192malen. -Auf solche Weise verfuhren nun wohl nicht alle römischkatholischen Geistlichen, umdie Schamhaftigkeit ihrer Beichtkinder zu besiegen; bei den meisten gelang es ihnen durch biblischeSpitzfindigkeiten und, wo dieselben nicht helfen wollten, mit Verweigerung der Absolutionund Androhung der ganzen Teufelsküche. Zu solchen äußersten Mitteln brauchten die heiligen Väterindessen nur selten zu schreiten, denn die Beichte ist schon an und für sich ein höchst wirksamesMittel zur Ertötung der Scham.Das Mädchen oder die Frau, welche einem fremden Manne die geheimsten Regungen ihrer Sinnlichkeitund die dadurch hervorgebrachten Wirkungen mit allen Details - so verlangen es häufig dielüsternen Beichtväter - schildern kann, kostet es auch keine große Überwindung, sich vor demselbenzu entblößen; wer die nackte Seele gesehen hat, mag auch den nackten Körper sehen! -Weigerte sich indessen dennoch eine Beichttochter und wollte nicht daran glauben, daß die Pfaffenein Recht dazu hätten, die Entblößung zu verlangen, dann entgegneten diese ihnen, daß Jesus gesagthabe: Gebet hin und zeiget euch den Priestern; wollte es eine andere unschicklich und anstößig finden,dann antwortete man ihr: "Ach Larifari! Adam und Eva waren im Paradiese nackt, und amAuferstehungstage werden wir keine Hosen tragen." So kam es allmählich so weit, daß man garnichts mehr darin fand, wenn ein Beichtvater einem Mädchen oder einer Frau mit eigener Hand dieRute gab.Die Pfaffen standen schon seit den ältesten Zeit mit vollem Recht in schlechtem Ruf, und es ist daherwohl begreiflich, daß die Ehemänner ziemlich unruhig waren, wenn ihre Frauen zur Beichtegingen. Selbst sehr fromme und heilige Bücher enthalten darüber höchst ergötzliche Geschichten,wenn sie auch meistens ernsthaft langweilig und im schrecklichsten Mönchslatein erzählt sind.In einem Buche <strong>von</strong> Scotus, betitelt Mensa philosophica, findet sich zum Beispiel die folgende:Einem Weibe, welches eben in den Beichtstuhl ging, um ihre Sünden zu bekennen, folgte im geheimenihr Ehemann nach, da ihn die Eifersucht plagte, zu welcher er auch wohl gute Gründe habenmochte. Er verbarg sich in der Kirche so, daß er seine Frau genau beobachten konnte; aber kaumsah er sie <strong>von</strong> dem Beichtvater hinter den Altar führen, als er sehr eifrig hervorstürzte und demselbenvorstellte, daß seine Frau viel zu zart sei, die Geißelung auszuhalten; solle aber einmal gegeißeltwerden, nun, dann erbiete er sich, die Strafe auf sich zu nehmen. Die Frau war sehr vergnügtüber diesen Vorschlag, und der Beichtvater willigte ein. Kaum hatte sich der Mann vor diesem niedergeworfenund in die gehörige Geißelpositur gesetzt, so rief seine Frau: "Nun, ehrwürdiger Vater,haut nur recht tüchtig zu, denn ich bin eine sehr große Sünderin!"Nach den Beispielen <strong>von</strong> den Wirkungen des Zölibats auf die Geistlichen welche ich in den vorigenKapiteln gegeben habe, werden es die Leser sehr natürlich finden, daß diese Art und Weise derbeichtväterlichen Absolution zu unendlich vielen Mißbräuchen Veranlassung gab. Die Zahl derda<strong>von</strong> bekannten Beispiele ist unendlich groß, obgleich die Pfaffen stets bemüht waren, dergleichenErzählungen als Verleumdungen hinzustellen. Ich könnte eine ganze Galerie da<strong>von</strong> aufführen, begnügemich aber damit, nur einige Geschichten dieser Art zu erzählen, deren Wahrheit bis in diekleinsten Details durch gerichtliche Untersuchungen ans Tageslicht gekommen ist, und weil sie mirganz vorzüglich geeignet scheinen, die römischkatholischen Geistlichen und ihre Beichte zu illustrieren.Die erste da<strong>von</strong> ist die <strong>von</strong> dem Bruder Cornelius Adriansen zu Brügge. Derselbe war zu Dortrechtgeboren. Seine Eltern bestimmten ihn zum geistlichen Stande, und nachdem er seine Studien vollendethatte, kam er im Jahre 1548 nach Brügge in das dortige Franziskanerkloster. Bald entdeckteman in ihm eine Menge theologischer Kenntnisse und eine ganz besondere Gabe, "populär" zu predigen,wodurch seine Oberen bewogen wurden, ihm das Predigeramt anzuvertrauen.Seine Predigten waren ganz eigentümlicher Art, und man wird sie am besten beurteilen können,wenn ich ein Bruchstück aus einer derselben mitteile. Seine Reden wurden übrigens schon bei sei-
nen Lebzeiten gesammelt und zum Ergötzen der Ketzer in den Niederlanden im Druck herausgegeben.193Am 15. Dezember 1560 ereiferte er sich sehr, weil einige angesehene deutsch-protestantische Predigerund Anhänger der Augsburgischen Konfession nach Antwerpen gekommen waren. Nachdemer einen Teil des Textes ausgelegt hatte, ergriff er die Gelegenheit, seinem Grimm über die KetzerLuft zu machen. Er brüllte wie verrückt: "Bah! ich möchte beinah vor Zorn und Tollheit aus derHaut fahren! Ah bah! da sind nun zu Antwerpen, dem höllischen Pfuhl, dem teuflischen Abgrund,wo alles verfluchte Gift und stinkender Unflat zusammenkommt, wiederum neue Verräter, Verführer,Betrüger, neue Schelme und Bösewichter aus dem verdammten und verfluchten Deutschlandangekommen und vermeinen, in diesen edlen Niederlanden - die sich jederzeit so standhaft imchristlichen Glauben gehalten, bis die mageren, dürren, ledernen deutschen Arschkerben ihre beschisseneSupplikation übergeben - ihre Augsburgische Konfession einzuführen und fortzupflanzen.Bah, seht doch, wie schnell sie mit ihrer teuflischen Augsburger Konfession gelaufen kommen, sobaldsie gehört, daß diese verfluchten Geusen die Religion verändern wollen! Ei ja, eben recht! wie?wir sitzen da und warten darauf, bis ihr kommt? Bah, alles bereit? Ah bah, es ist zu verwundern,wie ihr so lange geblieben seid mit eurer schönen Konfession <strong>von</strong> Augsburg, welche erstlich so süß,lieb und betrüglich <strong>von</strong> dem falschen, verdammten, höllischen Ketzer, dem unbeständigen Zweifalterund Wetterhahn Philipp Melanchthon, verfaßt und zusammengestellt, dann aber mit seinem teuflischen,höllischen Gift so verdorben und nach seinem ketzerischen Sinn verfälscht worden, daßauch die Zwinglianer, Calvinisten und Sakramentierer sich damit behelfen und verteidigen könnenund wollen. Darum scheiß ich in die Augsburgische Konfession. Bah! die Zeit soll noch kommen,daß diese Konfession an den Galgen gehängt und mit Kot und Dreck soll beworfen werden, ja, daßalle Katholischen den Arsch daran wischen werden; bah, so sehet! - Ah bah! die Wiedertäuferei isttausendmal besser als die Konfession <strong>von</strong> Augsburg. Bah! Gott schände die Augsburgische Konfession,bah! der Teufel hole die Augsburgische Konfession! Wie, was meint ihr, daß wir toll und törichtsein und daß wir uns so <strong>von</strong> diesen ledernen Arschkerben sollen überteufeln und äffen lassen,<strong>von</strong> diesen deutschen Verrätern, den ersten Abtrünnigen und Ausgebannten <strong>von</strong> der römischkatholischenKirche?" usw.Seine Predigten wimmelten <strong>von</strong> Unflätereien, <strong>von</strong> denen die obigen nur eine bescheidene Probesind, und hörte er, daß man sich darüber aufgehalten habe, dann schrie er <strong>von</strong> der Kanzel wie besessen:"Bah, darum haltet das Maul und laßt mich predigen, was mir der Heilige Geist eingibt!" Erübte indessen einen bedeutenden Einfluß auf den großen Haufen aus, und seine Predigten warenbesonders geschickt dazu, den Haß gegen die Protestanten zum Fanatismus anzufachen. Einstmalspredigte er gar, "daß man schwangeren Weibern der Ketzer den Leib aufschneiden solle, um dieKinder, ehe sie geboren wären, zu verbrennen".Diese Predigten fallen indessen schon in eine spätere Zeit.Bald nach Antritt seines Predigeramtes hatte er sein Augenmerk auf einen anderen Gegenstand gerichtet- nämlich auf die schönen Mädchen und Frauen <strong>von</strong> Brügge. Er fing an, gegen das ehelicheLeben zu predigen, und setzte es mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln herab; denn es sei fastnicht möglich, als Verheirateter selig zu werden. Dagegen konnte er die Jungfräulichkeit nicht hochgenug preisen und verhieß den Mädchen, welche darin beharren würden, ganz gewiß die Seligkeit.Heutzutage würde man darüber selbst in streng katholischen Ländern lachen, und höchstens einigeverhimmelnde Ebelianische Seelenbräute würden vielleicht in dem guten Pater den sehr fleischgewordenenParaklet sehen; aber damals, als die meisten Leute noch eine ungeheure Sorge um ihr"Seelenheil" hatten, verursachten seine Predigten einen solchen Aufruhr unter den Weibern inBrügge, daß alle Männer die Geduld verloren, denn ihre Frauen flohen sie förmlich, und die Mädchenbeschlossen, in ihrem Leben nicht zu heiraten. - Doch "der Geist ist willig, aber das Fleisch istschwach". Die armen Frauen gerieten in Verzweiflung und liefen zu Bruder Cornelius, um sichTrost und Rat zu holen. Dieser hörte sie freundlich an und belehrte sie über die Mittel, durch welche
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6bens. Kardinal Johann, ein Englän
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dem diese sie dazu gebrauchten, den
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56Jupiters Hofstaat bildeten, und w
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