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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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pensgeldern nicht fehlen. - Außerdem wurde noch für Kreuzzugs- und Türkensteuer und unterunzähligen andern Namen den Gläubigen Geld aus dem Beutel gelockt.69Ganz vortrefflich verstand sich auf dieses Wunder Papst Johann XXII. Er ist der Erfinder derschändlichen Liste der für Dispensationen und Absolutionen zu entrichtenden Taxen, <strong>von</strong> welchenich später reden werde. Dieser Papst scharrte so viel zusammen, daß er, der arme Schuhflickerssohn,- sechzehn Millionen gemünztes Gold und siebzehn Millionen in Barren hinterließ!Doch, wie gesagt, alle diese reichen Einkünfte reichten nicht hin, die "Bedürfnisse" des Papstes LeoX. zu befriedigen. Seine Kinder, Verwandten, Possenreißer, Komödianten, Musiker wie seine Liebhabereifür die Künste verschlangen unermeßliche Summen, und der üppige Heilige Vater geriet ingroße Verlegenheit.Um sich derselben zu entziehen, beschloß er, den Ablaß systematisch zur Erpessung <strong>von</strong> Geld zubenutzen. Eine Beisteuer zur Führung eines Krieges gegen die Türken und zur Fortsetzung desschon <strong>von</strong> seinem Vorgänger begonnenen Baues der Peterskirche gab den Vorwand. Die sehr verbrauchteTürkensteuer wollte nirgends mehr recht ziehen, und Kardinal Ximenes, der weise spanischeMinister, verbot sogar, dafür zu sammeln, "weil er ganz sichere Nachrichten habe, daß jetzt<strong>von</strong> den Türken durchaus nichts zu befürchten sei". Der Papst erließ also eine Bulle, worin allen,welche durch Geldbeträge den Bau der Peterskirche befördern würden, Ablaß verkündigt würde.Die ganze christliche Erde wurde nun in verschiedene Bezirke eingeteilt und Reisende des großenrömischen Handelshauses dorthin geschickt, unter dem Titel päpstlicher Legaten oder Kommissarien.Die Ablaßbriefe, welche diese commis voyageurs des Statthalters Gottes verkauften, lautetenwie folgt:"Im Namen unseres allerheiligsten Vaters, des Stellvertreters Jesu Christi, spreche ich dich zuerst<strong>von</strong> aller Kirchenzensur los, die du verschuldet haben könntest, hiernächst auch <strong>von</strong> allen Missetatenund Verbrechen, die du bisher begangen, so groß und schwer dieselben auch sein mögen; auch<strong>von</strong> denen, welche sonst allein der Papst vergeben kann, soweit sich die Schlüssel der heiligen Mutterkircheerstrecken. Ich erlasse dir vollkommen alle Strafen, die du um dieser Sünden willen billigim Fegefeuer erleiden solltest. Ich mache dich wieder der Kirchensakramente und der Gemeinschaftder Gläubigen teilhaftig und setze dich <strong>von</strong> neuem in den reinen und unschuldigen Zustand zurück,worin du gleich nach der Taufe warst, so daß, wenn du stirbst, die Pforten der Hölle, wodurch manzur Qual und Strafe einzieht, verschlossen sein sollen, damit du geraden Weges in das Paradies gelangenmögest. Solltest du aber jetzt noch nicht sterben, so bleibt dir diese Gnade ungekränkt."In der päpstlichen Kanzleitaxe war der Preis festgesetzt, für welchen die allerscheußlichsten Sündenvergeben wurden. Eltern- und Geschwistermord, Blutschande, Kindermord, Fruchtabtreibung,Ehebruch aller Art, die unnatürlichste Wollust, Meineid - kurz alles, was man nur Sünde oderVerbrechen heißt, fand hier seinen Preis. Ich würde dies empörende Dokument für eine Erfindungder Feinde des Papstes halten, wenn die Echtheit desselben nicht unzweifelhaft bewiesen wäre.Die schamloseste und frechste Nichtswürdigkeit enthält aber der Schluß dieser Taxe; er lautet:"Dergleichen Gnaden können Arme nicht teilhaftig werden, denn sie haben kein Geld, also müssensie des Trostes entbehren!"Für die Bezahlung <strong>von</strong> zwölf Dukaten war es sogar den Geistlichen erlaubt, ganz nach GefallenHurerei, Ehebruch, Blutschande und Sodomiterei mit Tieren zu treiben!Des Papstes Spekulation glückte; unermeßliche Summen wanderten nach Rom; sie lassen sich garnicht berechnen. Ein päpstlicher Legat zog allein aus dem kleinen Dänemark mehr als zwei Millionendurch Ablaßverkauf.

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