62Schachtel; eine Flasche voll ägyptischer Finsternis, etwas <strong>von</strong> dem Schall der Glocken, die geläutetwurden, als Christus in Jerusalem einzog; einen Strahl <strong>von</strong> dem Sterne, welcher den Weisenaus dem Morgenlande leuchtete; etwas <strong>von</strong> dem Fleisch gewordenen Wort; einige Seufzer, die Josephausstieß, wenn er knotiges Holz zu hobeln hatte; den Pfahl im Fleische, der dem heiligen Paulusso viel zu schaffen machte, und noch unendlich viel andern Unsinn.Die Unverschämtheit der Pfaffen kannte keine Grenzen, denn die Dummheit der Menschen warunbegrenzt. Oben habe ich ein Pröbchen sowohl <strong>von</strong> der Unverschämtheit als <strong>von</strong> der Dummheit inder Geschichte mit dem Mönch Eiselin gegeben; hier mag noch eine Probe folgen, welche PoggioBraciolini erzählt, der beinahe vierzig Jahre lang päpstlicher Geheimschreiber war und 1459 alsKanzler der Republik Florenz starb.Ein Mönch hatte sich in eine hübsche Frau verliebt und versuchte es auf alle Weise, sie zu verführen.Es gelang ihm auch. Sie stellte sich sehr krank und verlangte nun den Mönch als Beichtvater.Dieser kam, blieb mit ihr der Sitte gemäß allein, um ihr die Beichte abzunehmen, und wurde erhört.Am andern Tag kam er wieder und legte, um es sich bequemer zu machen, seine Hosen auf das Bettder Frau. Dem Manne schien die Beichte etwas lange zu dauern; er wurde neugierig und trat unvermutetin das Zimmer. Der Mönch absolvierte so schnell als möglich und floh, aber - vergaß,seine Hosen mitzunehmen. Diese fielen nun dem racheschnaubenden Ehemann in die Hände. Erstürzte damit auf die Gasse und zeigte diese Verräter seinen Nachbarn, entflammte sie zur Wut undbrach mit ihnen ins Kloster ein. Der Mönch sollte sterben! Ein alter besonnener Pater versuchte esvergebens, den Hitzkopf zu beruhigen, der übrigens jetzt die Sache gern vertuscht hätte, wenn esangegangen wäre. Das merkte der alte Pater und sagte ihm: er brauche wegen dieser Hosen nichtsÜbles zu denken, denn dieses wären die Beinkleider des heiligen Franziskus, welche Krankheitenwie die, woran seine Frau litte, gründlich heilten. Zu seiner Beruhigung wolle er die Hosen feierlichabholen.Alsbald zogen Mönche mit Kreuz und Fahne nach dem Hause des ehrlichen Dummkopfes, legtendie heilige Reliquie auf ein seidenes Kissen, stellten sie zur Verehrung aus und reichten die heiligenHosen des liederlichen Mönchs den Gläubigen Zum Kusse herum. Dann trug man sie in feierlichemBittgang nach dem Kloster zurück und legte sie hier zu den übrigen heiligen Reliquien 1 ).1) Es ist dies keine erfundene Anekdote oder ein Scherz des genannten Autors. Die Erzählung findet sich in einem ganzernsten Werke, in welchem Poggio mit großer Entrüstung <strong>von</strong> der Verderbtheit der Geistlichen redet. Überhaupt verschmäheich es durchaus, auf Kosten der historischen Wahrheit zu scherzen, und alle in diesem Werk gemachten Angabenkann ich historisch nachweisen, so seltsam sie auch manchmal klingen mögen.In dieses Kapitel <strong>von</strong> den Reliquien gehören auch die wundertätigen Heiligenbilder und ihre Verehrung.Die Pfaffen hatten mit den heiligen Knochen und Lumpen noch nicht genug. Bald fanden sichBilder <strong>von</strong> Jesus und der Jungfrau Maria, welche der Evangelist Lukas gemalt haben sollte. Siezeugten weder <strong>von</strong> der Kunst des Malers noch <strong>von</strong> der Schönheit der Personen, welche sie vorstellensollten, denn sie waren ganz schauderhaft! Andere, nicht bessere Bilder fielen vom Himmel, undendlich ließ man sie ganz ungescheut <strong>von</strong> Malern malen.Diese Bilder verehrte man wie Reliquien, und die Verehrung ging bald in förmliche Anbetung über.Über den Bilderdienst entstanden die blutigsten Kämpfe, und endlich wurde er der Grund zur Trennungder Kirche in die griechische und lateinische. Dieser Bilderstreit dauerte zwei Jahrhundertelang. Kaiser Konstantin V., welcher 741 starb, erklärte alle Bilder für Götzenbilder und fegte dasganze Land <strong>von</strong> Bildern und Reliquien rein. Er verwandelte die Klöster zu Konstantinopel in Kasernen,und Mönche und Nonnen machte er lächerlich, indem er sie zum Beispiel paarweise einenUmzug im Zirkus halten ließ.Im Westen fand dieser Bilder- und Reliquiendienst anfangs auch viele Widersacher. Der BischofClaudius <strong>von</strong> Turin meinte: "Wenn man das Kreuz anbetet, an dem Jesus gestorben, so muß man
63auch den Esel anbeten, auf dem er geritten ist", was denn auch in der Folge wirklich geschah!Andere aber hielten diesen Bilderdienst für sehr wichtig. Ein Mönch hatte, um den Unzuchtsteufelzu besänftigen, diesem das Gelübde getan, das tägliche Gebet vor den Bildern in seiner Zelle zuunterlassen. Im Zweifel darüber, ob er eine Sünde damit begangen, beichtete er dies dem Abt, unddieser sagte zu ihm. "Ehe du das Gebet vor den heiligen Bildern unterlässest, gebe lieber in jedesBordell der Stadt." - So behielten wir denn in Europa die Bilderanbetung, und die griechische Kircheerhielt sie gar bald auch wieder. -Sobald das Heilige Grab aufgefunden war, strömten die frommen Christen dorthin; die Wallfahrtennach dem Heiligen Lande kamen auf und nach allen Stellen desselben, welche durch die Bibel einebesondere Bedeutung erlangt hatten. Man wallfahrtete sogar zu dem Misthaufen, auf welchem Hiobgesessen!Den Pfaffen gefiel es indessen nicht im allergeringsten, daß das schöne Geld so weit hinweggetragenwurde, und ihre Heiligenbilder und Reliquien taten Wunder über Wunder, um die frommenScharen anzulocken. Schrecklich waren die Erzählungen <strong>von</strong> den Strafen, welche die Ungläubigenund Spötter getroffen. Die Heiligen wußten ihre Ehre zu schützen, wie zum Beispiel der heiligeGangulf. Dieser wurde <strong>von</strong> einem Priester, dem Liebhaber seiner Frau, totgeschlagen und fingplötzlich an, im Grabe Wunder zu tun. Das liederliche Weib, welches am besten wußte, daß ihr Alterdurchaus kein Wunder tun konnte, lachte, als sie es hörte, und rief. "Der tut ebensowenig Wunder,als mein Hintern singt" und - o Graus! - dieser fing an zu singen!Die Wallfahrten kamen aber erst recht in Gang, als damit der Ablaß verbunden wurde. Der übergroßeMißbrauch dieses Mißbrauches wurde die Veranlassung zur Reformation, und wir müssen denselbenetwas genauer betrachten. Der Ablaß ist ein Kind des Fegefeuers und der Ohrenbeichte.In der ersten Zeit der christlichen Kirche mußten diejenigen, welche wegen grober Vergehungenaus der Gemeinde ausgestoßen waren, wenn sie in dieselbe wieder aufgenommen sein wollten, alleihre Sünden und Verbrechen öffentlich vor der Gemeinde bekennen; diese Buße nannte man dieBeichte. Als die Pfaffen mächtig wurden, verwandelten sie dieses öffentliche Bekenntnis gar bald inein geheimes, um ihre Macht zu erhöhen. Papst Innozenz III. ordnete aber (1215) an, daß ein jederjährlich wenigstens einmal einem Priester seine Sünden insgeheim bekennen und die ihm auferlegteBuße tragen solle. Wer die Beichte unterließ, wurde <strong>von</strong> der Kirche ausgeschlossen und erhielt keinchristliches Begräbnis.Jeder begreift, welche ungeheure Gewalt die Priester durch diese Einrichtungen erlangten, dennabgesehen da<strong>von</strong>, daß sie <strong>von</strong> den Gläubigen die geheimsten Dinge erfuhren, die sie zu ihren Zweckenbenutzen konnten, lag es auch ganz in ihrer Hand, den Beichtenden freizusprechen oder nicht,und sie wußten diese Gewalt trefflich zu benutzen, indem sie ihn freisprachen - absolvierten -, jenachdem der Sünder zahlte.Das Fegefeuer war eine Erfindung des römischen Bischofs Gregor des Großen (590-604). Fegefeuerhieß der Ort, wo seiner Erklärung nach die menschlichen Seelen geläutert wurden, damit sie reinin den Himmel kamen; also eine Art himmlischer Seelenwaschanstalt. Wer so halb zwischen Himmelund Hölle balancierte, der konnte darauf rechnen, daß er gehörig lange im Fegefeuer - dennFeuer war das Reinigungsmittel - schwitzen mußte, wenn nicht die Pfaffen, die sich mit denWaschteufeln auf du und du standen, ihn für Geld durch gute Worte früher in den Himmel spedierten.Das Reglement im Fegefeuer war nur den Pfaffen bekannt, und daher konnten sie allein beurteilen,wie viele Messen dazu gehörten, um die Seele aus dem Fegefeuer loszubeten; - aber dieseMessen wurden keinesweg umsonst gelesen.Friedrich der Große kam einst in ein Kloster im Klevischen, welches <strong>von</strong> den alten Herzögen gestiftetwar, damit darin Messen zu ihrer Befreiung aus dem Fegefeuer gelesen werden könnten. "Nun,wann werden denn endlich meine Herren Vettern aus dem Fegefeuer losgebetet sein?" fragte er
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