126Reichstag ausgesprochene teilweise Aufhebung des Konkordats beraubte sie der Leitung desSchulwesens und der Kontrolle über die Ehe und damit zweier der mächtigsten Hebel ihrer Macht.Die große Tätigkeit, welche die römische Kirche durch ihre Vereine und andere ihr zu Gebote stehendenMittel entwickelt, und das immer dreistere Auftreten derselben machten nicht nur mancheRegierungen stutzig, sondern veranlaßten auch die Männer der Wissenschaft und selbst diejenigen,welche sich nie um Religion kümmerten, sich gegen die verfinsternden und die Entwicklung desfreien Volksfortschritts hemmenden Bestrebungen der Kirche mit aller Kraft zu erheben. Was immerauch Papst Pius IX. <strong>von</strong> dem im Jahre 1869 <strong>von</strong> ihm zusammenberufenen Konzil für sanguinischeHoffnungen hegen mochte, wer die Lage der Dinge mit vorurteilsfreiem Auge betrachtet, siehtmit sonnenheller Klarheit, daß ein für das Mittelalter berechnetes Institut wie die römischkatholischeKirche bald zu den gewesenen Dingen gehören würde, wenn es nicht im Interesse dernach Rückkehr der Despotie strebenden Fürsten wäre, sie trotz mancher aus der Schein-Konstitution entstehenden Unbequemlichkeiten in Schutz zu nehmen. Aufhören wird ihr verdammenderEinfluß erst mit Erreichung ehrlicher Konstitutionen, mit denen sich eine Stellung nichtverträgt, wie sie die Kirche jetzt einnimmt und die Trennung <strong>von</strong> Kirche und Staat absolut nötigmacht. -Papst Pius IX. starb am 7. Februar 1878, wie er der Welt glauben machen wollte, als armer Gefangenerim Vatikan. Ihm folgte in derselben Eigenschaft Leo XIII. (Pecci), dessen Regierung undKirchenpolitik wir unerörtert lassen wollen, da wir das Ende noch nicht kennen und in bezug auflebende Personen Ursache haben, unser Urteil zurückzuhalten. Nur so viel können wir wohl sagen,daß auch Leo XIII. niemals im Ernst nachgeben wird, denn jede Konzession, die ein Papst macht,ist die Herausnahme eines Steines aus dem künstlich gefügten Gebäude der römisch-katholischenKirche, daher gewissermaßen eine selbstmörderische Handlung.Sodom und Gomorrha"Es ist kein feyner Leben auf erden, denn gewisse zinßhaben <strong>von</strong> seinem Leben, eyn Hürlein daneben und unseremHerre Gott gedienet."Die Reformation wurde recht eigentlich durch das Schandleben der römisch-katholischen Geistlichenhervorgerufen, denn der Ablaßunfug war nur die nächste Veranlassung. Es verlohnt sich daherschon der Mühe, einen Blick in diese geistliche Kloake zu tun und zu prüfen, woher es kommt, daßgerade diejenigen, welche durch ihre Stellung vorzugsweise dazu berufen waren, den Menschen alsMuster der Sitte voranzugehen, sich durch die zügellosesten sinnlichen Ausschweifungen so sehrbefleckten, daß sie dadurch den allgemeinen Abscheu gegen sich hervorriefen.Die schaffende und erhaltende Kraft oder Macht, die wir Gott nennen, hat allen lebenden Geschöpfenden Geschlechtstrieb gegeben. Sie machte ihn zu dem mächtigsten Triebe, weil sie damit dieFortpflanzung verband, worauf sie bei allen organischen Geschöpfen besonders vorsorglich bedachtwar; ja, sie stellte es nicht in den freien Willen, dem Geschlechtstriebe zu folgen, sondern zwangdazu, ihm zu folgen, indem sie die unnatürliche Unterdrückung desselben empfindlich strafte. Dergewaltsam unterdrückte Geschlechtstrieb macht Tiere toll und Menschen zu Narren, wie wir aneinigen Beispielen im Kapitel <strong>von</strong> den Heiligen gesehen haben.Die Befriedigung des Geschlechtstriebes ist also eine Naturpflicht und an und für sich ebenso erlaubtund unschuldig wie die Befriedigung des Durstes. Vom sittlichen Standpunkt aus beurteilt,verdienen der Fresser und der Säufer in nicht geringerem Grade unsern Tadel als der in der sinnlichenLiebe ausschweifende Wollüstling, und die seltsame und verkehrte Ansicht, wodurch wirselbst die naturgemäße Befriedigung des Geschlechtstriebes gleichsam zu einem Verbrechen oder
