122Mit Zittern und Zagen ging Pius nach Frankreich, aber die wilden Löwen der Republik warenbereits wieder sanfte Schafe der Kirche geworden, und der Papst äußerte selbst: "Ich rechne darauf,als ehrlicher Mann empfangen zu werden, aber nicht als Papst."Die Pariser waren indessen - durch das Revolutionssieb filtrierte Pariser. Der Krönungszug war fürsie kein heiliges Schauspiel, sondern eine Farce, und als Pius VII. seinen Segen erteilte, riefen dieGamins: bis! bis!Der Esel, auf welchem der Kreuzträger vor dem päpstlichen Wagen herritt, erregte ihre ganz besondereHeiterkeit: "Ach, seht da die päpstliche Kavallerie! Ach, der apostolische Esel: der heiligeEsel, der Esel der Jungfrau1" und schallendes Gelächter erschallte vor Notre-Dame.Der Kaiser ließ den Papst eine Stunde in der Kirche warten und setzte sich dann mit seiner Gemahlinselbst die Krone auf. Pius VII. spielte eine untergeordnete Figurantenrolle.Zorn im Herzen, kehrte der Heilige Vater nach Rom zurück. Der Spott der Pariser hatte ihn vielleichtetwas verrückt gemacht. Er wurde im Kalender irre und meinte wahrscheinlich acht Jahrhundertefrüher zu leben, denn er dachte ernsthaft daran, alle Fürsten und alle Kirchen wieder <strong>von</strong> sichabhängig zu machen. Er hatte das Papstfieber.Napoleon hatte indessen erreicht, was er wollte, und schonte den toll gewordenen Papst nicht länger.Am 2. Februar 1808 rückte General Miollis in Rom ein. Pius trat ihm entgegen und fragte:"Sind sie Katholik?" - "Ja, Heiliger Vater", stammelte der General ganz verlegen. Pius gab ihmschweigend den Segen und ging in sein Kabinett.Lachen wir auch über die Anmaßungen des Papstes, so müssen wir doch gestehen, daß er seine Rolledem allmächtigen Kaiser gegenüber gut spielte. Das römische Volk war durch die harte Behandlung,die man den Kardinälen und selbst dem Papst zuteil werden ließ, gegen die Franzosen so erbittert,daß es diesem nicht schwer gewesen wäre, ein Seitenstück zur Sizilianischen Vesper hervorzurufen.Daß er dazu Lust hatte, läßt sich vermuten; allein, die Sache war doch zu gewagt, un Piusbeschloß, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.Napoleon wollte ihn jedoch in Frankreich unter seiner speziellen Aufsicht haben. Eines Nachtsdrangen Soldaten in den Vatikan, und der Heilige Vater wurde in einem Lehnstuhl durch das Fensterhinabgelassen und nach Frankreich gebracht. Hier lebte der Vizegott nicht "wie der liebe Gott inFrankreich", sondern zurückgezogen und einfach und begnügte sich damit, gegen die ihm angetaneGewalt zu protestieren. Er gab dem Kaiser nicht einen Zoll breit nach, und das war männlich. Ineiner Privatunterhaltung, die zufällig belauscht wurde, nannte er Napoleon verächtlicherweise"Komödiant!", was den Kaiser so wütend machte, daß er, um seinem Zorn Luft zu machen, einkostbares Porzellangefäß auf dem Boden zertrümmerte.Als Napoleon nach Elba verbannt wurde, zog Pius VII. (im Mai 1814) nach Rom und gebärdetesich als echter Papst. Er hatte es erfahren, daß die Macht aus den geistlichen Händen wieder in dieweltlichen übergegangen war. Mit Gewalt war sie nicht wiederzuerlangen, dazu fühlte er sich zuunmächtig, aber es gab andere Wege, heimliche, verborgene, und die Menschen waren noch immerdumm.Sein erstes Werk war es, die Jesuiten wiederherzustellen (7. August 1814). Die Erweckung der anderenMönchsorden folgte nach, wie auch die der Bulle In coena Domini, die alle Ketzer verflucht.Ja, die Inquisition, selbst die Folter, trat wieder ins Leben und wurde gegen mehrere unglücklicheCarbonari angewandt. All der Unsinn der früheren Jahrhunderte kam wieder zutage. Pius öffnetedie seit Jahren geschlossene Rumpelkammer des päpstlichen Zeughauses, und heraus flatterten mittelalterlicheEulen und Fledermäuse. - Prozessionen, Wallfahrten, Heiligenbilder und wie der Gau-
