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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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165Zu Meran in Tirol mußte 1747 an einem Feste ein Kapuziner-Noviz - er war der Sohn einesGrafen - drei Stunden lang gebunden an einem Kreuze hängen und fortwährend rufen: "Erbarmenmir großem Sünder!" - Er hatte einen Krug zerbrochen! Fischingen, in welchem der obengenannteehemalige Guardian Ammann <strong>von</strong> seinem siebenten bis vierzehnten Jahre war, stand in dem Rufe,eines der sittenreinsten und vorzüglichsten Klöster der Schweiz zu sein, und welche Nichtswürdigkeitengingen hier vor!Die liederlichen Patres lebten untereinander wie Hund und Katze, und einer suchten den anderenauf jede Weise zu schaden. Ammann wurde <strong>von</strong> einem seiner Lehrer so lange mit einem schwerenLineal auf die Fingerspitzen geschlagen, bis Blut herausspritzte und die Hände ganz dick geschwollenwaren. Dann mußte er in einem offenen Gange mitten im Winter zwei Stunden lang auf demZiegelboden sitzen; und warum? - Weil er <strong>von</strong> einem andern Lehrer nichts Böses zu sagen wußte! -Mönche sind nur eins in ihrem Hasse gegen die Weltgeistlichen, aber diese werden <strong>von</strong> ihnengründlich gehaßt.Ein <strong>von</strong> dem ehemaligen Benediktiner zu Rom Raffaeli Cocci (1846 bei Pierer in Altenburg) veröffentlichtesBuch enthält über die Novizen und über die Klosterverhältnisse so entsetzliche Tatsachen,daß sich beim Lesen derselben die Haare sträuben. Der Unglückliche wurde durch seine <strong>von</strong>den Geistlichen ganz umgarnten Eltern gezwungen, ins Kloster zu gehen und hatte hier Schrecklicheszu leiden, bis es ihm endlich 1842 gelang, nach England zu fliehen, wo er wohl noch lebt.Interessant ist zu beobachten, wie den Knaben schon <strong>von</strong> Jugend auf unter dem Schleier der Religionder bitterste Haß gegen die Protestanten ins Herz gepflanzt wird. Diese, lehrte man, beteten denMammon als Gott an und glaubten nicht an Jesum; täglich kämen bei ihnen Fälle vor, wo einer denanderen totschlüge; die Römisch-Katholischen, die in ihre Länder kämen, würden zum Tode verurteilt;sie hätten keine Gesetze, sondern lebten fortwährend in einem anarchischen Zustande.Wenn ein Novize Vernunft zeigte, dann war es um ihn getan: er hatte die entsetzlichsten Qualen zuerdulden. Man wandte die äußersten Mittel an, den rebellischen Geist des Knaben durch Einwirkungenauf die Sinne zu brechen, was bei vielen zum Wahnsinn führte. Cocci fand einst nach einerschrecklichen Predigt in seiner Zelle ein grinsendes Totengerippe und ein anderes Mal ein scheußlichesGemälde des Jüngsten Gerichts, welches mit vielen Lichtern beleuchtet war. Wenn solche Mittelnicht fruchten wollten, dann folgten die grausamsten Geißelungen.Weiter unten, wenn ich <strong>von</strong> den Folgen des Zölibats in den Klöstern rede, wird sich zeigen, welchenschändlichen Verführungen die unter Leitung der Mönche stehenden Knaben ausgesetzt sind,und ein jeder Vater wird daraus erkennen können, wie höchst gefährlich es für seine Kinder ist,wenn er diese in Klosterschulen unterrichten läßt.Welche Vorteile kann auch diesen Gefahren für die Sittlichkeit gegenüber die Erziehung durchGeistliche gewähren! Der größte Teil derselben, mögen sie nun Katholiken, Lutheraner oder Reformierteheißen, sind beschränkt, und diejenigen, die es nicht sind, müssen so scheinen, da ihreExistenz da<strong>von</strong> abhängt. Die unter ihrer Leitung erzogenen Knaben saugen <strong>von</strong> Jugend an eineMenge falscher Ansichten und Vorurteile ein, die sie dann ihr ganzes Leben lang wie eine Sklavenkettemit sich herumschleppen und die ihnen vielfach an ihrem Fortkommen hinderlich sind. Mannehme die Erziehung aus den Händen der Geistlichen und trenne die Kirche durchaus <strong>von</strong> der Schule;ehe das nicht geschieht, werden wir nicht Männer erziehen, welche den Anforderungen des gegenwärtigenJahrhunderts entsprechen.Ich erwähnte oben, daß die Novizen für geringe Vergehen grausam gegeißelt wurden, und muß einigesüber das Geißeln überhaupt sagen, da es eine ganz außerordentlich große Rolle in der römischenKirche und besonders in den Klöstern spielt. Ich habe einen ganzen Band über das Geißelngeschrieben, und andere haben es vor mir getan, aber dennoch den Gegenstand nur oberflächlich

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