Rindvieh der Urheber der Geißelprozessionen 1 ) wurde, aus denen die Geißlerbrüderschaftenhervorgingen, die Jahrzehnte hindurch eine große Rolle in der römischen Kirche spielten.168Das Geißeln fand unter den frommen Frauen besonders viele Anhänger und wurde in den Nonnenklösternbesonders mit Leidenschaft getrieben. Über den Grund will ich mir weiter keine Untersuchungengestatten, sondern nur den Verdacht aussprechen, daß der triceps und das os pubis mehrmit dieser Leidenschaft zu tun hatten als die Religion, und als die armen Frauen selbst ahnten.Die Karmeliter hatten eine ziemlich vernünftige Regel, bis sie unter die Herrschaft der heiligenTherese kamen; dieselbe, welche den Mönchen buchstäblich die Hosen auszog und diese ihrenNonnen anzog. In den Regeln, die sie gab, spielte die Selbstgeißelung eine Hauptrolle. Während derFasten besonders geißelten sich manche ihrer Mönche und Nonnen drei- bis viermal täglich, ja sogarwährend der Nacht.Das Kloster zu Pastrana war eine freiwillige Marteranstalt. Eine Zelle war gleichsam das Geißelzeughaus.Hier waren alle nur möglichen Geißelinstrumente angehäuft, und jeder Novice hatte dasRecht, sich dasjenige Folterwerkzeug auszusuchen, welches ihm für seine Buße am passendstenschien. - Eine beliebte Art der Selbstquälerei war das sogenannte Ecce homo. Sie wurde gewöhnlichin Gesellschaft vorgenommen. Die bußbedürftigen Brüder stellten sich im Refektorium auf. Einertrat nun aus der Reihe heraus. Er war nackt bis zum Gürtel und sein Gesicht mit Asche bedeckt.Unter dem linken Arm schleppte er ein schweres hölzernes Kreuz und auf dem Kopf trug er eineDornenkrone, in der rechten Hand hatte er eine Geißel. So ging er mehrmals im Refektorium aufund nieder, peitschte sich fortwährend und sagte mit kläglicher1 ) Wer sich über den römisch-katholischen Wahnsinn näher unterrichten will, lese den zweiten Teil des <strong>Pfaffenspiegel</strong>s,"Die Geißler" <strong>von</strong> <strong>Corvin</strong>.Stimme einige besonders zu dieser Gelegenheit verfaßte Gebete her. - War er fertig, dann folgtendie andern Brüder.Der Karmeliterorden hat berühmte Geißelhelden und -heldinnen hervorgebracht, und ich erinnerenur an die heilige Therese und an die heilige Katharina <strong>von</strong> Cardone, <strong>von</strong> denen ich schon im Kapitel<strong>von</strong> den Heiligen weitläufiger gesprochen habe. Die letztere brauchte zum Geißeln Ketten mitHäkchen oder eine gewöhnliche Geißel, in welche sie Nadeln und Nägel steckte oder sie mit Dornenzweigendurchflochten hatte. Mit solchen gräßlichen Werkzeugen geißelte sie sich oft zwei bisdrei Stunden lang.Maria Magdalena <strong>von</strong> Pazzi, eine Karmeliternonne zu Florenz, erlangte durch ihre Selbstquälereiund mehr noch durch die Folgen derselben einen hohen Ruf. Sie war 1566 in Florenz geboren unddie Tochter angesehener Eltern. Schon als Kind hatte sie eine Leidenschaft für das Geißeln, und alssie siebzehn Jahre alt war, nahm sie den Schleier. Es war ihre größte Freude, wenn die Priorin ihrdie Hände auf den Rücken binden ließ und sie in Gegenwart sämtlicher Schwestern mit eigenerHand auf die bloßen Lenden geißelte.Diese schon <strong>von</strong> Jugend auf vorgenommenen Geißelungen hatten ihr Nervensystem ganz und garzerrüttet, und keine Heilige hat so häufig Entzückungen gehabt. Während derselben hatte sie es besondersmit der Liebe zu tun und schwatzte darüber das wunderlichste Zeug. Der himmlische Bräutigamerschien ihr sehr häufig, und sie sah ihn in allen möglichen Lagen. Einst blieb sie, das Kruzifixin der Hand, sechzehn Stunden lang in Betrachtungen über das Leiden Jesu versunken und sahim Geiste eine der Martern nach der anderen, welche er erduldet hatte. Dieser Anblick rührte sie sosehr, daß sie Ströme <strong>von</strong> Tränen vergoß und ihr Bette da<strong>von</strong> so naß wurde, als ob es in Wasser getauchtworden wäre. Dann fiel sie in Ohnmacht, blaß wie der Tod, und blieb eine lange Zeit ohneBewegung liegen.
