10.07.2015 Aufrufe

Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

Otto von Corvin: Pfaffenspiegel - Wieviel »Gleichberechtigung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

144Mehrere Anhänger Gregors, welche das Zölibatsgesetz mit Gewalt durchsetzen wollten, verlorenbeinahe das Leben darüber. Als Bischof Altmann <strong>von</strong> Passau den Befehl des Papstes <strong>von</strong> derKanzel verkündigte, mußten ihn die anwesenden vornehmen Laien vor den wütenden Priesternschützen, die ihn in Stücke reißen wollten. - Der Bischof Heinrich <strong>von</strong> Chur geriet durch seinenEifer für das Zölibat ebenfalls in Gefahr. Als Erzbischof Johann <strong>von</strong> Rouen auf einer Synode dasGesetz verlas, entstand ein Tumult; man bombardierte den Erzbischof mit Steinen, so daß er in großerEile die Kirche verlassen mußte.In England fand Gregors Gesetz ebenfalls bedeutenden Widerstand; aber einer der englischen Prälatentröstete sich, indem er sagte: "Man kann wohl den Priestern die Weiber, aber nicht den Weiberndie Priester nehmen."Bis zum Tode Heinrichs IV. <strong>von</strong> Deutschland wurden hier die beweibten Priester auf das grausamsteverfolgt, und da es den Päpsten nur um Ausrottung der Priesterehe zu tun war, so wurden außerehelicheUnzucht und oft daraus entstehende Verbrechen weniger hart bestraft.Auf die Anfrage des Abts Rudolf <strong>von</strong> Saëz, was einem Mönch geschehen solle, der es versucht hatte,einen Ehemann zu vergiften, antwortete Anselm, Erzbischof <strong>von</strong> Canterbury - man solle ihnnicht zum Diakonat oder Presbyteriat befördern!Die englischen Geistlichen zeichneten sich ganz besonders durch ihre Liederlichkeit aus, und ehrenhalbermußte der Papst endlich offiziell dagegen einschreiten. Auf der Synode zu London (1125)wurde also bei Strafe der Absetzung den Priestern das Zusammenleben mit Weibern verboten. DerLegat des Papstes, Kardinal Johann <strong>von</strong> Crema, hatte große Mühe gehabt, diesen Beschluß durchzukämpfen,und noch am Abend desselben Tages, wo es ihm gelungen war, ertappte man ihn miteiner feilen Dirne. Er war unverschämt genug, sich damit zu entschuldigen, "daß er nur ein Zuchtmeisterder Priester sei".Bischof Ranulph <strong>von</strong> Durham, genannt Flambard oder Passaflaberer, war vielleicht der liederlichsteGeistliche in der Welt. Er lebte wie ein türkischer Sultan. Schöne Mädchen in üppiger Entkleidungkredenzten ihm bei Tische den Wein, und damit er stets die Mittel hatte, flott zu leben, so bedrückteund plünderte er seine geistlichen Pflegekinder.Sein Ruf war auch zu dem päpstlichen Legaten gedrungen. Dieser ließ ihn vor die Synode nachLondon zitieren; allein Ranulph fand es nicht für gut, diesem Ruf zu folgen, und der Kardinal Johannentschloß sich, selbst nach Durham zu gehen, um sich hier durch den Augenschein <strong>von</strong> derWahrheit der Gerüchte zu überzeugen.Ranulph wußte zu leben. Er empfing den Legaten Sr. Heiligkeit auf das freundlichste, veranstalteteein großes Gastmahl, bei dem alle Leckereien der Welt und die feinsten Weine aufgetragen wurden,so daß der Kardinal ganz außer sich vor Entzücken war, besonders da eine schöne "Nichte" des Bischofs,die auf ihre Rolle einstudiert war, sich alle mögliche Mühe gab, ihn vortrefflich zu unterhalten,ja, sich endlich bewegen ließ, bei dem päpstlichen Legaten zu schlafen.Nachdem dieser wie ein Gimpel in die ihm gestellte Falle gegangen war, versammelte der Bischofseine Kleriker und Knaben, welche Becher und Lichter trugen, und begab sich jetzt in feierlicherProzession an das Bett. Der Chorus rief: Heil! Heil!Der verwirrte Legat fragte erstaunt: "Soll dies eine Ehrenbezeugung für den heiligen Petrus sein?""Mein Herr", antwortete der Bischof, "es ist in unserem Lande Sitte, daß, wenn ein Vornehmer heiratet,man ihm diese Ehre erzeigt. Stehet auf und trinket, was in diesem Kelche ist. Weigerst dudich, so sollst du den Kelch trinken, nach welchem du nicht mehr dürsten wirst."

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!