doch zu einer Handlung stempeln, deren man sich schämen muß, verdanken wir einzig und alleinder mißverstandenen, verunstalteten, christlichen Religion.127Das gesellschaftliche Zusammenleben machte es durchaus notwendig, daß die Leidenschaften derMenschen geregelt werden, sei es nun durch die sogenannte Sitte oder durch Gesetze. Wollte einjeder seinen Leidenschaften die Zügel schießen lassen, so würden sich Staat und Gesellschaft baldin wilde Anarchie auflösen. Damit ein jeder Bürger, auch der schwächste, im Genuß seines Lebensund Eigentums selbst gegen den stärksten geschützt sei, muß jeder seinen natürlichen Leidenschafteneine vom Gesetz bestimmte Grenze setzen, welche <strong>von</strong> den Vollziehern dieser Gesetze, hinterdenen die Gesamtheit des Volkes steht, sorgfältig bewacht und geschützt wird.Die Erfahrung lehrt, daß der Geschlechtstrieb gar oft die gewaltigsten und verderblichsten Wirkungenhervorbringt, und so mußte er denn natürlich auch die ganz besondere Aufmerksamkeit derGesetzgeber in Anspruch nehmen. Sie fanden in der Ehe das geeignetste Mittel, den Folgen geschlechtlicherAusschweifungen vorzubeugen, und alle zivilisierten Völker alter und neuerer Zeitbetrachten die Ehe als die festeste Grundlage des Staatslebens und in jeder Hinsicht als ein höchstsegensreiches und die Menschen veredelndes Institut.Die christliche Kirche verkannte die Wichtigkeit der Ehe durchaus nicht, und da sie unablässig bemühtwar, den größtmöglichen Einfluß auf die Menschen zu erlangen, so bemächtigte sie sich auchvorzugsweise der Ehe, obwohl dieselbe die Kirche nicht mehr berührt als jede andere gesellschaftlicheEinrichtung, und behauptete, daß zur Schließung derselben die priesterliche Einsegnung durchausnötig sei; ja, sie ging so weit, daß sie diese rein gesellschaftliche Übereinkunft, über welchehöchstens dem Staat eine Kontrolle zusteht, für ein sogenanntes Sakrament erklärte.Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, daß die Päpste selbst die schamlosesten Betrügereien nichtscheuten, wenn es die Vergrößerung ihrer Macht galt, und so kann es uns nicht mehr besonders auffallen,wenn wir nachweisen, daß sie auch in bezug auf die Ehe wahrhaft lächerliche Inkonsequenzenbegingen.Die Ehe, dieses heilige Sakrament, wurde den Geistlichen verboten, weil es sie verunreinige! - Denwahren Grund dieses Verbotes habe ich bei Erwähnung Gregors VII. im vorigen Kapitel erwähnt,und der angegebene Zweck wurde damit erreicht, obwohl dadurch Folgen erzeugt wurden, welcheder römischen Kirche fast ebenso großen Nachteil brachten wie den Menschen im allgemeinen.Die Geistlichen wurden durch das Zölibat - so nennt man die erzwungene Ehelosigkeit römischerPriester - völlig isoliert und ihre Verbindung mit den übrigen Menschen und dem Staat zerrissen,dafür aber desto fester an die Kirche, das heißt an den Papst, gefesselt; denn dieser ist es ja, <strong>von</strong>dem jeder römisch-katholische Geistliche in höchster Instanz sein zeitliches Heil zu erwarten hat.Der alte Vizegott in Rom ist ihm Familie und Vaterland. Ein echt römisch-katholischer Geistlicherkann gar kein guter Patriot oder guter Staatsbürger sein.Was kümmern sich die Päpste um die abscheulichen Folgen des Zölibats. Sie wollen unumschränktherrschen um jeden Preis, wenn auch durch ihren schändlichen Egoismus die Moralität der ganzenWelt samt dem Christentum zugrunde geht. Die Heiligen Väter in Rom werden durch nichts anderesbewegt als durch ihren Eigennutz, welche erhabenen Gründe sie auch mit salbungsvollen Wortenzur Bemäntelung desselben vorbringen mögen.Weder Tonsur noch Weihen vermögen es, den Geistlichen die "menschlichen Schwächen", wie mandummerweise die Regungen des Naturtriebes häufig nennt, abzustreifen. Die Natur respektiert einengeweihten Pfaffenleib ebensowenig wie den irgendeines anderen tierischen Organismus undkämpft mit ihm um ihr Recht. Diese Kämpfe endeten bei gewissenhaften Geistlichen, denen es mitihrem Keuschheitsgelübde ernst war, gar häufig mit Selbstmord oder Wahnsinn oder mit unnatürlicherBefriedigung des Geschlechtstriebes oder mit freiwilliger Verstümmelung. - Der schlechtere
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6bens. Kardinal Johann, ein Englän
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dem diese sie dazu gebrauchten, den
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32daß sich die Götter unter die M
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34zerstreut und mit ihnen die Chris
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genügen, nur in leichten Umrissen
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38häupter derselben; sie beriefen
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Zeit in der syrischen Wüste und sc
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St. Adalbert, der sogenannte Aposte
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56Jupiters Hofstaat bildeten, und w
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62Schachtel; eine Flasche voll ägy
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ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu