68Es ist ordentlich spaßhaft zu sehen, wie nun jeder Papst auf ein neues Mittel sann, die Erfindungseines Vorgängers Bonifazius noch einträglicher zu machen, denn - preti, frati e polli non son maisatolli (Priester, Mönche und Hühner werden nie satt).Bonifazius IX. berechnete, daß viele Christen nicht nach Rom kämen, weil die Reise zuviel kosteteund weil sie vielleicht auch wegen ihrer Geschäfte nicht abkommen konnten. Diesen schickte er dieGnade ins Haus, indem er Leute aussandte, welchen er die Macht beilegte, für den dritten Teil derReisekosten nach Rom vollgültigen Ablaß zu erteilen! - Trotz dieser Erleichterung strömten dieFremden doch noch nach Rom, und in dem Jubeljahr unter Nikolaus V. konnte die Tiberbrücke dieMenge der Menschen nicht tragen; sie brach zusammen, und zweihundert verloren dabei das Leben.Papst Alexander VI. machte eine noch nützlichere Erfindung. Von ihm rührt nämlich die sogenannteGoldene Pforte der Peterskirche her. Beim Beginn des Jubeljahres tat der Papst mit goldenemHammer drei Schläge an diese Tür; dann wurde sie geöffnet und am Ende des Jahres wieder vermauert.Wer durch diese Pforte einging, war seiner Sünden ledig; ja, für eine bestimmte Summekonnte man auch im Auftrag eines Entfernten hindurchgehen und diesen <strong>von</strong> seinen Sünden befreien.Diese Maßregel brachte viel Geld ein.Die Päpste wurden durch diese Erfolge immer geldgieriger gemacht. Sie konnten oft die 25 Jahrenicht abwarten, und bei besonderen Veranlassungen, um die man nie verlegen war, wurde ein Extra-Jubiläumangesetzt, oder Reisende, die in Ablaß "machten", wurden in der Welt umhergeschickt.Sie waren noch zudringlicher als Weinhandlungsreisende, so daß sie <strong>von</strong> manchen Gemeinden, denPfarrer an der Spitze, zum Dorfe hinausgeprügelt wurden.Die Reformation machte diesem Jubiläumsschwindel so ziemlich ein Ende, denn mit der Einnahmeder späteren Jubeljahre wollte es nicht mehr recht "flecken". Sogar das Jahr 1825 wurde noch zueinem Jubeljahr erhoben; allein es kamen wenig mehr Fremde als gewöhnlich nach Rom, meistensnur italienisches Lumpengesindel, <strong>von</strong> dem nichts zu holen war. Auch trafen die Fürsten Anstalten,die Wallfahrten nach Rom zu erschweren, da sie das Geld ihrer Untertanen im Lande selbst brauchten.Sogar die damalige österreichische Regierung verbot ihren italienischen Untertanen, ohne inWien ausgestellte Pässe nach Rom zu wallfahrten. Wer da nicht beizeiten um einen Paß einkam,konnte leicht das Jubeljahr verpassen.Nach einer wahrscheinlich viel zu geringen Berechnung haben die Jubeljahre den Päpsten gegen150 Millionen eingetragen.Der Ablaßschwindel wurde <strong>von</strong> Leo X. auf die höchste Spitze getrieben. Die ungeheuren Einnahmen,die aus ganz Europa in den päpstlichen Schatz flossen, genügten diesem üppigen und prachtliebendenPapste noch immer nicht, und doch waren sie fast unermeßlich! Mehrere Goldquellen,welche sich die Päpste zu öffnen verstanden, habe ich bereits genannt; alle anzuführen würde zuweitläufig sein, doch einige will ich noch angeben.Eine nicht unbedeutende Einnahme für die Päpste sind die Annaten. So nennt man nämlich die erstejahreseinnahme eines neuen Bischofs, welche an den Papst gezahlt werden muß. Man kann dieselbedurchschnittlich immer auf 12 000 Taler annehmen, und wenn man gering rechnet, daß wenigstens2 000 Bischöfe ihre Annaten an den Päpstlichen Stuhl zahlten, so macht dies schon 30 MillionenTaler. Die Dispensationsgelder der Priester wegen ermangelnden Alters zu sechs Dukaten; dieDispensation <strong>von</strong> Fasten und die Erlaubnis Zu Ehen zwischen Blutsverwandten brachten großeSummen. Die letzteren mußten natürlich sehr häufig vorkommen, dafür hatten die Päpste gesorgt,indem sie die Ehe zwischen Blutsverwandten bis zum vierzehnten Grade verboten. Es hat sich jemanddie Mühe genommen, auszurechnen, wieviel jeder Mensch durchschnittlich solche Blutsverwandteals lebend annehmen kann, und - sechzehntausend gefunden. Werden alle Arten der Verwandtschaftberechnet, so steigt ihre Zahl auf wenigstens 1 048 576. Da konnte es natürlich an Dis-
pensgeldern nicht fehlen. - Außerdem wurde noch für Kreuzzugs- und Türkensteuer und unterunzähligen andern Namen den Gläubigen Geld aus dem Beutel gelockt.69Ganz vortrefflich verstand sich auf dieses Wunder Papst Johann XXII. Er ist der Erfinder derschändlichen Liste der für Dispensationen und Absolutionen zu entrichtenden Taxen, <strong>von</strong> welchenich später reden werde. Dieser Papst scharrte so viel zusammen, daß er, der arme Schuhflickerssohn,- sechzehn Millionen gemünztes Gold und siebzehn Millionen in Barren hinterließ!Doch, wie gesagt, alle diese reichen Einkünfte reichten nicht hin, die "Bedürfnisse" des Papstes LeoX. zu befriedigen. Seine Kinder, Verwandten, Possenreißer, Komödianten, Musiker wie seine Liebhabereifür die Künste verschlangen unermeßliche Summen, und der üppige Heilige Vater geriet ingroße Verlegenheit.Um sich derselben zu entziehen, beschloß er, den Ablaß systematisch zur Erpessung <strong>von</strong> Geld zubenutzen. Eine Beisteuer zur Führung eines Krieges gegen die Türken und zur Fortsetzung desschon <strong>von</strong> seinem Vorgänger begonnenen Baues der Peterskirche gab den Vorwand. Die sehr verbrauchteTürkensteuer wollte nirgends mehr recht ziehen, und Kardinal Ximenes, der weise spanischeMinister, verbot sogar, dafür zu sammeln, "weil er ganz sichere Nachrichten habe, daß jetzt<strong>von</strong> den Türken durchaus nichts zu befürchten sei". Der Papst erließ also eine Bulle, worin allen,welche durch Geldbeträge den Bau der Peterskirche befördern würden, Ablaß verkündigt würde.Die ganze christliche Erde wurde nun in verschiedene Bezirke eingeteilt und Reisende des großenrömischen Handelshauses dorthin geschickt, unter dem Titel päpstlicher Legaten oder Kommissarien.Die Ablaßbriefe, welche diese commis voyageurs des Statthalters Gottes verkauften, lautetenwie folgt:"Im Namen unseres allerheiligsten Vaters, des Stellvertreters Jesu Christi, spreche ich dich zuerst<strong>von</strong> aller Kirchenzensur los, die du verschuldet haben könntest, hiernächst auch <strong>von</strong> allen Missetatenund Verbrechen, die du bisher begangen, so groß und schwer dieselben auch sein mögen; auch<strong>von</strong> denen, welche sonst allein der Papst vergeben kann, soweit sich die Schlüssel der heiligen Mutterkircheerstrecken. Ich erlasse dir vollkommen alle Strafen, die du um dieser Sünden willen billigim Fegefeuer erleiden solltest. Ich mache dich wieder der Kirchensakramente und der Gemeinschaftder Gläubigen teilhaftig und setze dich <strong>von</strong> neuem in den reinen und unschuldigen Zustand zurück,worin du gleich nach der Taufe warst, so daß, wenn du stirbst, die Pforten der Hölle, wodurch manzur Qual und Strafe einzieht, verschlossen sein sollen, damit du geraden Weges in das Paradies gelangenmögest. Solltest du aber jetzt noch nicht sterben, so bleibt dir diese Gnade ungekränkt."In der päpstlichen Kanzleitaxe war der Preis festgesetzt, für welchen die allerscheußlichsten Sündenvergeben wurden. Eltern- und Geschwistermord, Blutschande, Kindermord, Fruchtabtreibung,Ehebruch aller Art, die unnatürlichste Wollust, Meineid - kurz alles, was man nur Sünde oderVerbrechen heißt, fand hier seinen Preis. Ich würde dies empörende Dokument für eine Erfindungder Feinde des Papstes halten, wenn die Echtheit desselben nicht unzweifelhaft bewiesen wäre.Die schamloseste und frechste Nichtswürdigkeit enthält aber der Schluß dieser Taxe; er lautet:"Dergleichen Gnaden können Arme nicht teilhaftig werden, denn sie haben kein Geld, also müssensie des Trostes entbehren!"Für die Bezahlung <strong>von</strong> zwölf Dukaten war es sogar den Geistlichen erlaubt, ganz nach GefallenHurerei, Ehebruch, Blutschande und Sodomiterei mit Tieren zu treiben!Des Papstes Spekulation glückte; unermeßliche Summen wanderten nach Rom; sie lassen sich garnicht berechnen. Ein päpstlicher Legat zog allein aus dem kleinen Dänemark mehr als zwei Millionendurch Ablaßverkauf.
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dem diese sie dazu gebrauchten, den
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