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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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91wenn er sich auch persönlich gar nichts daraus machte. Das Volk betrachtete ihn als dem Teufelverfallen und floh seine Gemeinschaft, als ob er ein Pestkranker sei. Die Überbleibsel seiner Tafel,und wenn es die einer kaiserlichen waren, rührte selbst der Ärmste nicht an; sie wurden verbrannt.Mit der Exkommunikation wurde der Gebannte auch zugleich für bürgerlich tot erklärt. Er konntekeine Rechtssache vor Gericht führen, nicht Zeuge sein, kein Gut zu Lehen oder in Pacht gebenusw. Vor die Tür eines Gebannten stellte man eine Totenbahre, und seine Leiche durfte nicht ingeweihter Erde begraben werden. Hieraus wird man es erklärlich finden, daß selbst Könige vor demBanne zitterten.Sylvester II., der Nachfolger Gregors V., ist der einzige Papst, <strong>von</strong> welchem die päpstlichen Geschichtsschreibermit Bestimmtheit melden, daß ihn der Teufel geholt habe. Er war nämlich ausnahmsweisegescheit, trieb viel Mathematik, begünstigte die Wissenschaften und dergleichen Teufeleien.Ihm verdanken wir auch die arabischen, daß heißt unsere gewöhnlichen Zahlen.Diesem gescheiten Papst hatte, so erzählt man, der Teufel die Papstwürde verheißen und versprochen,ihn nicht eher zu holen, als bis er in Jerusalem Messe lesen würde. Dazu war wenig Hoffnung,denn diese Stadt war <strong>von</strong> den Sarazenen besetzt, und Sylvester glaubte, die Bedingung eingehenzu können. Wie der Teufel mit dem Heiligen Geist fertig wurde, der sonst die Papstwahlen leitensoll, weiß ich nicht; genug, Sylvester wurde gewählt und hatte nicht die geringste Lust, in JerusalemMesse zu lesen. - Aber der Teufel ist ein Schalk. Es gab in Rom eine Kapelle, welche denNamen Jerusalem führte; hier las der Papst Messe, ohne an den Namen zu denken, und der Teufelholte ihn gewissenhafterweise. Sylvesters Grab hat lange geschwitzt, und seine Gebeine rasselten.Schrecklich!Die Pseudo-Isidorischen Dekretalen hatten im zehnten Jahrhundert schon ihre Blüten entfaltet; aberim elften fingen sie an, ausgiebig Frucht zu tragen. In demselben sahen wir das Papsttum in seinerhöchsten Macht und Gregor VII. auf dem Gipfelpunkt desselben.Ehe ich noch <strong>von</strong> dem gewaltigen Papst rede, muß ich erwähnen, daß schon vor seiner Zeit das Kollegiumder Kardinäle zu sehr hoher Bedeutung gelangte. Ursprünglich gab es nur sieben Kardinals(<strong>von</strong> cardo, Türangel ), und es waren dies die vornehmsten Geistlichen Roms. Da nun der Einflußdieser Herren sehr stieg und alle Geistlichen nach dieser Würde trachteten, so sahen sich die Päpstegenötigt, die Zahl der "Türangeln der Kirche" unter allerlei Abstufungen zu vermehren, bis sie endlich,weil Jesus siebenzig Jünger hatte, auf diese Zahl stieg.Allmählich wurde der Geistlichkeit und dem Volke das Recht der Papstwahl "entzogen", was manin nicht diplomatischern Deutsch gestohlen nennt, und die Kardinäle maßten sich das ausschließlicheRecht derselben an. Dieses Kollegium, aus und <strong>von</strong> welchem der Papst nun gewählt wurde,hatte ein direktes Interesse daran, das Ansehen des Päpstlichen Stuhles auf jede Weise zu fördern,denn es konnte ja jedes Mitglied desselben selbst Papst werden.Die Kardinäle wußten sich bald die größten Vorrechte zu verschaffen. Sie machten Anspruch aufeinen Rang unmittelbar nach den Königen und verlangten den Vorrang vor allen Kurfürsten, Herzogenund Prinzen. Sie, die eigentlichen Privatdiener des Papstes, standen weit höher als Erzbischöfeund Bischöfe, welche doch sämtlich ebensoviel wie der Papst selbst waren. Da haben ja auchin manchen unserer deutschen Staaten die Kammerherren, die dem Fürsten den Opernguckernachtragen müssen, Oberstenrang.Die Kardinäle trugen Purpur. Begegneten sie einem Verbrecher auf seinem Wege zum Galgen, sokonnten sie ihn befreien. Sie selbst verdienten, wie wir sehen werden, diesen Galgen sehr häufig;allein ich glaube nicht, daß jemals ein Kardinal durch rechtskräftigen Urteilsspruch zum Tode verurteiltworden ist, denn es war beinahe unmöglich, ihn eines Verbrechens zu überführen, da nichtweniger als zweiundsiebzig Zeugen dazu nötig waren. Kardinäle durften jede Königin oder Fürstin

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