54Ärger konnten die Pfaffen die christliche Religion nicht verhöhnen als durch diesen Heiligendienst,der dadurch noch unwürdiger wird, als es schon seiner inneren Natur nach der Fall ist, daßviele dieser Heiligen, wie uns die Geschichte lehrt, die verworfensten, lasterhaftesten Menschen, jageradezu Schufte waren. Selbst die besten waren nicht ganz richtig im Kopf und entweder Schwärmeroder Wahnsinnige. Es gibt noch heute eine Menge solcher Heiliger unter Protestanten und Katholiken,nur daß man sie nicht mehr anbetet, sondern in Narrenhäuser sperrt.Carl Julius Weber, einer unserer geistreichsten Schriftsteller, charakterisierte diese Heiligen derb,aber richtig. Er sagt: "Bei weiblichen Mystikern sitzt der Jammer gewöhnlich auf dem Fleckchen,das man nicht gerne nennt, und bei den männlichen hat den Fleck Hudribas getroffen. -So wie ein Wind in Darm gepreßtEin - wird, wenn er niederbläst,Sobald er aber aufwärts steigt,Neu Licht und Offenbarung zeugt."ReliquienverehrungDie Welt hat es erfahren,daß einst der Glaub' in Priesterhandmehr Böses tat in tausend Jahren,als in sechstausend der Verstand."Geld ist Macht." Das erkennt niemand besser als die römische Kirche, die nach beiden und durchdas eine zum anderen strebt.Als die einträglichsten Betrügereien derselben erwiesen sich der Handel mit Reliquien und mit"Ablaß", ein Handel, welcher Jahrhunderte durch mit großem Erfolge betrieben wurde und der nochheutzutage keineswegs aufgehört hat. Um ihn aufrechtzuerhalten, wurde der krasseste Aberglaubegeflissentlich auf die gewissenloseste Weise in die Herzen des Volkes gepflanzt und auf die unverschämtesteWeise ausgebeutet.Eine Geschichte des Handels zu schreiben, den die römische Kirche trieb und noch treibt, würdeeine Riesenarbeit sein, welche die Grenzen, die ich mir notwendig setzen muß, weit überschreitenwürde; ich kann nur eine flüchtige Skizze desselben geben, die indessen vollkommen hinreichendsein wird, um den ungeheuren Umfang des Betruges und die Frechheit desselben erkennen zu lassen.Auf menschliche Schwächen und Neigungen verstehen sich die Pfaffen vortrefflich, und dieserKenntnis verdanken sie ihren Reichtum und ihre Macht. Ihnen konnte es nicht entgehen, daß alleMenschen mehr und weniger Reliquiennarren sind, und sie machten diese Narrheit zu einer Goldgrube,die noch heute nicht erschöpft ist.Ich bin überzeugt, daß jeder Mensch irgendeine Reliquie wert hält, sei es die Locke einer Geliebten,eine gestickte Brieftasche oder eine trockene Blume oder ein Band, woran sich angenehme Lindliebe Erinnerungen knüpfen. Ebenso kann man sich eines gewissen Interesses nicht erwehren, wennman Gegenstände sieht, welche <strong>von</strong> bedeutenden historischen Personen einst gebraucht wurden.Sowohl die Griechen als die alten Römer hatten ihre wert gehaltenen Reliquien, und einige da<strong>von</strong>waren fast römisch-katholisch, wie zum Beispiel das Ei der Leda! Das Palladion war ja auch eineReliquie, und noch dazu eine wundertätige, wie auch der vom Himmel gefallene heilige Schild undviele andere. Die Inder führten um einen übermenschlich großen Zahn <strong>von</strong> Buddha blutige Kriege,und die Mohammedaner bewahren Fahne, Waffen, Kleider, den Bart und zwei Zähne ihres Propheten,und so finden wir Reliquien bei jedem Kultus und bei jedem Volke.
55Wir entdecken in der Geschichte der christlichen Kirche keine Spur <strong>von</strong> Reliquienkultus, eheKonstantin Christ wurde. Von diesem wird erzählt, daß er während der Schlacht an der milvischenBrücke am Himmel ein glänzendes Kreuz sah mit der griechischen Überschrift, welche in deutscherÜbersetzung "In diesem siege" heißt. Er ließ nun eine Kreuzfahne machen, der seine meistenschristlichen Soldaten mit Enthusiasmus folgten.Seitdem wurde das Kreuz Mode, und bald fand die Mutter des Kaisers, Helena, das wahre Kreuzauf, an welchem Jesus vor länger als dreihundert Jahren gekreuzigt worden war, wie auch das Grab,in welchem sein Körper bis zur Auferstehung gelegen hatte. Die gleichzeitigen Schriftsteller meldenzwar <strong>von</strong> dieser Entdeckung nichts; sogar der Fabelhans Eusebius, welcher die Reise der KaiserinHelena nach Palästina beschreibt, sagt kein Wort <strong>von</strong> diesem merkwürdigen Funde; aber dieGeschichte ist einmal als wahr angenommen, und die römische Kirche feiert ein eigenes "Kreuzerfindungsfest".Erfunden ist es in der Tat.Der Segen, den Helena entdeckte, war aber zu groß; sie fand nicht allein das Kreuz Christi, sondernauch das der beiden "Schädier". Die Inschrift, die Pilatus zur Verhöhnung der Juden hatte anheftenlassen, fand sich nicht mit vor; wie sollte man nun das heilige Kreuz <strong>von</strong> den beiden anderen unterscheiden?Pfaffen sind aber erfinderisch, und so war man denn auch nicht um eine Auskunft verlegen.Man legte einen Kranken auf eins der Kreuze, und er wurde weit kränker. Man vermutete daher,daß dies wohl das Kreuz des gottlosen Schächers sein müsse, der Jesus verspottete, und legteden Kranken auf ein anderes. Ihm ward um vieles besser, und endlich, als er <strong>von</strong> diesem Kreuze desfrommen Schächers auf das dritte gelegt wurde, stand er sogleich frisch und gesund auf. Das KreuzJesu war gefunden!Man fand nun auch bald die Gräber der Apostel, und ihre Körper sind, glaub' ich, sämtlich vorhanden.Wußte man nicht, wo sie gestorben oder begraben waren, so hatte man göttliche Offenbarungen.Auf diese Weise gelangte man zu den Überresten <strong>von</strong> allen möglichen Märtyrern und Heiligen,die natürlich sämtlich Wunder taten. Solcher Offenbarungen wurden, wie sich <strong>von</strong> selbst versteht,nur Mönche und Geistliche gewürdigt; aber recht frommen Leuten gelang es mit Hilfe der letzterenauch, mit den Heiligen in direkten Verkehr zu treten.Eine fromme Frau zu St. Maurin hatte Johannes den Täufer zu ihrem Lieblingsheiligen ausersehen.Drei Jahre lang bat sie täglich den Heiligen nur um irgendwelches Teilchen <strong>von</strong> seinem Leibe, dener ja doch nicht mehr brauchte, sei es auch, was es sei; - der hartherzige Johannes wollte sich nichterbarmen! Nun wurde die Frau trotzig und schwur, nichts mehr zu essen, bis der Heilige ihre Bitteerhört habe. Sieben Tage hatte sie schon gehungert, da endlich! fand sich auf dem Altar - ein Daumendes Täufers. Drei Bischöfe legten mit großer Andacht diese kostbare Reliquie in Leinwand,und drei Blutstropfen fielen aus dem Daumen heraus, so daß doch für jeden der drei Bischöfe auchnoch etwas abfiel.Wie unendlich schwer ist es uns geworden, die Überreste Schillers und Webers aufzufinden! undbeide starben doch als geachtete und hochverehrte Männer, in ruhiger Zeit und in Staaten, wo jederNeugeborene und jeder Gestorbene in ein besonders darüber geführtes Register eingetragen wird;um so mehr ist es zu bewundern, daß man in jener Zeit noch nach Jahrhunderten nicht allein dieGebeine, sondern auch die Kleidungsstücke <strong>von</strong> Heiligen vorfand, die als Verbrecher hingerichtetund deren Leichen irgendwo eingescharrt wurden. Ja, was noch wunderbarer ist, man fand <strong>von</strong>manchem Heiligen so viele Körperteile, daß man daraus, wenn man sie zusammensetzte, sechs undmehr vollständige Skelette hätte machen können! Der heilige Dionisius existiert zum Beispiel inzwei vollständigen Exemplaren zu St. Denis und zu St. Emmeran, und außerdem werden noch inPrag und in Bamberg Köpfe <strong>von</strong> ihm gezeigt und in München eine Hand. Der Heilige hat also zweivollständige Leiber, fünf Hände und vier Köpfe!Die Christen der ersten Jahrhunderte wußten nichts <strong>von</strong> einer Anbetung der Jungfrau Maria oder derHeiligen, sondern verspotteten vielmehr die Heiden wegen ihrer vielen Untergötter, die gleichsam
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sich bereits seinen Bruder Dschem e
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wurde bestimmt, das Fräulein zu ih
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ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu