94Feindin, aber barmherziger war, und führte den Kaiser an den Altar. Hier durchbrach Gregor eineHostie. "Bin ich der Verbrechen schuldig, deren du mich in Worms bezichtigt hast", redete er ihnan, "so mag Gott der Herr meine Unschuld bewähren oder mich durch einen plötzlichen Tod strafen!"- Dann nahm er die Hälfte der Hostie. Gregor war nicht abergläubisch und nicht nervenschwach.Er blieb am Leben.Der Bann wurde nun <strong>von</strong> Heinrich genommen, aber unter den entehrendsten Bedingungen. "Wirstdu dich", sagte Gregor, "auf dem zusammenzurufenden Reichstage rechtfertigen und die Kronewieder erhalten, so sollst du mir gehorsam und untertänig sein." Nach Deutschland zurückgekehrt,richtete der <strong>von</strong> Kummer aller Art betroffene Kaiser sein Auge auf den <strong>von</strong> ihm selbst erbautenDom zu Speyer und sagte zu seinem alten Freunde, dem Bischof: "Siehe, ich habe Reich und Hoffnungverloren, gib mir eine Pfründe, ich kann lesen und singen." Der Bischof antwortete: "Bei derMutter Gottes! das tue ich nicht." -Die lombardischen Städte und Fürsten waren empört über die Demütigung Heinrichs und sagtenihm unverhohlen ihre Meinung. Da ermannte sich der niedergedrückte Kaiser und stellte sich an dieSpitze der bald um ihn versammelten Armee. Die pflicht- und ehrvergessenen deutschen Fürstenaber erwählten in dem Herzog Rudolph <strong>von</strong> Schwaben einen neuen Kaiser.Gregor verhielt sich ruhig, solange nichts Entscheidendes geschehen war; als aber Heinrich in einerSchlacht geschlagen wurde, sandte er dem Gegenkaiser eine Krone zu mit der stolzen Inschrift: DerFels (der Kirche) gab Petrus, Petrus gab Rudolph die Krone. Über Heinrich wurde aufs neue dergräßliche Bannfluch ausgesprochen.Der Kaiser hatte jedoch seine Mannheit wiedergefunden. Eine Synode setzte Gregor abermals ab,und Guibert, Erzbischof <strong>von</strong> Ravenna, wurde als Clemens III. zum Papst erwählt. Gregor versuchteseine alten Künste. Er gab den Rebellen die Versicherung, daß noch in demselben Jahre vor demPetersfeste ein falscher König sterben werde. Um seine Prophezeiung an Heinrich zu erfüllen, sandteer einige Meuchelmörder aus; aber des Papstes böse Absicht wurde zum Segen für Heinrich. Am15. Juni 1080 schlug er Rudolph, und dieser starb infolge einer in der Schlacht erhaltenen Wunde.Nun rückte Heinrich gegen Rom, vernichtete das Heer der Papsthure Mathilde, eroberte die Stadtund belagerte den rasenden Hildebrand in der Engelsburg. Die <strong>von</strong> diesem zur Hilfe gerufenenNormannen, welche damals in Unteritalien herrschten, befreiten ihn zwar; aber Gregor mußte vorder Wut der Römer fliehen. Er ging nach Salerno zu den Normannen und endete hier sein fluchbeladenesLeben.Gregor war der erste wirkliche Papst. Er befahl auf einer Synode, daß <strong>von</strong> nun an nur einer Papstheißen solle in der Christenheit, denn bisher nannten sich alle Bischöfe so. Ein Schriftsteller ausjener Zeit sagt schon: Das Wort Papst in der Mehrzahl ist ebenso gotteslästerlich als den NamenGottes in der Mehrzahl zu gebrauchen. Gregor wollte Kaiser und Könige zu seinen Untergebenenmachen und keine andere Herrschaft als die seinige auf der Erde dulden. Darum schrieb er an Heriman,Bischof <strong>von</strong> Metz: "Der Teufel hat die Monarchie erfunden."Um die christliche Kirche leichter zu regieren, ordnete Gregor an, daß beim Gottesdienst überall dierömischen Gebräuche befolgt und die lateinische Sprache gebraucht werden sollten. In den meistendeutschen Kirchen hatte das schon der Römerknecht Bonifazius eingeführt.In einem seiner hinterlassenen Briefe hat Gregor seine Grundsätze niedergelegt. 1 ) Es sind 27, aberich will nur einige anführen:Der Papst allein kann den kaiserlichen Schmuck tragen. - Alle Fürsten müssen dem Papst den Fußküssen und dürfen dieses Zeichen der Ehre außer ihm keinem anderen erweisen. - Es ist dem Papsterlaubt, Kaiser abzusetzen. - Sein Urteil kann <strong>von</strong> keinem Menschen umgestoßen werden, er aber
