60kuriose Spielereien und Abwege, so daß es die Abtissin für ratsam hielt, die Reliquie, deren Wertsie nicht kannte, den Jesuiten zu schenken.Diese entdeckten bald die Kostbarkeit und stifteten eine Brüderschaft zum heiligen Leder, wodurchsie sehr viel Geld verdienten. Nun ging den Nonnen plötzlich ein Licht auf! Sie klagten beim Papst,reklamierten <strong>von</strong> den Jesuiten ihr Heiligtum, und es wurde ihnen auch zugesprochen. Der Jubel derNonnen war groß, aber, o Schreck! die maliziösen Jesuiten hatten den frommen Jungfrauen die ganzeFreude verdorben, indem sie den lieben Heiligen verstümmelt hatten, und zwar auf unverantwortlicheWeise! Er sah nun aus wie der heilige Bernhard, als er seinen Mönchen verklärt erschien.-Die indignierten Jungfrauen wandten sich abermals an den Papst mit der Bitte, daß er den Jesuitenbefehlen möge, ihnen das Fehlende herauszugeben. Der Papst hielt jedoch diesen Mangel, besondersfür ein Nonnenkloster, nicht für erheblich und sandte den Bittenden als Ersatz - zwei geweihteMuskatnüsse! - Man denke sich die Beschämung und den Zorn der guten Nönnchen!Zur Zeit der Kreuzzüge wurde Europa erst recht mit Reliquien überschwemmt. Man brachte ausdem Heiligen Lande Heiligtümer aller Art mit. Eroberte man eine Stadt, so suchte man vor allenDingen erst nach Reliquien, denn sie waren weit kostbarer als Gold und Edelsteine.Ludwig der Heilige, König <strong>von</strong> Frankreich, machte zwei unglückliche Kreuzzüge; aber er tröstetesich über sein Unglück, denn es war ihm gelungen, einige Splitter vom Kreuz, einige Nägel, denSchwamm, den Purpurrock Jesu und die Dornenkrone - um eine ungeheure Summe zu erkaufen.Als diese Heiligtümer ankamen, ging er mit seinem ganzen Hofe denselben barfuß bis Vincennesentgegen!Heinrich der Löwe brachte eine große Menge Reliquien mit nach Braunschweig. Die Krone derselbenaber war ein Daumen des heiligen Markus, für welchen die Venezianer vergebens 100 000 Dukatenboten.Der Glaube an diese Reliquien war ebenso unerhört wie der Preis, der dafür bezahlt wurde. DiePfaffen hätten Engel sein müssen, wenn sie die Dummheit der Menschen nicht benutzt hätten.Die ganze Garderobe Jesu, der Jungfrau Maria, des heiligen Joseph und vieler anderer Heiligen kamzum Vorschein. Man fand die heilige Lanze, mit welcher der römische Ritter Longinus Jesus in dieSeite stach; das Schweißtuch, mit welchem die heilige Veronika Jesus den Schweiß abtrocknete, alser nach Golgatha ging, und in welches er zum Andenken sein Gesicht abdrückte! Von diesem Tuchgab es so viele Stücke, das sie zusammen wohl fünfzig Ellen lang sein mochten. Man fand auch dieSchüssel <strong>von</strong> Smaragd, welche Salomon der Königin <strong>von</strong> Saba schenkte und aus der Jesus sein Osterlammverspeiste. Die Weinkrüge <strong>von</strong> der Hochzeit <strong>von</strong> Kana entdeckte man auch, und in ihnenwar noch Wein enthalten, der nie abnahm. Ursprünglich waren es nur sechs, aber sie vermehrtensich, und man zeigte sie zu Köln und zu Magdeburg. - Splitter vom Kreuz gab es so viel, daß manaus dem dazu verwendeten Holz hätte ein Kriegsschiff bauen können, und Nägel vom Kreuz vieleZentner. Dornen aus der Dornenkrone fanden sich (an jeder Hecke); einige bluteten an jedem Karfreitag.Der Kelch, aus welchem Jesu trank, als er das Abendmahl einsetzte, fand sich auch vor, nebst Brot,welches <strong>von</strong> dieser Mahlzeit übriggeblieben war. Ferner die Würfel, mit welchen die Soldaten umJesu Rock spielten. Solcher ungenähter Röcke zeigte man eine ganze Menge, unter anderm zuTrier, Argenteuil, St. Jago, Rom und Friaul usw. Die größte Wahrscheinlichkeit der Echtheit hat einzu Moskau aufbewahrter, der durch den Soldaten, der ihn gewann, einen Georgier, mit nach Hausegebracht worden sein soll. Die Ausstellung des alten Kleidungsstücks in Trier im Jahre 1845, welchedie ganze gebildete Welt empörte, veranlaßte eine Menge Untersuchungen über diese heiligenRöcke, und es erschienen mehrere darauf bezügliche Broschüren, die noch im Buchhandel zu haben
61und zum Teil sehr interessant sind. Alle diese heiligen Röcke haben eine wohlbezahlte päpstlicheBulle für sich, in denen ihre Echtheit bezeugt ist. Da nur einer echt sein kann, so ist die Bestätigungder Echtheit mehrerer durch den Papst ein geflissentlicher Betrug.Man fand Hemden der Maria, die so groß sind, daß sie einem dicken Mann als Paletot dienen können;einen sehr kostbaren Trauring der Maria, der zu Perusa gezeigt wurde; sehr niedliche Pantöffelchenund ein Paar ungeheuer großer roter, welche sie trug, als sie der heiligen Elisabeth ihrenBesuch machte. Ja, man fand Haare der Heiligen Jungfrau <strong>von</strong> allen möglichen Farben nebst ihrenKämmen. Eine Zahnbürste ist aber nicht entdeckt worden. Dagegen fand sich so viel Milch <strong>von</strong> ihrvor, als schwerlich zwanzig Altenburger Ammen in einem ganzen Jahre produzieren könnten. BlutJesu fand sich bald tropfenweise, bald auf Flaschen gezogen. Etwas da<strong>von</strong>, so erzählt die Legende,hatte Nikodemus, als er Jesus vom Kreuze nahm, gesammelt und damit viele Wunder verrichtet.Aber die Juden verfolgten ihn, und er sah sich genötigt, das heilige Blut in einen Vogelschnabel (!)zu verbergen und nebst schriftlicher Nachricht ins Meer zu werfen. An der Küste der Normandie,man kann denken nach welchen Irrfahrten, schwamm dieser Schnabel ans Land. Eine in der Nähejagende Gesellschaft vermißte plötzlich Hunde und Hirsch. Man forschte nach und fand sie - sämtlichkniend vor dem wundervollen Schnabel. Der Herzog <strong>von</strong> der Normandie ließ sogleich auf derStelle ein Kloster bauen, welches Bec (Schnabel) genannt wurde und welchem das heilige Blut Millioneneintrug.Windeln Jesu fanden sich in großer Menge; auch die jammervoll kleinen Höschen des heiligen Josephentdeckte man nebst seinem Zimmermanns-Handwerkszeug. Einer der dreißig Silberlinge fandsich vor nebst dem ungeheuer dicken, zwölf Schuh langen Strick, an welchem sich der VerräterJudas erhängte; sein sehr kleiner, leerer Geldbeutel tauchte ebenfalls auf nebst der Laterne, mit welcherer leuchtete, als er Jesus verriet.Sogar die Stange kam zum Vorschein, auf welcher der Hahn saß, als er Petri Gewissen wachkrähte,nebst einigen Federn dieses Vogels; ferner der Stein, mit welchem der Teufel Jesu in der Wüsteversuchte; das Waschbecken, in welchem sich Pilatus die Hände wusch; die Knochen des Esels, derJesus am Palmsonntag getragen, wie auch einige der an diesem Tage gebrauchten Palmzweige. Fernerfand man die Steine, mit denen St. Stephanus gesteinigt wurde - herrliche Achatel -; die fabelhaftgroße Gurgel des fabelhaften St. Georg; eine Unmasse <strong>von</strong> Knochen der zu Bethlehem umgebrachtenKinder; die Ketten des Petrus und auch einen eingetrockneten Arm des heiligen Antonius,der sich aber als - die Brunstrute eines Hirsches auswies!Sogar aus dem Alten Testament fanden sich Reliquien vor! Manche hatten demnach wohlerhaltenjahrtausende auf die fromme Entdeckung gewartet. Man fand den Stab, mit welchem Moses dasRote Meer zerteilte, Manna aus der Wüste, Noahs Bart, die eherne Schlange, ein Stückchcn <strong>von</strong>dem Felsen, aus welchem Moses Wasser schlug, mit vier erbsengroßen Löchern; Dornen <strong>von</strong> demfeurigen Busch, den Schemel, <strong>von</strong> dem Eli herunterfiel und den Hals brach; das Schermesser, mitdem Delila den Simson schor; den Stimmhammer Davids, der zu Erfurt gezeigt wurde, usw.Eine Reliquie <strong>von</strong> großem Rufe war das Gewand des heiligen Martin (capa oder capella), welchesin den Feldzügen als Fahne vorgetragen wurde. Die Geistlichen, welche dieses Heiligtum trugen,hießen Capellani und die Kirche, in welcher es verwahrt wurde, Capella. Dieser Name erhielt baldeine weitere Ausdehnung, und daher die Kapellen und die Kapellane.Der Glaube des Volkes an diese Reliquien war so stark, daß die Pfaffen es wagen konnten, Dingeals solche zu zeigen, die unsinnig und unmöglich waren, und wenn ich einige derselben anführe, sowerden die Leser glauben, ich scherze! Allein dies ist nicht der Fall; man zeigte sie einst wirklichund zeigt sie in echt katholischen Ländern wohl heute noch.Da sah man eine Feder aus dem Flügel des Engels Gabriel, den Dolch und den Schild des ErzengelsMichael, deren er sich bediente, als er mit dem Teufel kämpfte; etwas <strong>von</strong> Christi Hauch in einer
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- Seite 38 und 39: 38häupter derselben; sie beriefen
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wurde bestimmt, das Fräulein zu ih
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ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu