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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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131diese erschien ihm als eine privilegierte Unzucht. Er verlangte <strong>von</strong> seinen Anhängern, wenn sieverheiratet waren, daß sie sich <strong>von</strong> ihren Weibern trennten oder doch das Gelübde leisteten, sienicht als ihre Weiber zu betrachten. - Diese Sekte bestand bis zur Mitte des vierten Jahrhundertsunter besonderen Bischöfen.Manche Lehrer dieser philosophischen Christensekten führten zur Auflösung aller sichtlichen Ordnung.Kapokrates, der wahrscheinlich zur Zeit des Kaisers Hadrian in Alexandrien lebte, lehrte:daß die Befriedigung des Naturtriebes nie unerlaubt sein könne und daß die Weiber <strong>von</strong> der Naturzum gemeinschaftlichen Genusse bestimmt wären. Wer sich der sittlichen Ordnung unterwerfe, derbleibe unter der Macht des Erdgeistes; sich aber allen Lüsten ohne Leidenschaft hingeben heißegegen ihn kämpfen und ihm Trotz bieten.Ein anderer Schwärmer namens Marzius führte geheimnisvolle Zeremonien ein und machte besondersdie Weiber damit bekannt, wodurch bei ihnen alle Schamhaftigkeit vernichtet wurde.Von den Anhängern des Kapokrates erzählt man, daß sie bei ihren Versammlungen die Lichter verlöschtenund untereinander das taten, wobei sich übrigens niemand gern leuchten läßt. Die Adamitentrieben es ähnlich. Vor ihrem Tempel, den sie das Paradies nannten, war eine bedeckte Halle.Unter dieser entkleideten sie sich und marschierten dann nackt und paarweise in die Versammlung.Hier ergriff jedes Männlein ein Fräulein - - und das nannte man die mystische Vereinigung. Ganz sowie bei unsern gut protestantischen Muckerversammlungen. Die Seelenbräute sind eine uralte Erfindung.Andere Häretiker - so hieß die ganze Klasse dieser seltsamen Philosophen - gestatteten zwar dieEhe, verhinderten aber die Schwangerschaft, indem sie es machten wie Onan, der Erzvater derOnanie.Montanus, der in der Mitte des zweiten Jahrhunderts in Phrygien lebte, sagte: daß Jesus und dieApostel der menschlichen Schwäche viel zu viel nachgesehen hätten. Er verachtete alles Irdischeund legte auf die Ehelosigkeit sehr großen Wert.Die Valesier, eine Sekte des dritten Jahrhunderts, zwangen ihre Anhänger zur Kastration, ja, sietrieben dieselbe so leidenschaftlich, daß sie gar häufig Fremde durch List in ihre Häuser lockten unddiese unangenehme Operation mit ihnen vornahmen.Die Lehren dieser Schwärmer, besonders über das Verdienst der Ehelosigkeit, fanden in der christlichenKirche sehr großen Beifall, und besonders waren es die des Montanus, welche sowohl unterden Geistlichen wie Laien großen Anhang fanden. Wenn nun auch die römische Kirche schon frühzeitigjede kirchliche Gemeinschaft mit den Montanisten abbrach, so behielt sie doch ihre Lehreüber das Fasten und das Verdienstliche der Ehelosigkeit.Das alles Irdische verachtet werden müßte, wurde bald der allgemeine unter den orthodoxen Christengeltende Grundsatz. Wie den Anhängern des Montanus waren ihnen Jesus und seine Jünger vielzu milde und nachsichtig, und auf welche Abwege sie durch ihre asketische Schwärmerei gerieten,haben wir im ersten Kapitel gesehen.je mächtiger der Geschlechtstrieb war und je mehr sinnliches Vergnügen seine Befriedigung gewährte,desto verdienstlicher erschien es, ihn zu bekämpfen, und diejenigen, denen es vollkommengelang, standen im höchsten Ansehen und waren Gegenstand der allgemeinen Bewunderung.Die Kirchenväter in den ersten Jahrhunderten waren meistens der Ansicht, daß die Seelen gefallenerGeister zur Strafe in einen Körper gebannt wären und daß die sittliche Freiheit des Menschen in derFähigkeit bestände, sich durch Besiegung "des Fleisches" aus der niederen Ordnung emporzu-

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