in der Luftschwebte. Er starb 1221 zu Bologna. Von seinen überirdischen Taten, nämlich seinen Wundern,wollen wir schweigen, wir haben genug an seinen irdischen. Fliehen wir aus der Gesellschaft diesesbleichen Henkerknechtes! Und wessen Christentum es erlaubt, der mag dem Vater der Inquisitionaus vollem Herzen einen Fluch nachrufen, ich stimme <strong>von</strong> ganzer Seele ein!Ich hoffe, die Leser werden bereits genug haben an dem Unsinn, den ich ihnen nach den Berichtender Kirchenschriftsteller <strong>von</strong> den achtungswertesten der Heiligen erzählte, und ich will ihre Geduldjetzt nicht weiter auf die Probe stellen, da ich ohnehin später noch diesen oder jenen Heiligen erwähnenmuß. Wäre ich nur darauf ausgegangen, die Heiligen und ihre Wunder lächerlich zu machen,dann hätte ich eine ganz andere Auswahl getroffen, dann hätte ich St. Antonius <strong>von</strong> Padua,welchen der heilige Franz selbst ein "Rindvieh" nannte, und Konsorten gewiß nicht ausgelassen.Schließlich will ich nur noch einige heilige Frauen erwähnen; ihre Zahl ist nicht weniger groß alsdie der männlichen Heiligen, und ihre Schwärmereien und Wunder sind noch bei weitem wunderbarer.Es ist hier nicht der Ort, die Ursachen auseinanderzusetzen, warum das weibliche Geschlechtweit mehr zur Schwärmerei geneigt ist als das männliche und der Verstand der Weiber leichterüberschnappt. Die Erfahrung lehrt es uns täglich. Von somnambulen Männern habe ich noch nichtsgehört, aber dergleichen Mädchen - nicht Frauen - gibt es in großer Menge. Eine große Zahl derheiligen Mädchen waren ganz sicher Somnambulen.Eine der ältesten Heiligen ist St. Afra. Ihre Mutter hielt ein Bordell in Augsburg, und sie war darineine der fungierenden Priesterinnen. Der Zufall, natürlich, führte einst den spanischen Bischof Narzissusin dies Haus. Er bekehrte die Priesterinnen der Venus zum Christentum, und Afra, mit der ersich am meisten beschäftigte, machte er zur Heiligen. Sie wurde später als Märtyrerin verbrannt.Die heilige Therese war eine Spanierin aus adeliger Familie, geboren 1515 und gestorben 1582. IhreVerehrer gaben ihr die seltsamsten Titel: Arche der Weisheit, himmlische Amazone, Balsamgarten,Orgel und Kabinettssekretär des Heiligen Geistes usw. Schon als Kind wurde sie <strong>von</strong> der Schwärmereiergriffen und wollte nach Afrika gehen, um dort den Märtyrertod zu finden. Endlich, als siesiebzehn Jahre alt war, hielten es die Eltern nicht mehr aus und brachten sie in das Karmeliterklosterzu Avila. Sie hatte nun bald Erscheinungen aller Art, und als ihr gar einst eine Hostie aus derHand des Bischofs <strong>von</strong> selbst in den Mund flog, da war die Heilige fertig. Sie ward endlich Äbtissineines eigenen Klosters zu Pastrana, und nun konnte sie ihrer Heiligkeit freien Lauf lassen.Jesus war <strong>von</strong> ihrer Heiligkeit so entzückt, daß er ihr einst die Hand reichte und sie zu seiner Brautweihte, indem er sagte: "Von nun an bin ich ganz dein und du ganz mein." Einst erschien ihr einSeraph, der sie mit einem "glühenden Pfeil" einigemal tupfte; aber der Schmerz war so süß, daß siewünschte, ewig so getupft zu werden. Die Spanier feiern noch heute dies Fest der Bepfeilung am27. August. Die Nonnen der heiligen Therese mußten barfuß gehen und sich die strengste Zuchtgefallen lassen. Der blindeste Gehorsam war ihnen Gesetz, und die geringste Abweichung da<strong>von</strong>wurde furchtbar bestraft. Eine Nonne, die über schlechtes Brot eine verdrießliche Miene machte,wurde nackend an die Eselskrippe gebunden und mußte hier zehn Tage lang Hafer und Heu fressen!Solche barbarische Strenge hatte denn auch zur Folge, daß jeder ihrer Befehle auf das pünktlichstebefolgt wurde. Eine Nonne fragte sie einst, wer heute die Abendmette singen solle. Die Heilige warverdrießlich und antwortete "Die Katze." Die Nonne nahm also die Katze, ging damit an den Altarund zwickte sie in den Schwanz, so daß das arme Tier in den erbärmlichsten Liedern das Christentumanklagte.Selbstquälerei war in diesem Kloster an der Tagesordnung. Theresens Nonnen verbrauchten eineUnmasse <strong>von</strong> Ruten. Sie schliefen auf Dornen oder im Schnee, tranken aus Spucknäpfen, nahmentote Mäuse und anderes ekelhaftes Zeug in den Mund, tranken Blut, tauchten ihr Brot in faule Eierund durchstachen sich die Zunge mit Nadeln, wenn sie das Schweigen gebrochen hatten.