169In diese Entzückungen verfiel sie gewöhnlich, nachdem sie das Abendmahl genommen hatteoder wenn sie sich in die Betrachtung eines heiligen Ausspruchs vertiefte. Besonders geschah das,wenn sie über ihren Lieblingstext nachdachte; dieser war: Und das Wort ward Fleisch. Einst gerietsie dabei in eine Verzückung, welche <strong>von</strong> abends fünf Uhr bis zum anderen Morgen dauerte. Währendderselben rief sie plötzlich aus: "Das ewige Wort ist in dem Schoße des Vaters unermeßlichgroß, aber in Mariens Schoß ist es nur ein Pünktchen. - Deine Größe ist unergründlich und DeineWeisheit unerforschlich, mein süßer, liebenswürdiger Jesus!"Das innere Feuer drohte- sie zu verzehren, und häufig schrie sie: "Es ist genug, mein Jesus! Entflammenicht stärker diese Flamme, die mich verzehrt! - Nicht diese Todesart ist es, die sich dieBraut des gekreuzigten Gottes wünscht; sie ist mit allzu vielen Vergüngungen und Seligkeiten verbunden!"So steigerte sich ihr Zustand <strong>von</strong> einer Stufe des Wahnsinns zur anderen, und endlich bildete siesich ein, förmlich mit Jesus vermählt zu sein und sowohl <strong>von</strong> ihm wie <strong>von</strong> ihrem Schwiegervaterund dessen Adjutanten, dem Heiligen Geiste, Visiten zu erhalten. Die Hysterie erreichte den höchstenGrad, und "der Geist der Unreinheit" blies ihr die wollüstigsten und üppigsten Phantasien ein, sodaß sie mehrmals nahe daran war, ihre Keuschheit zu verlieren. Aber die Qualen, denen sie sichnach solchen Versuchungen unterzog, waren entsetzlich.Sie ging in den Holzstall, band einen Haufen Dornengesträuch los und wälzte sich so lange darauf,bis sie am ganzen Körper blutete und der Teufel der Unzucht sie verlassen hatte. So ging es fort, bisendlich der barmherzige Tod ihren Qualen ein Ende machte. Die arme Wahnsinnige wurde natürlichheilig gesprochen.Die unendlich vielen Abarten des Zisterzienserordens haben sich im Punkte des Selbstgeißelns sehrausgezeichnet, allein <strong>von</strong> ihnen keine so sehr wie die Trappisten. Sogar Mönche nannten den Stifterdieses Klosters zu La Trappe den "Scharfrichter der Religiösen". Der Orden war durch die Revolutionsehr herabgekommen, aber Karl X. nahm ihn unter seinen besonderen Schutz, und <strong>von</strong> 1814-1827 zählte man in Frankreich nicht weniger als 600 Nonnenklöster dieses Ordens. Die Geißel warhier an der Tagesordnung, und Mademoiselle Adelaide de Bourbon, die Beschützerin dieser Klöster,wie auch die alternde Frau <strong>von</strong> Genslis, geißelten sich <strong>von</strong> Zeit zu Zeit mit den Nonnen infrommer Andacht.Die Krone der Zisterzienser ist aber die hochgepriesene Mutter Passidea <strong>von</strong> Siena, <strong>von</strong> der ichschon früher erzählte, daß sie es für verdienstlich hielt, sich wie einen Schinken in den Rauch zuhängen. Im Geißeln leistete sie Dinge, welche selbst Dominikus den Gepanzerten mit Neid erfüllthaben würden. Die natürliche Folge des unmäßigen Geißelns war ebenfalls ein dem Wahnsinn nahekommenderZustand, in welchem ihr Jesus erschien. Das Blut floß aus seinen Wunden, er streckteihr die Arme entgegen und rief mit zärtlicher Stimme: "Schmecke, meine Tochter, schmecke!" -Elisabeth <strong>von</strong> Genton geriet durch das Geißeln förmlich in bacchantische Wut, was aber die Pfaffenheilige Verzückung nannten. Am meisten raste sie, wenn sie, durch ungewöhnliche Geißelung aufgeregt,mit Gott vereinigt zu sein glaubte, den sie sich als einen schönen nackten Mann und in beständigemBräutigamstaumel mit seiner irdischen Geliebten dachte. Dieser Zustand des Entzückenswar so überschwenglich beglückend, daß sie häufig in den Ausruf ausbrach: "O Gott! o Liebe, ounendliche Liebe! o Liebe; o ihr Kreaturen, rufet doch alle mit mir: Liebe, Liebe!" -Ich könnte die Zahl solcher Beispiele unendlich vermehren: allein, ich halte es für überflüssig, dadie Wirkungen so ziemlich überall dieselben waren.Daß das Geißeln unter den Strafen die Hauptrolle spielte, kann man sich nach dem Gesagten wohldenken. Die Klosterregel der Heiligen Therese ist so reichlich mit Geißelverordnungen gespickt,daß manches Kloster, welches derselben folgte, ein eigenes Magazin für Ruten haben mußte.
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dem diese sie dazu gebrauchten, den
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26Katholische Priester, welche von
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38häupter derselben; sie beriefen
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