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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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102wenn ich die Schandtaten und Verbrechen dieser verschiedenen Gegenpäpste berichten sollte.Man durchwandere einen Bagno oder irgendein Zuchthaus und lasse sich <strong>von</strong> jedem der Sträflingeerzählen, welche Verbrechen er begangen hat, so wird man doch ein nur unvollkommenes Verzeichnisder Verbrechen haben, welche <strong>von</strong> den Päpsten dieser Periode begangen wurden.Das böse Beispiel der Päpste und überhaupt der Geistlichkeit hatte die übelsten Folgen. Von derZügellosigkeit, welche damals unter dem Volke, namentlich aber unter den höheren Ständenherrschte, hat man heutzutage kaum einen Begriff so sehr man auch über die Sittenverderbnis derjetzigen Zeit klagt. Alle Gesetze der Moral und der Sitte waren durch die Liederlichkeit der Pfaffenaufgelöst. Die Notwendigkeit einer Beendigung dieses Zustandes wurde <strong>von</strong> allen gefühlt, in denennoch das Gefühl für das Gute lebte, und man kam dahin überein, auf einem großen Konzil vorerstdie Ordnung in der Kirche wiederherzustellen.Dies Konzil wurde 1414 zu Konstanz gehalten und ist eines der glänzendsten, die jemals stattgefundenhaben. Man sah auf demselben nächst einem Papste und dem Kaiser alle Kurfürsten, 153 Fürsten,132 Grafen, über 700 Freiherrn und Ritter, 4 Patriarchen, 29 Kardinäle, 47 Erzbischöfe, 160Bischöfe, über 200 Äbte, ein Heer <strong>von</strong> Mönchen, Geistlichen jeder Art und Rechtsgelehrten und -die gewöhnliche Begleitung des päpstlichen Hofes, gegen 1000 öffentliche Dirnen, die privatimunterhaltenen und heimlichen gar nicht mitgerechnet.Drei Päpste stritten sich um die Tiara: Johann XXIII., ein Gregor und ein Benedikt. Johann wardreist genug, auf dem Konzil zu erscheinen, allein als man ernstlich daran ging, seinen Lebenslaufzu mustern, hielt der Heilige Vater es für geratener, als Postknecht verkleidet, mit Hilfe des HerzogsFriedrich <strong>von</strong> Tirol zu entfliehen.Man hatte seine Verbrechen in 70 Artikeln zusammengefaßt und gab sie dem Heiligen Vater zurDurchsicht. Er äußerte aber kein Verlangen, sein Sündenregister zu lesen und versuchte lieber dasKonzil durch seine Flucht zu sprengen, was aber mißlang. Johanns Taten wurden öffentlich verlesen,das heißt nur 54 Artikel da<strong>von</strong>, da man sich schämte, die anderen vor aller Welt auszusprechen.37 Zeugen bewiesen, daß Johann nicht nur Hurerei, Ehebruch, Blutschande, Sodomiterei, Simonie,Freigeisterei, Räuberei und Mord verschuldet, sondern auch 300 Nonnen verführt oder genotzüchtigtund sie dann zum Lohn zu Abtissinnen und Priorinnen gemacht habe.Sein eigener Sekretär, Niem, erzählt, daß der Papst zu Bologna einen Harem <strong>von</strong> 200 Mädchen unterhaltenhabe. Auch beschuldigt man Johann, seinen Vorgänger Clemens V. vergiftet zu haben.Johann wurde abgesetzt. Gregor dankte freiwillig ab; aber der alte Benedikt spielte in einem WinkelSpaniens, wohin er geflohen war, den Vizegott; allein niemand kehrte sich an seine Bannflüche.Endlich ließ der neuerwählte Papst, Martin V., den neunzigjährigen Benedikt vermittels Gift ausdem Wege räumen.Unbegreiflich ist es, wie dieser in Wollust aller Art sich wälzende Heilige Vater ein so hohes Altererreichen konnte. Berühmte Kanzelprediger predigten öffentlich gegen sein abscheuliches Leben,und einer derselben sagte: "J'aime mieux baiser le derrière d'une vielle maquerelle, qui aurait leshemmoroîdes, que la bouche de ce Pape là!"Das Konzil <strong>von</strong> Konstanz verurteilte Johann Hus und Hieronymus <strong>von</strong> Prag als Ketzer zum Feuertodeund verursachte dadurch blutige Kriege; aber der Zweck des Konzils, eine Reformation anHaupt und Gliedern der Kirche, wurde nicht erreicht.Im Jahre 1418 gingen die Herren Reformatoren auseinander. Die Stadt Konstanz hatte vier Jahrelang einen schönen Verdienst durch die 100 000 Fremden mit 40 000 Pferden, die sie so lange beherbergenmußte. Für ihr gutes Verhalten erhielt die Bürgerschaft vom Kaiser unschätzbare Belohnungen,die ihn nichts kosteten, nämlich das Recht, eine vierzehntägige Messe zu halten, mit rotem

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