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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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107Der Zeremonienmeister dieses Papstes, de Grassis, erzählt, daß der Heilige Vater einmal soheftig <strong>von</strong> der Krankheit angesteckt war, welche der Ritter Bayard le mal de celui qui l'a nennt, daßer am Karfreitag niemand zum Fußkuß lassen konnte.Ein ebenso liederlicher Mensch war sein Nachfolger Leo X. (1513-1521), welcher seine Erhebungzum Papste derselben Krankheit verdankte, die Julius am Fußkusse verhinderte. Als er zur neuenPapstwahl ins Konklave kam, litt er an einem venerischen Geschwür am Hintern, welches einenpestilenzialischen Geruch verbreitete. Die anderen Kardinäle, welche angesteckt zu werden fürchteten,befragten die Ärzte des Konklaves, und diese erklärten einstimmig, daß Leo gewiß bald sterbenwürde. Um nur baldigst <strong>von</strong> dem Geruch befreit zu werden, erwählten ihn die Kardinäle zum Papst.Leo X., ein Sprößling der berühmten Fürstenfamilie der Medicis, war ein gescheiter Mann, welcherKünste und Wissenschaften liebte und manch andere Eigenschaft hatte, die wir an einem weltlichenFürsten recht hoch schätzen würden. Er lebte "vergnügt wie ein Papst" und kümmerte sich ebensowenigum die Christenheit wie um Geschäfte, wenn er nicht durch seine ungeheuren Geldbedürfnissedazu gezwungen war.Er soll während der acht Jahre seiner Herrschaft 14 Millionen Dukaten verbraucht haben, was sehrglaublich ist, da er das so leicht erworbene Geld ebenso leicht ausgab. Bei seiner Krönung verschenkteer 100 000 Dekaten. Dichter und Maler erhielten <strong>von</strong> ihm sehr bedeutende Summen; aberdie guten Christen deckten das alles. Einst sagte Leo zum Kardinal Bambus: "<strong>Wieviel</strong> uns und denunsrigen die Fabel <strong>von</strong> Christo eingebracht hat, ist aller Welt bekannt." Sein Hof war der prächtigste,den es gab, und das Geld wurde mit vollen Händen weggeworfen, wie an denen der altrömischenKaiser. So war es denn kein Wunder, daß er trotz seines Ablaßkrams noch bedeutende Schuldenhinterließ.Leo verkaufte alles, was nur Käufer fand, und sein Finanzminister Armellino war der unverschämtesteBlutsauger. Einst sagte Colonna <strong>von</strong> letzterem. "Man ziehe diesem Schinder das Fell über dieOhren und lasse ihn für Geld sehen, was mehr einbringen wird, als wir brauchen."Leo wurde durch einen plötzlichen Tod aus seinem üppigen Leben hinweggerissen und hatte nichteinmal Zeit, die kirchlichen Sakramente zu empfangen. Dieses gab einem Dichter Veranlassung zueinem Epigramm, welches in der Übersetzung lautet: "Ihr fragt, warum Leo in der Sterbestunde dieSakramente nicht nehmen konnte? - Er hatte sie verkauft."Leos Ablaßkram, <strong>von</strong> dem ich bereits geredet habe, gab die nächste Veranlassung zur Reformation.Die Geschichte derselben ist unendlich oft geschrieben worden und befindet sich in den Händen desVolkes; ich darf sie also als bekannt voraussetzen.Die gefährliche Lage des Päpstlichen Stuhls hätte einen recht kräftigen Papst erfordert; aber LeosNachfolger, Hadrian VI. (1521-1523), war dies durchaus nicht. Er war ein bornierter Gelehrter,mehr geeignet, "sich und die Jungens zu ennuyieren", als das lecke Schifflein Petri über Wasser zuerhalten, obwohl sein Vater Schiffszimmermann in Utrecht war.Seiner Gelehrsamkeit wegen hatte man ihn zum Lehrer Karls V. gewählt, und als sein Zögling Kaiserwar, machte man ihn zum Rektor der Universität Löwen. Luther sagt <strong>von</strong> ihm: "Der Papst ist einMagister noster aus Löwen, da krönt man solche Esel." Man möchte geneigt sein, dies summarischeUrteil zu bestätigen, wenn man liest, daß Hadrian bei den herrlichsten Kunstwerken Roms, wie Laokoon,Apoll <strong>von</strong> Belvedere usw., mit einem flüchtigen Seitenblick vorüberging, indem er sagte:"Es sind alte Götzenbilder."Als dieser "deutsche Barbar" zu Fuß nach Rom kam und zu seinem Unterhalt täglich nicht mehr alszwölf Taler verbrauchte und - horribile dictu - Bier dem Wein vorzog, da machten die Kardinälesehr lange Gesichter und kamen zu der Einsicht, "daß der Heilige Geist keinen als einen Italiener

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