128Teil der Geistlichen, die ich hauptsächlich mit "Pfaffen" meine, betrachtet dagegen die Ehe alseine Fessel, <strong>von</strong> der sie der gute Gregor befreit hat, und tut wie jener Mönch, der nach langenKämpfen endlich dem Rate eines alten Praktikus folgte: "Wenn mich der Teufel reizt, so tue ich,was er will, und dann hört der Kampf auf." Sie wissen sich, was die Befriedigung des Geschlechtstriebesanbetrifft, für die Ehe schadlos zu halten, indem sie nach Clemens VI. Ausdruck "wie eineHerde Stiere gegen die Kühe des Volkes wüten".Diese Pfaffen nennt der heilige Bernhard "Füchse", die den Weinberg des Herrn verderben und dieEnthaltsamkeit nur zum Deckel der Schande und Wollust brauchen, vor denen schon der ApostelPetrus gewarnt habe. "Man müsse", fährt er fort, "ein Vieh sein, um nicht zu merken, daß man allenLastern Tür und Tor öffnet, wenn man rechtmäßige Ehen verdamme."Jesus war selbst nicht verheiratet; aber bei vielen Gelegenheiten äußerte er sich über die Ehe underkannte sie als eine durch göttliche Anordnung geheiligte Anstalt an; 1 ) ja, wir wissen, daß er mitseiner Mutter und seinen Jüngern einer Hochzeitsfeier in Kana in Galiläa beiwohnte, 2 ) was er nichtgetan haben würde, wenn er die Ehe überhaupt als eine unsittliche Verbindung erkannt hätte.Die Apostel hatten drüber ganz dieselben Ansichten. Paulus nennt die Ehe einen in allen Betrachtungenehrwürdigen Stand 3 ) und erklärt sogar die Untersagung derselben für eine Teufelslehre. 4 )Kurz, nach allen in der Bibel enthaltenen Lehren des Christenturns ist das Band, welches die Eheum Mann und Weib schlingt, ein höchst ehrwürdiges.Die Christen der ersten Zeit waren auch weit da<strong>von</strong> entfernt, die Ehe der Geistlichen als etwas Unerlaubteszu betrachten, ja, sie setzten dieselben bei ihnen sogar voraus. Petrus selbst, dessen Nachfolgerdie Päpste sein wollen, und die meisten der Apostel waren verheiratet. Paulus verlangt <strong>von</strong>den Bischöfen und Diakonen, daß sie im ehelichen Stande leben sollten. Er schreibt an Thimotheus:"Ein wahres Wort: wer ein Bischofsamt sucht, der strebt nach einem edlen Geschäft. Ein Bischofmuß deswegen tadellos sein, eines Weibes Mann, nüchtern, ernst, wohlgesittet, zum Lehrer tüchtig;kein Trunkenbold, nicht streitsüchtig (nicht schmutziger Habgier ergeben), sondern sanft, friedliebend,frei <strong>von</strong> Geiz; der seinem Hause gut vorstehe, der seine Kinder im Gehorsam erhalte mit allemErnst: denn wer seinem eigenen Hause nicht vorzustehen weiß, wie kann er die Gemeinde Gottesregieren? 5 ) Die Diakonen seien eines Weibes Männer, wohl vorstehend ihren Kindern und ihrenHäusern." 6 )1) Matth. 5, 31, 32; 19, 3-7, 92) Joh. 2, 23) Hebr. 13, 44) I. Tim. 4, 35) I. Tim. 3, 1-56) Tim. 1, 3 u. 12An Titus schreibt er: "Deswegen habe ich Dich in Kreta zurückgelassen, damit Du das, was nochfehlt, vollends in Ordnung brächtest und in jeder Stadt Priester (Älteste) ansetzest, wie ich Dir aufgetragenhabe; wenn nämlich jemand unbescholtenen Rufes ist, eines Weibes Mann, der gläubigeKinder hat." 1 )1) Tit. 1, 5-6Diese Stellen, welche noch durch zahlreiche andere verrnehrt werden könnten, sprechen so deutlich,daß es kaum begreiflich erscheint, wie die Päpste es wagen konnten, die Rechtmäßigkeit des Zölibatsder Geistlichen aus der Bibel beweisen zu wollen. Sie würden auch mit diesem Gesetz niedurchgedrungen sein, wenn nicht schon seit früherer Zeit in der christlichen Kirche die Idee <strong>von</strong> derVerdienstlichkeit des ehelosen Lebens gespukt hätte.
129Wie diese dem Christentum so durchaus fremde Ansicht <strong>von</strong> der Ehe in demselben allmählichWurzeln faßte, auseinanderzusetzen würde sehr weitläufig sein, und da ich hier mich darauf nichteinlassen kann, so will ich mich bemühen, den Gang der Sache in flüchtigen Umrissen zu skizzieren.Zur Zeit, als Jesus auftrat, hatte der Glauben an die alten Götter eigentlich längst aufgehört. Deröffentliche Gottesdienst bestand in leeren Zeremonien, und an die Stelle der Religion war die Philosophiegetreten. Selbst das Volk nahm teil an den philosophischen Streitigkeiten wie heutzutage anden religiösen und hing teils diesen, teils jenen der unendlich vielen aufgestellten Systeme an.Als nun das Christentum entstand und die Zahl der Anhänger desselben sich vermehrte, wurdenauch die alten philosophischen Ansichten, deren man sich nicht so schnell entäußern konnte, in dasselbemit hinübergenommen, und man versuchte es, so gut es anging, dieselben mit den christlichenLehren zu vereinigen.Die reine Philosophie - Vernunftswissenschaft, Erkenntnislehre - kann nie Schwärmerei erzeugen,welche eine entschiedene Feindin der Vernunft ist; werden ihr aber religiöse Bestandteile beigemischt,so kann sie gar leicht nicht allein zur Schwärmerei, sondern selbst zum wütendsten Fanatismusführen. Aber fast alle philosophischen Systeme jener Zeit hatten religiöse Bestandteile insich aufgenommen, teils griechischen, altorientalischen, ägyptischen oder jüdischen Ursprungs, undihre Anhänger und Bekenner waren meistens Gnostiker, das heißt Geheimwisser oder Offenbarungskundige.In diese Systeme kam nun noch das christliche Element, und das Resultat dieserVereinigung waren oft sehr erhabene, aber noch häufiger höchst abgeschmackte Lehrbegriffe überGott, Weltschöpfung, die Person Jesu, den Ursprung des Übels, das Wesen des Menschen usw. Wirhaben es hier nur mit ihren Ansichten über die Ehe zu tun.Vorherrschend unter den Offenbarungs-Philosophen war die Ansicht, daß die Materie - das Körperliche- die Quelle alle Bösen und daß die Welt nicht durch den höchsten Gott, sondern durch einihm untergeordnetes, unvollkommeneres Wesen - Demiurg (Werkmeister) - geschaffen sei. DerKörper der Menschen stehe unter der Herrschaft der Materie und des bald mehr oder minder bösartiggedachten Demiurgos, und das Heil des menschlichen Geistes bestehe darin, daß es sich <strong>von</strong> denFesseln der Materie und des Demiurgos losmache und zu dem höchsten Gott zurückkehre. Mit anderenWorten heißt das: der Mensch soll ein rein geistiges Leben führen und alle vom Körper ausgehendensinnlichen Regungen wie einen Feind bekämpfen.Hieraus geht schon deutlich hervor, daß die Ansichten dieser Schwärmer der geschlechtlichen Vereinigungund der Ehe nicht günstig sein konnten. Ehe ich einige dieser Ansichten namhaft mache,muß ich noch vom Briefe des Paulus an die Korinther reden, welcher auf diese "Philosophie" <strong>von</strong>bedeutendem Einfluß war.Die Christen in Korinth konnten sich über ihre Meinung <strong>von</strong> der Ehe nicht einigen und baten denApostel Paulus um Belehrung. Dieser erfüllte ihr Begehr, und was er ihnen antwortete, kann jederin der Bibel nachlesen (1. Korinth. Kap. 7). Aus diesem Schreiben geht hervor, "daß es Paulus fürbesser hielt, unverheiratet zu bleiben; aber er erklärt ausdrücklich, daß er mit diesem Rate denChristen keine Schlinge werfen wollte und daß derjenige, der es für besser halte zu heiraten, damitdurchaus keine Sünde begehe. (1. Korinth. 7,32.)Vergleichen wir die in diesem Brief enthaltenen Ratschläge mit seinen an anderen Stellen stehendenAussprüchen über die Ehe, so möchte man mit dem römischen Statthalter Festus ausrufen: "Paule,dein vieles Wissen macht dich rasen!" Allein in dem Briefe selbst ist der Schlüssel zu seiner Handlungsweiseenthalten: "Ich wollte euch aber vor Sorgen bewahren."Die Christen erwartete damals eine stürmische Zeit der Verfolgungen und Trübsal, dann auch diebaldige Wiederkehr Jesu zum Weltgericht, und dieser Glaube hatte auf die Antwort des Paulus un-
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ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu