176Sein Vorgänger habe die Krankheit für unheilbar erklärt, und zur Wahrung der Ehre des Klostershabe man die Sache geheimgehalten. Seit acht Jahren befinde sich die Nonne Alberta in einembeklagenswerten Zustande. Näheren Aufschluß wollte ihm niemand geben. Der Regierungsbeamtehielt es jedoch für seine Pflicht, der Sache auf den Grund zu gehen, und nach ernstlichen Drohungenließen sich endlich zwei Nonnen dazu bewegen, ihn zu Alberta zu führen.Sie leiteten ihn treppauf treppab durch eine Menge schmaler Gänge in eine Art <strong>von</strong> Hintergebäude,bis sie endlich wieder vor einer Treppe stehenblieben. Der Kommissar wollte hinaufgehen, aber dieNonnen sagten ihm, daß hier die Wohnung der Nonne Alberta sei. Er entdeckte jedoch nichts, wasnur entfernt einem Aufenthaltsort für Menschen ähnlich sah, und war starr vor Erstaunen, als dieNonnen auf einen Breiterverschlag unter der Treppe wiesen, in welchem sich selbst ein Hund elendgefühlt haben würde.Aus diesem Verschlage trat ein großes, bleichgelbes Mädchen <strong>von</strong> etwa fünfunddreißig Jahren hervor,mit bloßen Füßen und mit halbverfaulten Lumpen nur notdürftig bekleidet. Die langen schwarzenHaare flatterten unordentlich um ihren Kopf, und aus ihren tiefen Augenhöhlen blitzte in unheimlicherGlut ein dunkles Augenpaar, dessen Feuer weder Leiden noch Trä-nen hatten erlöschenkönnen.Die ganze Erscheinung erweckte das tiefste Mitleid. Mit herzzerreißendem Gewimmer warf sichdas arme Geschöpf dem Kommissar zu Füßen, umklammerte seine Knie und bat, sie doch nichtwieder so entsetzlich zu geißeln. Als sie aber die teilnehmende Miene des tief erschütterten Mannessah, bat sie um Rettung und Befreiung.Ihre Reden waren abgerissen und verwirrt, und man sah, daß die langen Leiden den Geist dieseskräftigen Mädchens gestört hatten. Sie wurde sogleich in das Refektorium gebracht, wohin sie nurungern folgte, denn der Anblick ihrer weiblichen Henker konnte sie nicht ermutigen. - Der Kommissarbefahl sogleich, daß ihr reinliche Kleidung und ein gutes Bett gegeben würden, und verließam anderen Tage in der heftigsten Entrüstung das Kloster, nachdem er die Nonnen mit den schwerstenStrafen für die geringste Mißhandlung der Alberta bedroht hatte.Bald darauf begab sich der Vizepräsident des damaligen Landeskollegiums, Graf Th . . ., mit demKommissar in das Kloster. Die Lage des armen Mädchens hatte sich aber leider wieder verändertund der Wahnsinn die Oberhand gewonnen.Sie sprach ohne Zusammenhang und gebrauchte eine Menge unflätiger Worte. Die Oberin und dieNonnen konnten ihre hämische Schadenfreude nicht unterdrücken. Der Präsident, der dies bemerkte,hielt den entarteten Weibsbildern eine Predigt, wie sie dieselbe wohl noch niemals <strong>von</strong> einemihrer gefälligen Patres gehört haben mochten und die deshalb auch einen tiefen Eindruck machte.Dann stieg er mit Alberta in einen bereitgehaltenen Mietwagen und brachte sie in zweckmäßigePflege.Diese hatte auch einen guten Erfolg. Die körperliche Gesundheit kam wieder; aber nun zeigte sichan ihr die Hysterie, welche wohl der Hauptgrund ihres Wahnsinns gewesen sein mochte, in einemfurchtbaren Grade; ja, ihre Begierde nach Befriedigung des Geschlechtstriebes ging so weit, daß siedie sich ihr nähernden Männer mit Gewalt anpackte.In den lichten Zwischenräumen gab sie Aufschluß über ihre Geschichte. Sie war aus Würzburg,mitten im schönen Franken, wo ihr Vater ein ziemlich bedeutender Weinhändler war. In seinemHause waren die Pfaffen willkommene Gäste, und besonders hatten sich die barfüßigen Karmeliter,die in der Stadt ein Kloster besaßen, darin eingenistet.Alberta war eine auffallende Schönheit. Wie es aber besonders schönen Mädchen oft zu gehenpflegt, hatte sie keine Neigung zur Häuslichkeit und ließ sich lieber <strong>von</strong> den Herren den Hof ma-