95kann aller Menschen Urteil umstoßen. - Die römische Kirche hat nie geirrt und wird auch nachder Schrift niemals irren. - Derjenige ist kein Katholik, der es nicht mit der römischen Kirche hält. -Der Papst kann die Untertanen vom Eid der Treue lossprechen, den sie einem bösen Fürsten geleistethaben. -Es scheint mir nicht nötig, noch einige Bemerkungen über Gregor hinzuzufügen. Bischof Thierry<strong>von</strong> Verdun sagt <strong>von</strong> ihm: "Sein Leben klagt ihn an, seine Verkehrtheit verdammt, seine hartnäckigeBosheit verflucht ihn."Ich habe nun das Papsttum bis zum Gipfel seiner Macht begleitet. Der Raum gestattet mir nicht, inderselben Weise fortzufahren, und ich muß mich darauf beschränken, aus jedem Jahrhundert einigePäpste biographisch zu skizzieren und an ihnen zu zeigen, wie sie alle danach strebten, Gregornachzueifern und das <strong>von</strong> ihnen aufgestellte System der Universalmonarchie zur Ausführung zubringen und fest zu begründen. Alle gefielen sich in der Vorstellung: "Sich als Jesus, die weltlichenRegenten als die Eselin, die er ritt, und das Volk als das Eselsfüllen zu betrachten." - Die Eselin istunterdessen gestorben, aber das Eselsfüllen ist seitdem ein alter Esel geworden, der geduldig aufsich reiten läßt.Im elften Jahrhundert trennt sich die griechische Kirche vollends <strong>von</strong> der abendländischen, indemdie griechische be-1) Man hat hin und wieder an der Echtheit dieses Briefes gezweifelt, doch wie mir scheint, ohne besonders gute Gründe.hauptete, daß weder die Lehren noch die Disziplin der letzteren mit der Heiligen Schrift und denheiligen Überlieferungen übereinstimmten, also ketzerisch seien. Die Oberherrschaft des PäpstlichenStuhles verwarf sie als eine antichristliche Einrichtung.Unter Hadrian IV., der 1153 den "Apostolischen Stuhl" bestieg, begann der Kampf der Päpste mitden deutschen Kaisern aus dem Geschlechte der Hohenstaufen. Friedrich I., der Rotbart, trat denAnmaßungen des Papstes kräftig entgegen, und die Ehrenbezeugungen, welche derselbe <strong>von</strong> ihmverlangte, machte er lächerlich, selbst indem er sie gewährte. Friedrich hielt dem Papste den Steigbügel- so weit war es bereits mit den Kaisern gekommen -, aber er hielt ihn auf der rechten Seite,auf welcher der Schinder zu Pferde steigt, und antwortete auf die Bemerkung Hadrians darüber:"Ich war nie Stallknecht, Ew. Heiligkeit werden verzeihen."Den schwersten Stand hatte Friedrich mit Alexander III. (1159-1181). Es war dies einer der mutigstenund klügsten Päpste, der niemals im Unglück verzagte oder im Glück übermütig wurde, aberstets darauf bedacht war, die Errungenschaften seiner Vorgänger zu behaupten. Der große KaiserFriedrich kam 1177 zum erstenmal mit ihm in Venedig zusammen und - küßte ihm den Pantoffel.Die Pfaffenlegende erzählt, daß der Papst bei diesem Kuß den Fuß auf des Kaisers Nacken gesetztund gesagt habe: "Auf Schlangen und Ottern mögest du gehen und treten auf junge Löwen und Drachen."Aber Alexander war gewiß viel zu klug, um den ihm an Geist ebenbürtigen Kaiser durchsolche unnütze Worte zu reizen, und Friedrich viel zu stolz, um sich dergleichen gefallen zu lassen.Glaublicher ist die Version, daß der Kaiser beim Pantoffelkusse sagte: "Nicht dir gilt es, sondernPetrus", und Alexander antwortete: "Mir und Petrus."Auch der kräftige König Heinrich II. <strong>von</strong> England mußte sich vor dem Worte des mächtigen Papstesbeugen. Heinrich hatte seinen Liebling, Thomas Becket, mit Gnaden überschüttet und endlichzum Erzbischof <strong>von</strong> Canterbury gemacht. Nun war der Schurke am Ziel. Er verband sich mit demPapste gegen seinen Herrn und Wohltäter, dem er durch pfäffische Niederträchtigkeiten aller Artdas Leben verbitterte. Im Unmute rief einst der geplagte König aus: "Wie unglücklich bin ich, daß
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ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu