sich bereits seinen Bruder Dschem erbeten habe, um ihn an die Spitze des Unternehmens zustellen. Zugleich erbat sich Alexander die fälligen 40 000 Dukaten.104Der wirklich besorgte Sultan schickte gleich 50 000 und schrieb an den "ehrwürdigen Vater allerChristen", so nannte er Alexander, einen sehr freundschaftlichen Brief, in welchem er ihn aufmuntert,"seinen Bruder sobald als möglich <strong>von</strong> dem Elend dieser Welt zu befreien und ihm zu einemglücklichen Leben zu verhelfen". Wenn der Papst diese seine Bitte erfüllen wolle, so verspreche erihm feierlich und eidlich 300 000 Dukaten, die kostbare Reliquie des Leibrocks Jesu und ewigeFreundschaft.Alexander wollte aber noch mehr Nutzen aus dem Heiden ziehen, der in seinem Gewahrsam war; erlieferte ihn Karl VIII. für 20 000 Dukaten aus, aber bereits mit einem Trank im Leibe, der ihn inMohammeds Paradies beförderte. Einer der Geschichtsschreiber sagt: "Er starb an einer Speise odereinem Trank, die ihm nicht gut bekam." - Bajazet war ebenso ehrlich wie der Papst und zahlte mitFreuden das Blutgeld.Alexander erhob seinen ältesten Sohn Franz, Herzog <strong>von</strong> Gandia, den er am liebsten hatte, zumHerzog <strong>von</strong> Benevent. Dies war dessen Tod, denn sein eifersüchtiger Bruder Cäsar ließ ihn ermorden.Man zog den <strong>von</strong> neun Dolchstichen durchbohrten Leichnam aus dem Tiber, und die Römersagten spottend: "Alexander ist der würdigste Nachfolger Petri, denn er fischt aus dem Tiber sogarKinder." - Alexander war über den Tod seines Lieblings außer sich; aber er vergab Cäsar den kleinenMord sehr bald und übertrug auf diesen würdigsten Sprößling all seine väterliche Zärtlichkeit.Um nicht daran gehindert zu sein, durch Heirat zur Macht zu gelangen, verließ der Kardinal CäsarBorgia den geistlichen Stand - ein bis dahin nie vorgekommener Fall -, wurde <strong>von</strong> dem Könige <strong>von</strong>Frankreich zum Herzog <strong>von</strong> Valence in der Dauphiné ernannt und heiratete bald darauf eine Tochterder Königin <strong>von</strong> Navarra.Seine anderen Kinder vergaß der zärtliche Vater aber auch nicht. Lukretia hatte schon viel herumgeheiratet,als sie an Alfons, Herzog <strong>von</strong> Bisceglia, gelangte, der aber ermordet wurde und einemPrinzen <strong>von</strong> Ferrara Platz machen mußte.Die päpstliche Familie führte ein äußerst gemütliches Familienstilleben. Die Brüder und der Vaterschliefen abwechselnd bei der schönen Lukretia, und der letztere hatte die Freude, ihr einen Sohn zuerzeugen, der Roderich genannt wurde und welcher demnach der Bruder seiner Mutter und derSohn und Enkel seines glücklichen Vaters war, der das Wunderkind zum Herzog <strong>von</strong> Sermonatamachte.Die italienischen Fürsten, welche <strong>von</strong> dem Heiligen Vater und seinem Sohn Cäsar auf das schamlosestegeplündert wurden, vereinigten sich gegen diese Ungerechtigkeiten, allein sie wurden fastsämtlich gegen ihre bessere Überzeugung zur Seligkeit befördert. Ein halbes Dutzend <strong>von</strong> ihnenbesorgte Cäsar zur Ruhe und einen andern der Herr Papa.Cäsar würde sich wahrscheinlich unter dem Schutze seines Heiligen Vaters ein ganz artiges Reichzusammengeraubt haben, wenn dieser Musterpapst nicht aus Versehen gestorben wäre. Das gingauf folgende Weise zu. Alexander hatte die Gewohnheit, solche reichen Leute, die er gern beerbenwollte, in die bessere Welt zu befördern, und eins seiner Lieblingsmittel dazu war Gift, welches erhöchst gemütlich "Requiescat in pace" nannte. - Der Kardinal Corneto, ein unchristlich reicherMann, sollte so beruhigt werden und wurde zu diesem Zweck vom Papst zum Abendessen geladen.Durch ein Versehen reichte ein Diener dem Papst den "in der Hölle gewürzten", für den Kardinalbestimmten Wein, und dieser endete am anderen Tage sein heiliges Leben im 72. Lebensjahre. Cäsar,der auch <strong>von</strong> dem vergifteten Wein getrunken, hatte ein volles Jahr daran zu verdauen.
Mit den Schandtaten dieses Papstes könnte man ein ganzes Buch füllen, aber ich will den Lesernnur einige mitteilen.105Von der Macht und der Stellung der Päpste hatte Alexander die höchsten Begriffe, denn er sagte:"Der Papst steht so hoch über dem König wie der Mensch über dem Vieh", und mit der Religion,welche damals die christliche hieß, war er vollkommen zufrieden, denn er äußerte: "Jede Religionist gut, die beste aber - die dümmste", und es würde schwer geworden sein, etwas Dümmeres alsdas Christentum der römischen Kirche jener Zeit aufzufinden. Alexander selbst hatte gar keine Religion.Höchst originell ist eine Unterredung, welche der gelehrte Prinz Piko di Mirandola mit dem Papstenach der Niederkunft der Lukretia mit Roderich hatte. Alexander fragte ihn: "Kleiner Piko, wenhältst du für den Vater meines Enkels?""Nun, Ihren Schwiegersohn!", nämlich den für impotent bekannten Alfons."Wie kannst du das glauben?""Der Glaube, Ew. Heiligkeit, besteht ja darin, Unmögliches zu glauben", und nun kramte der Prinzeine solche Menge geglaubter Unmöglichkeiten aus, daß der Heilige Vater sich beinahe vor Lachenausschüttete."Ja, ja", sagte der Papst, "ich fühle wohl, daß ich nur durch Glauben, nicht aber durch meine Werkeselig werden kann.""Ew. Heiligkeit", antwortete der Prinz, "haben ja die Schlüssel des Himmelreichs; aber ich - wieginge es mir dort, wenn ich bei meiner Tochter geschlafen, mich des Dolches und der Cantarella(Gift) so oft bedient hätte!""Ernsthaft, sage mir", fuhr der Papst fort, "wie kann Gott am Glauben Vergnügen finden? Nennenwir nicht den, der da sagt, er glaube, was er unmöglich glauben kann, einen Lügner?" "GroßerGott!" rief der Prinz und schlug ein Kreuz, "ich glaube, Ew. Heiligkeit sind kein Christ!""Nun, ehrlich gesprochen, ich bin's auch nicht.""Dacht' ich's doch!" sagte der Prinz, und damit endete die seltsamste Unterredung, die wohl je zwischeneinem Papst und einem Laien stattgefunden hat.Die Liederlichkeit Alexanders läßt sich in unserer keuschen Sprache nicht wohl beschreiben; siekommt nur der Cäsar Borgias und seiner Schwester Lukretia gleich. Alle Abarten der Wollust,welche wir Deutschen meistens nicht einmal dem Namen nach kennen und welche <strong>von</strong> den früherenPäpsten einzeln getrieben wurden, dienten diesem Papst gewordenen Priap zur Unterhaltung.Burkhard, der Zeremonienmeister Alexanders VI., hat in seinem Diarium das Leben am päpstlichenHofe geschildert, und die üppigste Phantasie kann nichts erdenken, was hier nicht getrieben wurde.Burkard sagt: "Aus dem apostolischen Palast wurde ein Bordell, und ein weit schandvolleres Bordell,als je ein öffentliches Haus sein kann.""Einst wurde", so erzählt Burkard, "auf dem Zimmer des Herzogs <strong>von</strong> Valence (Cäsar Borgia) imapostolischen Palast eine Abendmahlzeit gegeben, bei welcher auch fünfzig vornehme Kurtisanengegenwärtig waren, die nach Tische mit den Dienern und anderen Anwesenden tanzen mußten, zuerstin ihren Kleidern, dann nackend. Darauf wurden Leuchter mit brennenden Lichtern auf die Erdegesetzt und zwischen denselben Kastanien hingeworfen, welche die nackten Weibsbildet, auf allen
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