- Seite 2 und 3: 2InhaltAus der Vorrede zur ersten A
- Seite 4 und 5: Entfernte Textstelle:4Überall renn
- Seite 6 und 7: 6bens. Kardinal Johann, ein Englän
- Seite 8 und 9: 8Sind Regierungen so verblendet, da
- Seite 10 und 11: 10Einige wohlmeinende Freunde sprac
- Seite 12 und 13: 12Für die gebildeten Klassen der G
- Seite 14 und 15: Auch der Wechsel der Jahreszeiten m
- Seite 16 und 17: dem diese sie dazu gebrauchten, den
- Seite 18 und 19: 18ausgeglichen werden kann und sehe
- Seite 20 und 21: Eigentliche Wunder, das heißt Ding
- Seite 22 und 23: andere Körper; denn wenn auch das
- Seite 24 und 25: deter der Verstand eines Menschen i
- Seite 26 und 27: 26Katholische Priester, welche von
- Seite 28 und 29: 28anerkannt werden, so mußte er Ha
- Seite 30 und 31: 30Wenn wir als wahr annehmen, daß
- Seite 32 und 33: 32daß sich die Götter unter die M
- Seite 34 und 35: 34zerstreut und mit ihnen die Chris
- Seite 36 und 37: genügen, nur in leichten Umrissen
- Seite 38 und 39: 38häupter derselben; sie beriefen
- Seite 40 und 41: 40Der Übergang zu dem Gedanken, da
- Seite 42 und 43: daß überall Geschwüre hervorbrac
- Seite 44 und 45: 44Die ganze Gegend, in welcher ein
- Seite 46 und 47: Zeit in der syrischen Wüste und sc
- Seite 48 und 49: St. Adalbert, der sogenannte Aposte
- Seite 52 und 53: 52Eine höchst merkwürdige Antipat
- Seite 54 und 55: 54Ärger konnten die Pfaffen die ch
- Seite 56 und 57: 56Jupiters Hofstaat bildeten, und w
- Seite 58 und 59: der Nachgeburt genossen hätten! -
- Seite 60 und 61: 60kuriose Spielereien und Abwege, s
- Seite 62 und 63: 62Schachtel; eine Flasche voll ägy
- Seite 64 und 65: 64ziemlich ernsthaft den Pater Guar
- Seite 66 und 67: jemals bezahlt wurde. - Der Papst u
- Seite 68 und 69: 68Es ist ordentlich spaßhaft zu se
- Seite 70 und 71: 70Leo X. fand es vorteilhaft, den A
- Seite 72 und 73: 72Er blieb bei dem "Gotteskasten" s
- Seite 74 und 75: Die Statthalterei Gottes in Rom74"A
- Seite 76 und 77: 76Stolz, Herrschsucht und Geldgier
- Seite 78 und 79: 78Völker ließen sich von diesen e
- Seite 80 und 81: 80Selbst im Abendland, wo doch der
- Seite 82 und 83: 82Martinus wagte es, den Befehlen d
- Seite 84 und 85: sondern begleitete ihn selbst zu Fu
- Seite 86 und 87: 86fällt? Wir kennen dich nicht und
- Seite 88 und 89: 88Der Strom der päpstlichen Nichts
- Seite 90 und 91: 90Man erzählt nämlich, daß zwisc
- Seite 92 und 93: auf den Mund küssen, und keiner du
- Seite 94 und 95: 94Feindin, aber barmherziger war, u
- Seite 96 und 97: ich in meinem Königreiche vor eine
- Seite 98 und 99: 98Innozenz IV. verlieh den Kardinä
- Seite 100 und 101:
100Bonifaz VIII. ist derjenige Paps
- Seite 102 und 103:
102wenn ich die Schandtaten und Ver
- Seite 104 und 105:
sich bereits seinen Bruder Dschem e
- Seite 106 und 107:
106vieren zwischen den Leuchtern du
- Seite 108 und 109:
108verstehe". Hadrian war ein hölz
- Seite 110 und 111:
110Wenn es heutzutage ein Schriftst
- Seite 112 und 113:
112Als aber der Bericht endlich fer
- Seite 114 und 115:
machen; ihr habt einen dazu gemacht
- Seite 116 und 117:
116Der erste Papst im 17. Jahrhunde
- Seite 118 und 119:
118Nachdem er einst dem Herzog von
- Seite 120 und 121:
120Kaiser Joseph II. machte mit dem
- Seite 122 und 123:
122Mit Zittern und Zagen ging Pius
- Seite 124 und 125:
124Die Unzufriedenheit im Kirchenst
- Seite 126 und 127:
126Reichstag ausgesprochene teilwei
- Seite 128 und 129:
128Teil der Geistlichen, die ich ha
- Seite 130 und 131:
verkennbaren Einfluß. Ein Unverhei
- Seite 132 und 133:
schwingen. - Der Irrtum lag in der
- Seite 134 und 135:
134ständig als Muster auf und erz
- Seite 136 und 137:
hinweg: Ich verdamme nicht das Heir
- Seite 138 und 139:
138ne Wut meine Seele ängstigte, d
- Seite 140 und 141:
140bezahlen oder unter die Armen ve
- Seite 142 und 143:
142vorzuheben. Doch treffe die Wahl
- Seite 144 und 145:
144Mehrere Anhänger Gregors, welch
- Seite 146 und 147:
146Im Jahre 1409 wurden zu Augsburg
- Seite 148 und 149:
148des Fleisches ihre Köchinnen un
- Seite 150 und 151:
150müsse man annehmen, daß er sie
- Seite 152 und 153:
152Zur Zeit der Reformation kamen u
- Seite 154 und 155:
154den! Durch die Reformation und d
- Seite 156 und 157:
156er dieser Freude einen Mönch op
- Seite 158 und 159:
158Von den unendlich vielen Beispie
- Seite 160 und 161:
Steh'n, heilige Liebe, hier alle di
- Seite 162 und 163:
162dem Hund sein Schwanzerl? Dem Hu
- Seite 164 und 165:
164Wehe dem Unglücklichen, der es
- Seite 166 und 167:
166behandeln müssen, da er in der
- Seite 168 und 169:
Rindvieh der Urheber der Geißelpro
- Seite 170 und 171:
170Die beschuhten oder graduierten
- Seite 172 und 173:
172Die in den Klöstern herrschende
- Seite 174 und 175:
174Andere, die nicht so schwärmeri
- Seite 176 und 177:
176Sein Vorgänger habe die Krankhe
- Seite 178 und 179:
178Der Hausfreund Baumanns war der
- Seite 180 und 181:
Disziplin. Doch damit war es noch n
- Seite 182 und 183:
182Allein P. Raimund tobte und verb
- Seite 184 und 185:
184müssen sie die Grundsätze lock
- Seite 186 und 187:
186Der Pater wäre zur öffentliche
- Seite 188 und 189:
188den Evangelien findet, denn die
- Seite 190 und 191:
190Schon im Jahre 428 hatte Papst C
- Seite 192 und 193:
192malen. -Auf solche Weise verfuhr
- Seite 194 und 195:
es möglich sei, im ehelichen Stand
- Seite 196 und 197:
196Nach einer mehrwöchigen Vorbere
- Seite 198 und 199:
198Die vielen Reden von fleischlich
- Seite 200 und 201:
200Cornelius opponierte und drohte
- Seite 202 und 203:
202Katharina war längere Zeit kran
- Seite 204 und 205:
204Durch die Unvorsichtigkeit einer
- Seite 206 und 207:
wurde bestimmt, das Fräulein zu ih
- Seite 208:
ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu