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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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110Wenn es heutzutage ein Schriftsteller wagen würde, so gegen den Papst zu schreiben oder gegeneinen Fürsten, dann fiele halb Europa in Ohnmacht und dem Verfasser winkte ein Preßprozeß mitdarauffolgendem Gefängnis, so lang wie das Fegefeuer.Seine Gegner blieben Luther indes nichts schuldig, und Dr. Eck, den der Reformator stets Drecknannte, zahlte ihm mit gleicher Münze. Die gewöhnlichen Titel, die man ihm gab, waren DoktorDreck-Märten, Doktor Saubund <strong>von</strong> Wittenberg und dergleichen. Der Jesuit Weislinger sagt <strong>von</strong>ihm in bezug auf die Tischreden: "Luther ist Zeremonienmeister bei Hofe, wo man Mist ladet, Advokatzu Sauheim, wo nicht gar Stadtrichter zu Schweinfurt; - gäbe es ein Mistingen, Schmeisauoder Dreckberg, so gehöre der Sauluther dahin." Das war, wie bemerkt, im sechzehnten Jahrhundert"Satyre".Clemens VII. war ein großer Freund der Mönche. Unter ihm entstanden die Kapuziner, eine Abartder Franziskaner, welche sich <strong>von</strong> den letzteren nur durch ihre größere Dummheit und Schweinereiauszeichneten. Die spitzen Kapuzen, die sie tragen und einem Lichtauslöscher sehr ähnlich sehen,können zugleich als ihr Feldzeichen dienen, denn Clemens hoffte durch sie das Licht auszulöschen,welches durch Luther angezündet war.Paul III. (1539-1549), der nach Clemens Papst wurde, war schon im 26. Jahre Kardinal geworden,und zwar, weil er seine schöne Schwester Julia Farnese an Alexander VI. verkuppelt hatte. Er wareiner der liederlichsten Päpste. Blutschande, Mord und ähnliche Verbrechen waren ihm geläufig. Ervergiftete sowohl seine eigene Mutter wie seine Schwester!Doch das sind eigentlich Familienangelegenheiten, die uns weniger angehen. Weit wichtiger war esfür die Welt, daß Paul am 27. September 1540 den Orden der Jesuiten bestätigte. Wir werden dieseFledermäuse noch näher kennenlernen und wollen ihnen dann sagen, was sie waren und was siesind; denn sie selbst wollten und konnten darüber keine Auskunft geben und sagten, sie wären talesquales; das heißt: diejenigen, welche - - -Julius III. war ein Papst, der noch weniger taugte als seine Vorgänger. Er hielt sich mit dem KardinalCreszentius gemeinschaftlich Beischläferinnen, und die Kinder, welche dieselben bekamen,erzogen sie gemeinschaftlich, da keiner <strong>von</strong> beiden wußte, wer der Vater sei. Seinen Affenwärter,einen häßlichen Jungen <strong>von</strong> sechzehn Jahren, machte er zum Kardinal, und als ihm die andern Kardinäledeshalb Vorwürfe machten, rief er: "Potta di Dio! was habt ihr denn an mir gefunden, daß ihrmich zum Papst machtet?"Der Heilige Vater ließ einst in Rom Musterung über alte Freudenmädchen halten, und es fandensich nicht weniger als 40 000 in der Stadt. Unter einem so liederlichen Papst wie Julius mußte ihrHandwerk natürlich gedeihen. Sein Nuntius Johann a Casa, Erzbischof <strong>von</strong> Benevent, schrieb einBuch über die Sodomiterei, worin er diese lebhaft in Schutz nimmt. Dies Buch ist 1552 in Venediggedruckt und - dem Papst dediziert!Paul IV. war ein vor Stolz halb wahnsinniger, achtzigjähriger Narr und nebenbei ein mordlustigerPfaffe. Unter ihm konnte die Inquisition nicht genug Opfer erwürgen. Hören wir, was Pasquinoüber ihn sagte. Aber vorher noch einige Worte über Pasquino.Nach der Sage war dieser ein lustiger Schneider in Rom, dessen Schwänke viele Leute nach seinerBude lockten. Dieser gegenüber stand eine verstümmelte Statue, an welcher man häufig Satirenangeklebt fand, die man dem Schneider Pasquino zuschrieb. Daher das Wort Pasquill. Es gibt indessennoch andere Traditionen darüber. Bald wurde nun eine andere Statue am Kapitol dazu ausersehen,Antworten auf die Fragen aufzunehmen, die man an der ersten Statue fand, und so entstanddas Frage- und Antwortspiel, welches nicht nur sehr ergötzlich, sondern auch <strong>von</strong> großem Nutzenwar. Es war der römische Kladderadatsch in primitiver Gestalt.

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