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Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

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nem Steine auf den linken Schlaf getroffen, daß er infolge der erhaltenen Verletzung zehn Tagedarauf starb. 1 )Man bemerke wohl, daß hier nicht vom Mittelalter, sondern <strong>von</strong> der Zeit zwischen 1835 und 1845die Rede ist und daß diese oder ähnliche Nichtswürdigkeiten noch ebenso wahrscheinlich heutigentagsstattfinden.Ich würde die mir gesteckten Grenzen zu sehr überschreiten, wenn ich auch nur einen kleinen Teilder mir noch bekannten, im Kloster begangenen Schandtaten anführen wollte, deshalb übergehe ichauch die sehr interessante Geschichte des Urban Grandier, der durch die nichtswürdigsten Schikanenauf den Scheiterhaufen gebracht wurde, weil er die Begierden einer Abtissin und ihrer Nonnenzu Loudun nicht befriedigen wollte.Einer unserer besten Romanschriftsteller, Willibald Alexis, hat diesen Stoff zu einem Roman bearbeitet.Ein in den Klöstern gebräuchliches Sprichwort sagt: "Man kommt zusammen, ohne sich zu kennen,man lebt miteinander, ohne sich zu lieben, und stirbt, ohne beweint zu werden." Ein unter solchenVerhältnissen bestehendes Zusammenleben mußte den besseren unter den Mönchen zur Hölle werden,und mancher arme Pater, den seine bigotten Eltern dem Klosterleben in früher Jugend geopferthatten, sprach mit heißen Tränen den Wunsch aus, daß ihn die Mutter bei der Geburt doch lieberersäuft als in ein Kloster geschickt haben möchte.Zur Zeit, als das Klosterleben in seiner höchsten Blüte war, etwa im elften Jahrhundert, herrschteunter den Menschen eine wahre Wut, ins Kloster zu gehen; nur als Mönch glaubte man der Seligkeitgewiß zu sein. Hermann, Herzog <strong>von</strong> Zähringen, schlich sich in Bauernkleidung vom Fürstenstuhlins Kloster zu Clugny und diente demselben als Schweinehirt bis an seinen Tod, wo erst seinStand bekannt wurde. Der Mann eignete sich ganz gewiß besser zum Schweinehirten als zum regierenden1 ) Ungerechtigkeiten und Grausamkeit der römischen Kirche im neunzehnten Jahrhundert. Erzählung <strong>von</strong> Rafaelo Ciocci.Altenburg bei Pierer.Fürsten, und es war schön <strong>von</strong> ihm, daß er seinen Beruf erkannte.Doch nicht alle trieb Andacht oder Demut ins Kloster; viele suchten in demselben weiter nichts alsein faules, liederliches Leben, was sie auch meist in reichem Maße fanden. Das Gelübde derKeuschheit, welches den Laien immer als das schrecklichste erschien, betrachtete man in sehr vielenKlöstern als eine leere Form, und Saul, der Abt des Klosters zur heiligen Maria im BistumMondennadi in Spanien, verwandelte dasselbe geradezu in ein Bordell.Sogar das Konkubinat, ja selbst die Ehe waren unter den Mönchen nicht selten. Im zehnten Jahrhundertlebten in manchen. Klöstern die Abte und sämtliche Mönche im Konkubinat oder in förmlicherEhe und statteten ihre Söhne und Töchter mit Klostergütern aus. Unter Abt Hadamar <strong>von</strong> Fuldawaren die meisten Mönche verheiratet.Doch wir brauchen nicht so weit ins graue Mittelalter hinaufzusteigen; dergleichen Fälle kamennoch in neuerer Zeit vor. Im Jahre 1563 fand man in vielen Klöstern Niederösterreichs Eheweiber,Konkubinen und Kinder der Mönche, und noch vor einigen zwanzig Jahren hielt der Prälat AugustinBloch in der Schweiz ein allerliebstes Kammermädchen, welches als Student verkleidet war.Doch ich wollte es diesen Klosterherren gern verzeihen, wenn sie ihre Schätzchen hinter den heiligenMauern sittsam verbergen; da<strong>von</strong> hat die Welt eben keinen Schaden; aber mehr Unheil richtensie an, wenn sie ihre Verführungskünste außerhalb derselben wirken lassen. Um dies tun zu können,183

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