10.07.2015 Aufrufe

Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

163unglücklichen Opfer zusammengeschleppt. Es wäre ihnen besser gewesen, man hätte sie gleichbei der Geburt erstickt! Die Mütter wären wahnsinnig geworden, hätten sie gesehen, wie die Trappistenmit den unschuldigen Kindern umgingen. Die Schilderung, welche ein Augenzeuge da<strong>von</strong>machte, wendet einem nicht ganz gefühllosen Menschen das Herz im Leibe herum!Die Kinder, meistens im Alter <strong>von</strong> vier bis zehn Jahren, lebten in düsteren Zellen, deren ganzesGerät ein Strohsack, ein Totenkopf, Spaten und Hacke war, womit sie ihre Kartoffelfelder bearbeiteten,die sie nebst Wasser und Brot nährten. Sie waren gekleidet wie die Trappisten und mußtenganz ebenso leben wir ihre Lehrer. Sie durften nicht reden, und die ganze Anstalt glich einem Taubstummen-Institute.Wenn solch ein armes Kind zur Unzeit sprach, lachte, aß oder sonst einen Fehlerbeging, wurde es bis aufs Blut gegeißelt . Fortwährend Prügel, gewürzt durch etwas Latein, das wardie ganze Erziehung, denn alle anderen Wissenschaften wurden verachtet.Es konnte nicht ausbleiben, daß viele der Kinder durch die Flucht sich dieser barbarischen Behandlungzu entziehen suchten; allein die armen Geschöpfe wurden leicht wieder eingefangen, und diefürchterlichsten Strafen schreckten <strong>von</strong> ferneren Fluchtversuchen ab. Klagen konnten die Ärmstenniemandem, denn die Eltern durften ihre Kinder nicht sprechen, und diese waren bis zum 21. JahreEigentum des Klosters!Die Folge da<strong>von</strong> war, daß eine große Menge der Kinder krank oder wahnsinnig wurden. Es kamenGerüchte da<strong>von</strong> unter das Volk, und der Ex-Jesuit Le Clerc schrieb öffentlich gegen diese Kindermordanstalt.Seine Stimme fand Gehör, und Friedrich Wilhelm III. <strong>von</strong> Preußen machte derScheußlichkeit ein Ende.Aber nicht alle Fürsten denken so vernünftig, und wir sehen in anderen Staaten Klöster und Klosterschulenin höchster Blüte. Die Mönche trachten danach, ihre Schüler zu Mönchen oder dochmöglichst mönchähnlich zu machen, und in der höchsten Vollkommenheit zeigen sich diese Bestrebungenbei der Erziehung der Novizen, weshalb ich einiges darüber sagen will.Climakus spricht: "Es ist besser gegen Gott sündigen als gegen seinen Prior." Das erste Gesetz ineinem Kloster ist unbedingter Gehorsam, und deshalb trachtet man denn auch vor allen Dingen danach,Geist und Körper in Fesseln zu legen. Ein Novize darf gar keinen Willen haben; er muß aufden Wink der frommen Väter oder des Novizenmeisters aufpassen wie ein Pudel in der Dressur. Ermuß auf Befehl krank und gesund sein, sich in Wasser oder Feuer stürzen und die unsinnigstenDinge vornehmen, wenn sie ihm geheißen werden.Die Novizen sind die Hofnarren der Patres und müssen sich alle Ausbrüche ihrer guten oder bösenLaune gefallen lassen. Diese nehmen mit ihren Zöglingen die allerverrücktesten Dinge vor, um sie"an Gehorsam und Demut zu gewöhnen".Die Novizen mußten zum Beispiel manchmal, mit schweren Reitstiefeln angetan, auf einem Beinum den Tisch hüpfen oder ein Dutzend Purzelbäume schlagen, so gut sie es konnten. Dann wurdeihnen wieder befohlen, Fischeier oder Salz in die Erde zu säen, oder man spannte sie an einen Wagenund ließ sie einen Strohhalm oder eine Feder spazierenfahren.Kapuziner haben ihren Novizen Heu und Stroh vorgesetzt oder sie aus Sautrögen essen lassen. EinVergnügen, welches sie sich oftmals machten, war, daß sie auf dem Fußboden einen Strich mitKreide zogen und nun den Novizen befahlen, diesen aufzulecken. Das war an und für sich schon arggenug; aber überdies zogen sie den Strich absichtlich über den Speichel, womit sie die Dielen zuverzieren pflegten.Oft ließ man die armen Dulder auch exerzieren. Es wurde ihnen ein alter Kessel über den Kopf gestülpt,ein Bratspieß oder ein Flederwisch an die Seite gesteckt und eine Bratpfanne als Gewehrüber die Schulter gelegt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!