182Allein P. Raimund tobte und verbot die Herbeirufung eines Arztes auf dag strengste, weil es einerschreckliches Ärgernis absetze, wenn es unter die Weltlichen käme, es habe sich ein Kapuzinererhängt. Keine Bürste wurde zum Reiben seines Leibes angewandt, sondern man legte den Leichnamohne weiteres auf einen Totensarg und machte bekannt, P. Theophil sei an einem Schlagfluß(Apoplexie) gestorben."Ein anderes Beispiel, wie schnell die Pfaffen diejenigen zu expedieren wissen, die ihnen unbequemoder gefährlich werden, erzählt Rafaelo Ciocci.Don Alberico Amatori, Bibliothekar im Kloster Sancta Croce die Gerusalemme zu Rom, war durchdas Lesen der Bibel <strong>von</strong> vielen Irrtümern und Mißbräuchen der römischen Kirche überzeugt worden.Er und fünfzehn ihm gleichgesinnte Mönche, darunter Rafaelo Ciocci, unterschrieben eineEingabe an den Ordensgeneral Nivardi Tassini, in welcher sie um Einräumung eines bequemenKlosters baten, wo sie nach ihrer Überzeugung leben konnten.Alle diese Mönche schienen mit dem Charakter ihrer Mutter Kirche sehr schlecht bekannt zu sein,da sie einfältig genug waren zu glauben, daß dieselbe auch nur im entferntesten daran denken könne,ihre Wünsche zu erfüllen. Der unerhörte Vorschlag erregte allgemeines Entsetzenl Amatoriwurde vor ein Tribunal gefordert, und mit Entrüstung vernahmen die geistlichen Herren, daß er ä laLuther die Bibel zur Grundlage des ganzen Kirchenwesens machen wolle. Man gebot ihm Schweigen,um die Sache nicht öffentlich werden zu lassen, und faßte im geheimen einen Entschluß überdas Schicksal der ketzerischen Mönche.Der Mönch Stramucci wurde ins Kloster San Severin in den Sümpfen geschickt, wo er infolge "derungesunden Luft" oder durch anderes Zutun nach Verlauf weniger Monate <strong>von</strong> einem starken Mannin ein Gerippe verwandelt war. Don Andrea Gigli wurde nach Rom berufen. Er war damals sehrgesund; allein er nahm täglich mehr ab, und nach zwei Monaten wurde er eines Morgens tot im Bettgefunden. - Don Eugenio Ghioni blieb in Rom; aber nach vier Monaten starb auch er, erst 31 Jahrealt. - Don Marian Gabrielli, ein blühender Jüngling, starb ebenfalls. Alle diese Krankheiten nannteman "Auszehrung"! - Der Abt Bucciarelli , ein Mann <strong>von</strong> herkulischer Gestalt, starb nach kurzerKrankheit <strong>von</strong> nur drei Tagen. Der Abt Berti hatte nach zwei Monaten einen "Fieberanfall" undstarb nach einer Krankheit <strong>von</strong> zehn Tagen. - Don Antonio Baldini bekam nach Verlauf <strong>von</strong> 34 Tagenfurchtbare Krämpfe und starb. - Die übrigen sechs kämpften monatelang zwischen Leben undTod. Nur Don Alberico und Ciocci blieben lange Zeit <strong>von</strong> dem geheimnisvollen Todesengel unberührt.Aber die Rache zögerte nur, sie schlief nicht. Eines Abends nach dem Essen bekam Ciocci schrecklicheKrämpfe im Magen und ein furchtbares Brennen in Brust und Gurgel. In wenigen Minutenwar er schwarzgelb im Gesicht, und vor den Mund trat ihm Schaum. - Die herbeilaufenden Möncheschrien, daß er besessen sei, und versuchten nun ihren abgeschmackten Hokuspokus mit Weihwasserund Reliquien, wodurch der Kranke, der diesen Unsinn verabscheute, nur geärgert wurde. Endlichkam ein Arzt, aber nicht der gewöhnliche, sondern, wie man sagte, der nächste, den man habefinden können. Er gab Ciocci eine Arznei, wodurch aber die Schmerzen sogleich noch bedeutendvermehrt wurden.Ciocci bestand nun darauf, daß man den gewöhnlichen Klosterarzt holen solle, der sein Freund war,und da man wahrscheinlich hoffte, daß er zu spät kommen werde, schaffte man ihn auch herbei.Nachdem derselbe sich etwas orientiert hatte, betrachtete er die vom ersten Arzt gegebene Arznei,<strong>von</strong> der noch einige Tropfen im Glase waren, und voll Zorn und Entsetzen warf er sie nach der Untersuchungund einem bedeutungsvollen "Aha" zum Fenster hinaus. - Durch die zweckmäßigenMittel, welche der wackere Mann anwendete, wurde Ciocci gerettet.In demselben Kloster wurde eines Tages der Novizenlehrer Pacifico Bartoci , der sich durch seineStrenge verhaßt gemacht hatte, im innern, offenen Hof des Klosters <strong>von</strong> unbekannter Hand mit ei-
nem Steine auf den linken Schlaf getroffen, daß er infolge der erhaltenen Verletzung zehn Tagedarauf starb. 1 )Man bemerke wohl, daß hier nicht vom Mittelalter, sondern <strong>von</strong> der Zeit zwischen 1835 und 1845die Rede ist und daß diese oder ähnliche Nichtswürdigkeiten noch ebenso wahrscheinlich heutigentagsstattfinden.Ich würde die mir gesteckten Grenzen zu sehr überschreiten, wenn ich auch nur einen kleinen Teilder mir noch bekannten, im Kloster begangenen Schandtaten anführen wollte, deshalb übergehe ichauch die sehr interessante Geschichte des Urban Grandier, der durch die nichtswürdigsten Schikanenauf den Scheiterhaufen gebracht wurde, weil er die Begierden einer Abtissin und ihrer Nonnenzu Loudun nicht befriedigen wollte.Einer unserer besten Romanschriftsteller, Willibald Alexis, hat diesen Stoff zu einem Roman bearbeitet.Ein in den Klöstern gebräuchliches Sprichwort sagt: "Man kommt zusammen, ohne sich zu kennen,man lebt miteinander, ohne sich zu lieben, und stirbt, ohne beweint zu werden." Ein unter solchenVerhältnissen bestehendes Zusammenleben mußte den besseren unter den Mönchen zur Hölle werden,und mancher arme Pater, den seine bigotten Eltern dem Klosterleben in früher Jugend geopferthatten, sprach mit heißen Tränen den Wunsch aus, daß ihn die Mutter bei der Geburt doch lieberersäuft als in ein Kloster geschickt haben möchte.Zur Zeit, als das Klosterleben in seiner höchsten Blüte war, etwa im elften Jahrhundert, herrschteunter den Menschen eine wahre Wut, ins Kloster zu gehen; nur als Mönch glaubte man der Seligkeitgewiß zu sein. Hermann, Herzog <strong>von</strong> Zähringen, schlich sich in Bauernkleidung vom Fürstenstuhlins Kloster zu Clugny und diente demselben als Schweinehirt bis an seinen Tod, wo erst seinStand bekannt wurde. Der Mann eignete sich ganz gewiß besser zum Schweinehirten als zum regierenden1 ) Ungerechtigkeiten und Grausamkeit der römischen Kirche im neunzehnten Jahrhundert. Erzählung <strong>von</strong> Rafaelo Ciocci.Altenburg bei Pierer.Fürsten, und es war schön <strong>von</strong> ihm, daß er seinen Beruf erkannte.Doch nicht alle trieb Andacht oder Demut ins Kloster; viele suchten in demselben weiter nichts alsein faules, liederliches Leben, was sie auch meist in reichem Maße fanden. Das Gelübde derKeuschheit, welches den Laien immer als das schrecklichste erschien, betrachtete man in sehr vielenKlöstern als eine leere Form, und Saul, der Abt des Klosters zur heiligen Maria im BistumMondennadi in Spanien, verwandelte dasselbe geradezu in ein Bordell.Sogar das Konkubinat, ja selbst die Ehe waren unter den Mönchen nicht selten. Im zehnten Jahrhundertlebten in manchen. Klöstern die Abte und sämtliche Mönche im Konkubinat oder in förmlicherEhe und statteten ihre Söhne und Töchter mit Klostergütern aus. Unter Abt Hadamar <strong>von</strong> Fuldawaren die meisten Mönche verheiratet.Doch wir brauchen nicht so weit ins graue Mittelalter hinaufzusteigen; dergleichen Fälle kamennoch in neuerer Zeit vor. Im Jahre 1563 fand man in vielen Klöstern Niederösterreichs Eheweiber,Konkubinen und Kinder der Mönche, und noch vor einigen zwanzig Jahren hielt der Prälat AugustinBloch in der Schweiz ein allerliebstes Kammermädchen, welches als Student verkleidet war.Doch ich wollte es diesen Klosterherren gern verzeihen, wenn sie ihre Schätzchen hinter den heiligenMauern sittsam verbergen; da<strong>von</strong> hat die Welt eben keinen Schaden; aber mehr Unheil richtensie an, wenn sie ihre Verführungskünste außerhalb derselben wirken lassen. Um dies tun zu können,183
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Auch der Wechsel der Jahreszeiten m
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dem diese sie dazu gebrauchten, den
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Eigentliche Wunder, das heißt Ding
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26Katholische Priester, welche von
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28anerkannt werden, so mußte er Ha
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30Wenn wir als wahr annehmen, daß
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32daß sich die Götter unter die M
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34zerstreut und mit ihnen die Chris
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genügen, nur in leichten Umrissen
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38häupter derselben; sie beriefen
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daß überall Geschwüre hervorbrac
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44Die ganze Gegend, in welcher ein
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Zeit in der syrischen Wüste und sc
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St. Adalbert, der sogenannte Aposte
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50Die Tiere hatte er sehr lieb und
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52Eine höchst merkwürdige Antipat
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54Ärger konnten die Pfaffen die ch
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56Jupiters Hofstaat bildeten, und w
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der Nachgeburt genossen hätten! -
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60kuriose Spielereien und Abwege, s
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62Schachtel; eine Flasche voll ägy
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64ziemlich ernsthaft den Pater Guar
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jemals bezahlt wurde. - Der Papst u
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68Es ist ordentlich spaßhaft zu se
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70Leo X. fand es vorteilhaft, den A
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Die Statthalterei Gottes in Rom74"A
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78Völker ließen sich von diesen e
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80Selbst im Abendland, wo doch der
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82Martinus wagte es, den Befehlen d
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sondern begleitete ihn selbst zu Fu
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86fällt? Wir kennen dich nicht und
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88Der Strom der päpstlichen Nichts
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90Man erzählt nämlich, daß zwisc
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auf den Mund küssen, und keiner du
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94Feindin, aber barmherziger war, u
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sich bereits seinen Bruder Dschem e
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