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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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ingen. Philipp IV., der Schöne, <strong>von</strong> Frankreich geriet mit Bonifaz auf das heftigste zusammen.Aber der König war kein Heinrich IV., seine Großen keine Deutschen und der Papst kein Hildebrand.Er schrieb zwar an Philipp: "Bischof Bonifaz an Philipp, König <strong>von</strong> Frankreich. FürchteGott und halte seine Gebote. Du sollst hiermit wissen, daß du uns im Geistlichen und Weltlichenunterworfen bist. - Wer anders glaubt, den halten wir für einen Ketzer."Hierauf antwortete ihm der <strong>von</strong> seinem Parlament wacker unterstützte Philipp: "Philipp, <strong>von</strong> GottesGnaden, König <strong>von</strong> Frankreich an Bonifaz, der sich für den Papst ausgibt, wenig oder gar keinenGruß! Du sollst wissen, Erzpinsel (maxima Tua Fatuitas), daß wir in weltlichen Dingen niemandemunterworfen sind. Andersdenkende halten wir für Pinsel und Wahnwitzige." - Wie jämmerlich erscheintdagegen König Erich <strong>von</strong> Dänemark, welcher, mit Bann und Interdikt bedroht, schreibt:"Erbarmen, Erbarmen! Was haben meine Schafe getan? Alles was Ew. Heiligkeit mir auferlegen,will ich tragen. - Rede, dein Knecht höret."Der stolze "Erzpinsel" wurde aber bitter gedemütigt. Philipps Abgesandter, Nogaret, verbunden mitSciarra Colonna, gegen dessen Familie der Papst die unerhörtesten Grausamkeiten begangen hatte,überfielen ihn in seinem Schlosse Anagni und nahmen ihn gefangen. "Willst du die Tiara abtreten,die du gestohlen hast?" schnob ihn der wütende Colonna an. Bonifaz antwortete hochmütig. Daloderte der Zorn des schwer mißhandelten römischen Edelmannes hoch auf, er schlug den Papst insGesicht und schrie: "Willst du das Maul halten, Höllensohn! alter Sünder!" Mit Mühe hielt Nogaretden Wütenden zurück, daß er seine Rache nicht vollends befriedigte und dem sechsundachtzigjährigenBösewicht, der Seelenstärke genug hatte, Colonna zuzurufen: "Hier ist der Hals und hier dasHaupt!"Darauf setzte man den Vizegott auf ein Pferd ohne Sattel und Zaum, das Gesicht dem Schwanzezugekehrt, und brachte ihn in ein elendes Gefängnis, wo er, aus Furcht, vergiftet zu werden, dreiTage und drei Nächte lang nichts genoß, als ein wenig Brot und drei Eier, welche ihm ein altesMütterchen zusteckte. - Man möchte Mitleid haben mit dem alten Manne; aber er war ein alter Bösewicht,und man denke an den armen Cölestin, den er verhungern ließ.Das Volk zu Anagni befreiteBonifaz und brachte ihn im Triumph nach Rom. Aber die erlittene Demütigung hatte den stolzenalten Mann wahnsinnig gemacht. Er befahl seinen Dienern, sich zu entfernen, und schloß sich inseinem Zirnmer ein. Am Morgen fand man ihn tot. Sein weißes Haar war mit Blut befleckt; vorseinem Munde stand Schaum, und der Stock, den er in der Hand hielt, war <strong>von</strong> seinen Zähnen zernagt.So endet Bonifaz VIII., wie man vorhergesagt hatte: "Er wird sich einschleichen wie einFuchs, regieren wie ein Löwe und sterben wie ein Hund."Er starb wie ein Hund und lebte wie ein Schwein. Er erklärte öffentlich, daß Hurerei, Ehebruch undUnzucht gar keine Sünde sei, weil Gott Weiber und Männer dazu gemacht habe. Er lebte mit einerverheirateten Frau und mit ihrer Tochter zu gleicher Zeit und mißbrauchte seine Pagen zu unnatürlicherWollust, so daß sich diese untereinander die "Huren des Papstes" nannten.Was <strong>von</strong> seinem Glauben zu halten ist, ergibt sich aus folgenden Äußerungen, deren ihn Philippgegen Clemens V. beschuldigt: Gott lasse es mir wohlgehen auf dieser Welt, nach der anderen fragteich nicht so viel, als nach einer Bohne. - Die Tiere haben so gut Seelen wie die Menschen. - Es istabgeschmackt, an einen und an einen dreifachen Gott zu glauben. An Maria glaube ich so wenigals an eine Eselin und an den Sohn so wenig als an ein Eselsfüllen. Maria war eine Jungfrau, wiemeine Mutter eine war. - Sakramente sind Possen usw.Philosophen und andere Freigeister haben dergleichen Gedanken wohl schon öfters ausgesprochen;allein im Munde eines Papstes klingen sie um so seltsamer, als die Inquisition Tausende wegenweit unbedeutenderer Ausdrücke verbrennen ließ. - Clemens V. erklärte Bonifaz jedoch für einenfrommen, katholischen Christen, und nun wissen wir doch, wie ein solcher beschaffen sein muß, umden Päpsten zu gefallen.99

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