auf den Mund küssen, und keiner durfte ein Einkommen unter 4 000 Skudi haben. Der Posteneines Kardinals ist einer der bequemsten in der ganzen Christenheit.92Gregor VII. (1073-85) war der Sohn eines Handwerkers und heißt eigentlich Hildebrand. Er warnur klein <strong>von</strong> Körper, aber der größte und kräftigste Geist, der je auf dem Päpstlichen Stuhl gesessen.Sein Zeitgenosse, der Kardinal Damiani, nannte ihn einen heiligen Satan, und die später reformiertenSchriftsteller titulierten ihn nie anders als Höllenbrand.Schon als Kardinal beherrschte er unter den ihm vorhergehenden Päpsten den "ApostolischenStuhl" und wußte es durch Intrigen und Heuchelei dahin zu bringen, daß man ihn selbst auf denselbenerhob und daß Kaiser Heinrich IV., trotz aller Warnungen gutgesinnter Bischöfe, ihn bestätigte.Dieser Grobschmiedesohn Hildebrand schmiedete die Kette, unter welcher die Welt seit achthundertJahren seufzt. Er ist der eigentliche Begründer des Papsttums. Unablässig trachtete er danach,seine Idee <strong>von</strong> einer Universalmonarchie zu verwirklichen, und seinem echt pfäffischen Genie,welches kein Mittel verschmähte, gelang es auch.Kaum war er Papst, so behauptete er: die ganze Welt sei ein Leben des Päpstlichen Stuhls. MehrereFürsten waren so töricht, dieser Ansicht beizupflichten und ihre Reiche <strong>von</strong> ihm zu Lehen zu nehmen.Diejenigen Fürsten, bei denen all seine nichtswürdigen Künste und Lügen nichts fruchteten,tat er in den Bann, und ich habe oben gezeigt, was ein solcher Bann damals zu bedeuten hatte. Einexkommunizierter König war nach Gregors Grundsatz seiner Macht und Würde entsetzt, und alleUntertanen waren ihres Eides und Gehorsams entbunden. Da man sich bereits daran gewöhnt hatte,den Papst als den Statthalter Gottes zu betrachten, so wurde es ihm nicht schwer, bei der verdummtenMenschheit seinen Anmaßungen Geltung zu verschaffen.Zur Ausführung seiner ehrgeizigen Pläne hielt es Gregor für nötig, die Geistlichkeit <strong>von</strong> allen Bandenzu trennen, durch welche sie mit der bürgerlichen Gesellschaft und mit dem Staate verbundenwar; sie sollte kein anderes Interesse als das der Kirche haben und dieser mit Leib und Seele angehören.Da Familienbande die fesselndsten und einflußreichsten Bande <strong>von</strong> allen sind, so unternahmer es, um jeden Preis die Ehe bei Geistlichen auszurotten.Gregor VII. ist der Urheber der erzwungenen Ehelosigkeit der Priester oder des Zölibats.Wer die Süßigkeit und den Segen des Familienlebens kennt kann sich wohl vorstellen, daß dieGeistlichen dem Papste hierin den größten Widerstand leisteten. Der Kampf der Priester um ihreWeiber dauerte zwei Jahrhunderte, endlich unterlagen sie. In der Folge werde ich mich weitläufigerüber diesen Kampf auslassen, bei welchem der dumme Fanatismus der Völker die Päpste mächtigunterstützte, wie auch über die verderblichen Folgen, welche das Zölibat für die menschliche Gesellschafthatte.Ein anderer Schritt, den Gregor zur Erreichung seines Zweckes tat, war die Vernichtung des Investiturrechtes.Die höhere Geistlichkeit war <strong>von</strong> den Fürsten mit Reichtümern überschüttet, mit Land und Leutenbegabt und mit fürstlichen Ehren und Rechten versehen worden; allein Erzbischöfe, Bischöfe undÄbte waren Vasallen des Reichs. Als solche übergaben ihnen die Fürsten bei der Belehnung einenRing zum Zeichen der Vermählung des Bischofs mit der Kirche, und einen Hirtenstab, als Zeichendes geistlichen Hirtenamts. Der Geistliche wurde nicht eher in den Genuß seiner Würde eingesetzt,bis diese Zeremonie stattgefunden hatte, welche die Investitur genannt wurde. Sie war das Band,durch welches die Bischöfe mit dem Landesfürsten zusammenhingen. Dieses Band wollte Gregorlösen, um der weltlichen Macht alle Gewalt über die Kirche und deren Diener zu entziehen. Aufeiner Synode (1075) erließ er ein Dekret, welches allen Geistlichen bei Strafe des Verlustes ihrer
Ämter verbot, die Investitur aus der Hand eines Laien, das heißt Nichtgeistlichen, zu empfangen,und welches den Laien untersagt, dieselbe bei Strafe des Bannes zu erteilen.Die Fürsten waren erstaunt über die neue Anmaßung des hochmütigen Pfaffen und kehrten sichnicht an seine Befehle. Gregor wußte jedoch sehr wohl, was er wagen konnte, er mühte sich nichtmit den kleineren Fürsten ab; er wollte ihnen seine Macht zeigen, indem er sie gegen den angesehenstenunter ihnen, gegen den Kaiser, richtete.Heinrich IV. hatte in Deutschland unter den Mächtigen viele Gegner. Gregor schürte die Streitigkeitenmit denselben und machte die Sache der Feinde des Kaisers zu der seinigen. Endlich hatte er dieFrechheit, den Kaiser nach Rom zu zitieren, damit er sich vor ihm verantworte!Heinrich, dessen Vater noch drei Päpste abgesetzt hatte, war empört über diese Unverschämtheitund berief eine Synode nach Worms, <strong>von</strong> welcher Gregor einstimmig in den Bann getan und abgesetztwurde.Während dies in Worms geschah, sprang auch in Rom eine Mine gegen Gregor. Eine Menge Gebanntervereinigte sich, überfiel ihn in der Kirche, als er gerade Hochamt hielt, und schleppte ihnbei den Haaren ins Gefängnis; der verblendete Pöbel in Rom setzte ihn wieder in Freiheit.Gregor lechzte nach Rache. Die Absetzungsdekrete beantwortete er damit, daß er Heinrich IV. undalle seine Anhänger in den Bann tat, die Untertanen ihres Eides entband und den Kaiser absetzte!Zugleich überschwemmten Mönche, die bereitwilligen Handlanger der Päpste, ganz Deutschlandund bearbeiteten das Volk.Zuerst schrie man hier fast einstimmig gegen den verwegenen Papst, denn im Schreien waren dieDeutschen schon damals groß, aber Heinrichs Gegner handelten. Durch Hildebrands Intrigen verführt,fielen allmählich die Anhänger des Kaisers <strong>von</strong> demselben ab, nur Herzog Gottfried <strong>von</strong>Lothringen blieb ihm treu; Gregor schaffte ihn durch Meuchelmord aus dem Wege.Die erbärmlichen deutschen Fürsten versammelten sich zu Tibur und erklärten hier dem Kaiser:"daß sein Reich zu Ende sei, wenn er sich nicht innerhalb eines Jahres vom Banne befreie!"Niedergedrückt <strong>von</strong> dem finsteren Geist seiner Zeit, <strong>von</strong> aller Welt verlassen - nur wenige Soldatenwaren noch bei ihm -, entschloß sich der deutsche Kaiser, nach Rom zu gehen und den durch dieDummheit der Menschen so furchtbar gewordenen Gegner zu versöhnen. - In der strengen Kälte, ineinem armseligen Aufzuge ging er über die Alpen. Die Italiener strömten ihm zu und verlangten, ersolle an der Spitze eines Heeres den rebellischen Großpfaffen zur Rede stellen, aber die Niederträchtigkeitder Deutschen hatte den Mut und das Herz des ohnehin schwachen Kaisers gebrochen.Er wollte demütig <strong>von</strong> Gregor Gnade erflehen.Dieser ließ sich nichts weniger träumen als das. Er war auf einer Reise nach Augsburg begriffenund bereits nach der Lombardei gekommen. Als er die Ankunft des Kaisers vernahm, floh er eiligstnach dem festen Schlosse Kanossa, welches seiner Buhlerin, der reichen Markgräfin Mathilde <strong>von</strong>Toskana, gehörte.Hier erschien der deutsche Kaiser. In einem wollenen Büßerhemde, bloßen Hauptes, barfuß stand erin dem Raum vor der inneren Ringmauer des Schlosses - drei Tage und drei Nächte lang, mitten imJanuar, zitternd vor Frost und matt vor Hunger und Durst!Aus den Fenstern des Schlosses schaute Gregor an der Seite seiner Buhlerin auf seinen gedemütigtenFeind herab und hätte ihn gern so sterben sehen. Des Papstes unmenschliche Härte brachte alleHausgenossen zum Murren, und endlich gab er den Bitten der Markgräfin nach, die zwar Heinrichs93
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dem diese sie dazu gebrauchten, den
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genügen, nur in leichten Umrissen
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wurde bestimmt, das Fräulein zu ih
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ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu