72Er blieb bei dem "Gotteskasten" stehen und sah zu, was jeder hineinlegte, und die guten Zwickauersteuerten reichlich zu Ehren des heiligen Juvenal! Tetzel flüsterte dem Küster ins Ohr: "Esist genug geopfert, nun wollen wir weidlich da<strong>von</strong> schmausen."In der Schweiz absolvierte Tetzel einen reichen Bauern wegen eines Totschlages, und als dieser ihmgestand, daß er noch einen Feind habe, den er gern ermorden wolle, erlaubte es ihm der elendePfaffe gegen eine kleine Summe!Trotz aller Pfiffigkeit wurde Tetzel aber doch einmal angeführt. - In Magdeburg kam ein Herr <strong>von</strong>Schenk zu ihm und bot ihm eine nicht unbedeutende Summe, wenn er ihn für eine große Sünde absolvierenwolle, die er noch zu begehen gedenke. Schmunzelnd strich der Pfaff das Geld ein undgab den verlangten Ablaßbrief.Als nun einige Tage darauf Tetzel <strong>von</strong> Magdeburg nach Braunschweig zog, beladen mit einigentausend Gulden, überfiel ihn in einem Walde bei Helmstedt der Herr <strong>von</strong> Schenk und nahm ihmseine ganze Barschaft ab. Der Pfaff schrie Zetermordio und klagte über Gewalt; allein Schenk zeigteseinen Ablaßbrief vor und sagte: "Entweder hat mein Verfahren nichts zu bedeuten, oder deineWare ist Betrug." Schenk behielt das Geld, und Tetzel hatte das Nachsehen.Dieser nichtswürdige Mönch hatte die rechte Art, den Leuten das Geld aus dem Beutel zu schwatzen,und er nahm mehr ein als alle anderen Ablaßkrämer, die sich damit begnügten, stehende Redensartenherzuplappern:"Seht doch, der Himmel steht euch überall offen. Wollt ihr jetzt nicht hineingehen, wann werdet ihrdenn hineinkommen? O ihr unsinnigen und verstockten Menschen, die ihr fast den wilden Tierengleich seid und die große Verschwendung und Ausgießung der päpstlichen Gnade nicht zu würdigenversteht.Sehet! so viel Seelen könnt ihr aus dem Fegefeuer erlösen! O ihr Hartnäckigen und Saumseligen!Ihr könnt mit zwölf Groschen euren Vater aus dem Fegefeuer reißen und seid doch so undankbar,daß ihr euren Eltern in so großer Not nicht beisteht. Ich will am jüngsten Gerichte die Schuld da<strong>von</strong>nicht auf mich nehmen" usw.Tetzel wußte die Sache den Leuten viel plausibler zu machen, und da war keine Dirne, die ihmnicht einige Groschen für irgendeine kleine Sünde, die sie begehen wollte, gezahlt hätte. Wieschnell er Geld zusammenzubringen wußte, beweist folgendes: In Görlitz war die Peterskirche gebautworden, und es fehlte nur noch das kupferne Dach, wozu 1 800 Zentner Kupfer erforderlichwaren, die damals 48 000 Taler kosteten. Man wandte sich an Tetzel, und in drei Wochen hatte erdie Summe gesammelt.Luthers 95 Thesen gegen den Ablaß ruinierten dem Pater den ganzen Handel. Vielleicht war es derÄrger darüber, der ihn in Leipzig auf das Krankenlager warf, <strong>von</strong> dem er nicht wieder aufstand. Erstarb und liegt in dieser Stadt im Paulino begraben, wo sein Monument wahrscheinlich noch zusehen ist. -Die Ablaßrechnung ist eine ganz kuriose Rechnung, und es ist schwer, sich hineinzufinden. MancheLeute kauften Ablaß für mehrere hundert Jahre, während sie doch höchstens auf hundert zählenkonnten. Aber die Jahre im Fegefeuer zählten mit, und das änderte die Rechnung! Für diese Sündehatte man, nach Angabe der Pfaffen, zwanzig Jahre zu braten, für jene gar dreißig, und so kamenbei einem geübten Sünder leicht schon einige hundert Jährchen zusammen. Wollte er nun dennochdirekt in den Himmel spazieren, so mußte er schon für so viele Jahre Ablaß kaufen, als ihm kraftseiner Sünden im Fegefeuer zukamen.
