70Leo X. fand es vorteilhaft, den Ablaß in einigen Bezirken an große Unternehmen für bestimmteSummen Zu verpachten. Die Generalpächter hatten wieder ihre Unterpächter, damit die Länder jarecht gründlich ausgesogen wurden.Einer dieser Generalpächter war der Markgraf Albrecht <strong>von</strong> Brandenburg, Bischof <strong>von</strong> Halberstadt,Erzbischof <strong>von</strong> Magdeburg, und endlich auch Erzbischof <strong>von</strong> Mainz und Kardinal! Er war demPapst 30 000 Dukaten Palliengelder schuldig und übernahm den Ablaßkram in einigen Ländern, inder Hoffnung, die Summe dabei zu gewinnen, welche ihm auch gegen Verpfändung des Ablaßerlöses<strong>von</strong> dem Grafen Fugger in Augsburg vorgeschossen wurde.Der edle Kurfürst, Kardinal und Erzbischof betrieb diese Sache mit großem Eifer und kaufmännischemGeschick, und sehr interessant ist die <strong>von</strong> ihm den Ablaßkrämern gegebene Instruktion, weshalbich ihren Inhalt hier mitteilen will."Zuerst sollen die Ablaßprediger dem Kurfürsten schwören, daß sie ihn nicht betrügen. Dann gibt erihnen Gewalt, nach aufgerichtetem Kreuz und aufgehängtem Wappen des Papstes, in den Kirchenden Ablaß zu verkündigen und ihn denienigen Personen zu erteilen, welche <strong>von</strong> ihren ordentlichenGeistlichen in den Kirchenbann getan oder mit sonstigen Kirchenstrafen belegt sind.Dann wird dem Ablaßprediger befohlen, in jeder Ablaßpredigt dem Volk drei bis vier Stücke ausder Ablaßbulle des Papstes nach Möglichkeit zu erklären und anzupreisen, damit die päpstlicheGnade nicht-in Verachtung gerate und die Leute nicht einen Ekel <strong>von</strong> dem Ablaß bekommen mögen.Ferner will der Kurfürst, daß dem Volke gesagt werden solle, es gelte außer dem seinigen in dennächsten acht Jahren kein anderer Ablaß, den man bereits erhalten habe oder noch erhielte; aberdurch diesen erlange nicht nur jeder völlige Vergebung der Sünden, sondern er komme nach demTode auch gar nicht in das Fegefeuer.Den Kranken, welche nicht in die Kirche kommen könnten, solle der Ablaß auch zu Hause, aber füreine größere Summe, erteilt werden. Wenn die Prediger die Größe des Ablasses jemandem hinlänglicherklärt haben und es dazu kommt, zu bestimmen, was er wohl zu zahlen habe, so sollen sie ihnfragen, wieviel Geld er wohl für den völligen Ablaß um Vergebung seiner Sünden aufopfern werde?Dies sollen sie vor: ausschicken, um die Leute desto leichter zum Kaufen des Ablasses zu bewegen.Wenn nun auch die Ablaßprediger stets den Nutzen der Peterskirche vor Augen haben und denBeichtenden vorreden müssen, daß eine so hohe Gnade niemals zu teuer bezahlt sei, um sie zu einermöglichst hohen Abgabe zu bewegen, so spricht sich dennoch der Kurfürst wie folgt aus: Weil dieBeschaffenheit der Menschen zu sehr verschieden und Wir demnach gewisse Taxen zu bestimmennicht vermögen, so vermeinen Wir doch, daß in der Regel die Taxen also könnten gesetzt werden:Große Fürsten geben 25 rheinische Goldgulden. Äbte, höhere Prälaten, Grafen, Freiherren und ihreFrauen zahlen für jede Person 10 rheinische Goldgulden. Andere Leute, die jährlich 500 Goldguldeneinzunehmen haben, zahlen 6 Goldgulden; Frauen und Handwerker einen, noch Geringere einenhalben Gulden.Obwohl eine Frau <strong>von</strong> des Mannes Gütern nichts geben kann, so kann sie doch <strong>von</strong> ihren DotalundParapharnalgütern, in diesem Falle auch wider des Mannes Willen, beitragen. Wenn arme Weiberund Töchter die Taxen <strong>von</strong> andern erbetteln können, sollen sie solche ebenfalls in den Ablaßkastenliefern.Wenn jemand für eine Seele im Fegefeuer so viel beiträgt, als er etwa für sich zu bezahlen hätte, soist nicht nötig, daß er im Herzen bußfertig sei oder mit dem Munde beichte! Denn dieser Ablaßgründet sich auf die Liebe, mit welcher der, so im Fegefeuer sitzt, abgeschieden ist, und auf dieBeiträge der Lebendigen.
71Wer einen Beichtbrief <strong>von</strong> den Ablaßpredigern kauft, wird teilhaftig aller Almosen, Fasten, Wallfahrtennach dem Heiligen Grabe, Messen, Reinigung und guten Werke, die in der ganzen christlichenKirche verrichtet werden, ob er gleich weder bußfertig ist noch gebeichtet hat.Daß auf einen gewandten, guten Reisenden sehr viel ankommt, weiß jeder Kaufmann, und der Erzbischofwar bemüht, einen solchen zur Verbreitung seiner Ware aufzufinden. Er fand ihn in demDominikanermönch Johann Tetzel aus Pirna. In der Jugend hatte sich derselbe etwas mit dem Studierenabgegeben, und sein Religionseifer erwarb ihm die Würde eines Doktors der Theologie. InInnsbruck wurde er einst darüber erwischt, als er - wie die Chronik sagt - seinen geistlichen Samenin fremden Acker streute. Kaiser Maximilian I. hatte Befehl gegeben, die Brunst des verliebten Patersim Wasser zu kühlen, das heißt, ihn in einem Sacke zu ersäufen. Nur auf dringende Fürbitte desKurfürsten Friedrich kam er mit dem Leben da<strong>von</strong>. Dieser unverschämte, feiste Schlingel, dessenPorträt in einem sehr guten Kupferstiche vor mir liegt, ist das wahre Ideal eines Pfaffen. Der Spitzbubesieht so durchtrieben und humoristisch aus, daß ich beinahe glaube, ich ließe mir selbst <strong>von</strong>ihm einen Ablaßzettel anschwatzen. Welch ein Glück mußte er nun erst bei den Gläubigen machen!Er führte einen eisernen, mit dem Wappen des Papstes verzierten Kasten mit sich herum und zog<strong>von</strong> Markt zu Markt, indem er sang: "Sowie das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuerspringt!" Überall versammelte er eine große Menge um sich, und seine Anpreisungen des Ablasseswaren wahrhaftig sehr ergötzlich, wenn auch fromme Christen sie gotteslästerlich nannten.Er rühmte <strong>von</strong> sich, daß er durch den Ablaß mehr Seelen aus der Hölle errettet habe, als <strong>von</strong> demApostel Petrus durch die Predigt des Evangeliums Heiden bekehrt worden waren. Er könnte nichtallein begangene Sünden vergeben, sondern auch solche, die man erst begehen wolle, und die Kraftseines Ablasses sei so groß, daß es keine Sünde gebe, welche durch denselben nicht gesühnt werdenkönne; ja, wenn jemand, was doch unmöglich sei, "die Mutter Gottes genotzüchtigt und geschwängerthabe" - durch seinen Ablaß könne derselbe <strong>von</strong> der dadurch verwirkten Strafe befreit werden.Dieser Tetzel trieb die Frechheit so weit, daß der damalige Johann <strong>von</strong> Meißen vorhersagte, dieserMönch würde der letzte Ablaßkrämer sein.Man erzählt <strong>von</strong> ihm eine Menge Stückchen, die Zeugnis ablegen <strong>von</strong> seiner grenzenlosen Unverschämtheit.In Annaberg, wo damals reiche Silberbergwerke waren, machte er den Leuten weis, daßalle Berge rings umher gediegenes Silber werden würden, wenn sie nur brav zahlten. In dieser Stadtscheint es ihm gefallen zu haben, denn er blieb hier zwei Jahre. - In Freiberg sammelte er binnenzwei Tagen zweitausend Gulden; aber als er wieder dorthin kam, hatte Luther den Leuten den Stargestochen, und die Bergleute waren so wütend, daß Tetzel es für geraten hielt, sich schleunigst da<strong>von</strong>zumachen.In Zwickau wollte er sich einst bei dem dortigen Küster zu Gaste bitten; allein dieser entschuldigtesich mit seiner Armut. Darauf befahl er diesem, im Kalender nachzusehen, ob auf dem andern Tagder Name eines Heiligen zu finden wäre. Der Küster fand aber nur den heidnischen Namen Juvenal."Das tut nichts", sagte Tetzel, "Wir wollen diesen Heiligen schon zu Ehren bringen; beruft nur morgendas Volk durch alle Glocken zur Kirche, wie ihr es sonst an den höchsten Festtagen zu tunpflegt."Der Küster tat, wie ihm befohlen, und die Einwohner der Stadt strömten in Menge in die Kirche.Tetzel predigte. "Die alten Heiligen", sagte er, "sind alt und müde, uns zu helfen; aber dieser heiligeJuvenal, dessen Gedächtnis wir heute feiern, ist noch ziemlich unbekannt; wenn ihr ihn anfleht undihm opfert, so wird er sich gewiß beeilen, euch zu helfen." Darauf riet er zur Freigebigkeit und ermahntebesonders die Vornehmen, mit gutem Beispiel voranzugehen.
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