chen. Bald spann sich ein Liebesverhältnis an, welches durch den Reiz des Geheimnisses nochanziehender wurde und damit endete, daß sie ihre Jungfräulichkeit einbüßte.177Ihre Eltern, welche noch mehrere Kinder hatten, waren mit ihr sehr unzufrieden und wären sie gernaus dem Hause los gewesen. Unter solchen Verhältnissen fand der Vorschlag der Karmeliter, Albertain ein Kloster zu schicken, bei ihnen bald Anklang. Alberta, leichtsinnig und bigott dabei, ließsich durch Schmeicheleien und Drohungen bewegen, ihre Einwilligung zu geben, und wurde in einKloster nach N-brg gebracht. Man empfing sie dort freundlich und behandelte sie auch während desProbejahres recht gut, denn ihr Vater hatte versprochen, das seiner Tochter zukommende Vermögenan das Kloster zu zahlen.Als sie aber das Gelübde abgelegt hatte und sich die Auszahlung des versprochenen Geldes verzögerte,ja sogar die Aussicht bevorstand, daß dieselbe niemals geschehen werde, da mußte es Albertabüßen, welche <strong>von</strong> den Nonnen schon wegen ihrer Schönheit und ihrer Abneigung gegen alle weiblichenBeschäftigungen gehaßt wurde.Mit dem Zustand dieses Mädchens ging unterdessen eine traurige Veränderung vor. Das einsameLeben in der Zelle und der Mangel an teilnehmenden Umgebungen waren Veranlassung, daß siefortwährend an ihren Geliebten dachte, <strong>von</strong> welchem sie durch Mönchskniffe getrennt worden war.Die Phantasie verweilt so gern bei vergangenen Freuden, besonders in trauriger Einsamkeit. DiePhantasien nahmen aber bald eine für ihre Gesundheit bedenkliche Richtung. Sie hatte vom Baumeder Erkenntnis gegessen, und die veränderte Lebensweise trug sehr viel dazu bei, ihre Sinnlichkeitaufzuregen.Die Karmeliternonnen dürfen kein Fleisch essen, und ihre Nahrung besteht größtenteils aus starkgewürzten Mehlspeisen und Fischen, welche das Blut erhitzen und der Keuschheit nichts wenigerals zuträglich sind. Alberta suchte ihre rebellischen Sinne durch Mittel zu besänftigen, welche geradedas Gegenteil bewirkten, und wurde dadurch in einen solchen Zustand versetzt, daß sie sich endlichgenötigt sah, sich dem Klosterarzt zu entdecken. Es war dazu fast zu spät, denn die Hysteriehatte sich beinahe zur Mannestollheit (Nymphomanie) ausgebildet.Vielleicht wurden die Andeutungen des höchst achtbaren Arztes mißverstanden; vielleicht reizteauch das Pikante der Sache den Vorstand des männlichen Karrneliterhospiziums, kurz, er und dieOberin kamen dahin überein, daß er versuchen solle, die Nonne -zu kurieren. Er mußte der Oberinaber bald gestehen, daß er dieser Kur nicht gewachsen sei, und riet nun, es mit der Geißel und häufigemFasten zu versuchen.Aber das hieß Öl ins Feuer gießen. Die arme Nonne ging bei diesem Kampf mit ihren Sinnen fastunter, und die Oberin, anstatt aufs neue ärztliche Hilfe herbeizurufen, beschloß, sie <strong>von</strong> allen lebendenWesen zu entfernen, damit der Ruf des Klosters nicht leide. Man brachte sie in den abscheulichenVerschlag unter der Treppe, gab ihr nicht einmal notdürftige Nahrung und Kleidung und ließsie täglich <strong>von</strong> boshaften Nonnen geißeln, so daß durch die schlechte Behandlung, welche sie achtJahre lang zu erdulden hatte, ihre Krankheit in Wahnsinn überging. - Alberta wurde nicht wiedergesund; sie endete ihr Leben in einem Irrenhause.Es ist eine ziemlich bekannte Erfahrung, daß die Weiber im allgemeinen weit grausamer sind alsMänner. Von der Grausamkeit der Nonnen will ich noch anderes, ebenfalls der neueren Zeit angehörigesBeispiel anführen.Der Wundarzt Friedrich Baumann, der in dem Dörfchen Hornstein in der Nähe einer Prämonstratenserabteiwohnte, hatte eine große Vorliebe für die Klöster und dieselbe wurde <strong>von</strong> seiner Fraugeteilt. Aus diesem Grunde beschlossen beide, ihre jüngste Tochter Magdalena "dem Himmel" zuweihen, da die älteste große Geschicklichkeit und Neigung für die Landwirtschaft zeigte.
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38häupter derselben; sie beriefen
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Zeit in der syrischen Wüste und sc
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56Jupiters Hofstaat bildeten, und w
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70Leo X. fand es vorteilhaft, den A
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