73Das war übrigens noch nicht so schwer, denn wer eine Reliquie küßte und besonders wer dafürbezahlte, erhielt auf drei oder mehr Jahre Ablaß, je nach der Heiligkeit der Reliquie. ErzbischofAlbrecht besaß einen solchen Schatz <strong>von</strong> Reliquien, daß damit Ablaß zu gewinnen war auf "neununddreißigMal tausend, zweihundert Mal tausend, fünfundvierzigtausend, hundert und zwanzigJahre, zweihundert und zwanzig Tage."Unter den Reliquien, die er <strong>von</strong> Halle nach Mainz schaffen ließ, befanden sich aber auch sehr rareund heilige Stücke!Achtmal vom Haare der Jungfrau Maria; fünfmal <strong>von</strong> ihrer Milch; dann das Hemd, in welchem sieJesus geboren, ein halber Kinnbacken <strong>von</strong> St. Paulus nebst vier Zähnen usw.Man glaube ja nicht, daß diese Ablaßrechnungen der vergangenen Zeit angehören und mit dem Mittelalterabgetan sind; sie werden noch heutzutage <strong>von</strong> römischen Priestern angestellt und den Gläubigenvorgetragen. In den "geistlichen Neujahrsgeschenken" der Diözese Mans in Frankreich, welchevor etwa zwanzig Jahren erschienen, wird folgende Berechnung über den Ablaß gegeben: Wennman einen geweihten Rosenkranz hat, sagte die heilige Brigitte, so erlangt man hundert Tage Ablaß,so oft man das Credo, das Gloria Patri, das Paternoster und das Ave betet. Wenn man also den gewöhnlichenRosenkranz betet, der aus 53 Ave, 6 Paternoster, 6 Gloria Patri und einem Credo besteht,so erlangt man 6.600 Tage Ablaß, den man den Seelen im Fegefeuer zuwenden kann. Sagtman den Rosenkranz <strong>von</strong> 150 Gebeten her, so erhält man 19.000 Tage Ablaß, und überdies 7 Jahreund 7 vierzigtägige Fristen! - Für eine Viertelstunde frommer Betrachtung erhält man 7 Jahre und289 Tage Ablaß; für die Begleitung des Sanktissirnum, wenn es zu Kranken getragen wird, 5 Jahreund 200 Tage; wenn man es aber mit einer Kerze begleitet, erlangt man 2 Jahre und 83 Tage mehr.Die Summen, welche die Geistlichkeit durch ihren Handel gewann, sind unberechenbar und lassensich aus einzelnen Angaben nur annäherungsweise schätzen. Liest man solche Angaben, so kannman gar nicht begreifen, wie es nur möglich war, bei dem früheren hohen Werte des Geldes sovielzusammenzuscharren.Als in der französischen Revolution die Klöster aufgehoben und die geistlichen Güter eingezogenwerden sollten, bot die Geistlichkeit der Nationalversammlung vierhundert Millionen Franken barGeld! - Die Venezianer schätzten das Vermögen ihrer Geistlichkeit auf 206 Millionen Dukaten.Von der Einnahme der Geistlichkeit, die herrlich und in Freuden leben wollte und viel verbrauchte,ging nur ein kleiner Teil in die päpstliche Schatzkammer; und deshalb wird die Angabe dieserSumme den allerbesten Maßstab dafür abgeben, was dem schon ohnehin genug geplagten Volke<strong>von</strong> den Pfaffen abgeschwindelt wurde.Aus dem Gebiete <strong>von</strong> Venedig, welches nur zweiundeinehalbe Million Einwohner zählte, gingeninnerhalb zehn Jahren 2.760.164 Skudi nach Rom, und aus Österreich unter Maria Theresia binnenvierzig Jahren 110.414.560 Skudi! Sind diese Angaben richtig - und sie sind zuverlässigen Quellenentnommen -, so erscheint die Berechnung viel zu gering, nach welcher innerhalb 600 Jahren ausder katholischen Christenheit nur 1.019.690.000 Gulden nach Rom gezahlt wurden.Und wofür wurde dies Geld bezahlt? Für Dinge, welche zum Elend und zur Demoralisation desVolkes mehr beitrugen als irgend etwas in der Welt, und an wen gingen die 1 019 Millionen? - Aneinen italienischen Bischof, der uns so wenig angeht wie der Mikado <strong>von</strong> Japan und der sich mitdemselben Recht Statthalter Christi nennt, wie ich es tun könnte, und der unter diesem Titel zu seinerZeit behauptete, Herr der ganzen Erde zu sein, <strong>von</strong> welcher derjenige, dessen Statthalter er zusein vorgibt, nicht einmal soviel besaß, um sein Haupt daraufzulegen! - Was aber die "StatthalterChristi in Rom" für Menschen waren und wie wenig sie die Verehrung verdienen, welche ihnen dieChristen zollten, werden wir im nächsten Kapitel mit Abscheu und Ekel erfahren.
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