kelapparat heißen mag, kamen aufs neue zur Geltung; das neue Licht sollte mit Gewalt ausgelöschtwerden.123Pius VII. fiel auf dem Marmorboden seines Zimmers, brach einen Schenkel und starb am 20. August1823 in einem Alter <strong>von</strong> 81 Jahren.Sein Andenken muß jedem Freunde fast noch verhaßter sein als irgendeines anderen Papstes ausder Zeit des früheren Mittelalters, weil Pius im neunzehnten Jahrhundert lebte und aus Herrschsuchtund Habgier das römische Ungeziefer über die Erde losließ, unbekümmert über das Unglück, welchesdadurch angerichtet wurde; gleich jenem Jungen, <strong>von</strong> dem die Zeitungen berichteten, derScheunen in Brand steckte, um dadurch zu den Nägeln zu gelangen, wo<strong>von</strong> er den Erlös vernaschte.Leo XII., der nun folgte, war ein munterer Lebemann, <strong>von</strong> dem manche deutsche Dame zu erzählenwußte. Dabei war er Jagdliebhaber, kurz, ein ganz flotter Bursche. Pasquino meinte: "Wenn derPapst ein Jäger ist, so sind die Kardinäle die Hunde, die Provinzen die Forste und die Untertanendas Wild." - Ach, guter Pasquino, Wild waren die Untertanen immer, und das wird sich nur ändern,wenn sie ernstlich wild werden!Als Leo Papst wurde - wurde er eben wieder ein Papst! Er verkündete 1825 ein Jubiläum und luddie Gläubigen ein, "die Milch des Glaubens aus den Brüsten der römischen Kirche unmittelbar zusaugen". Bon appetit!Dieser Leo war ein solcher - Papst, daß er die Kuhpockenimpfung als gottlos verbot, weil der Eitereines Tieres mit dem Blute eines Menschen vermischt werde! - Unter früheren Päpsten wurde fürGeld selbst Sodomiterei mit den Tieren erlaubt, und doch machen die Päpste Anspruch auf Unfehlbarkeit.Leo trat ganz in die Fußstapfen seines Vorgängers, und die Kirche, <strong>von</strong> den Regierungen,besonders aber <strong>von</strong> der österreichischen, mit despotischer Liebe unterstützt, erholte sich immermehr <strong>von</strong> dem Schlage, den ihr die Revolution versetzt hatte. Im Jahre 1827 bestand der päpstlicheGeneralstab aus 55 Kardinälen, 10 Nuntien, 118 Erzbischöfen und 642 Bischöfen. Die Armee derWeltgeistlichen, Mönche und Jesuiten vermag ich nicht zu taxieren.Leo starb 1829, und ihm folgte Pius VIII., der bereits am 30. November 1830 ebenfalls starb, nachdemer den Obskurantismus nach besten Kräften befördert hatte. Wer daran zweifelt, der lese seinGeneraledikt des heiligen Offiziums vom 14. Mai 1829, worin in Gemäßheit eines heiligen Gehorsamsund unter Strafe der Ausschließung und des Verbanntseins außer den anderen Strafen, welcheschon durch die heiligen Kanone, Dekrete, Konstitutionen und Bullen der Päpste ausgesprochenwerden, allen und jeden, die der Gerichtsbarkeit des Generalinquisitors untergeben sind, gebotenwird: "binnen Monatsfrist alles, was sie wissen und erfahren werden, gerichtlich anzugeben, inbetreff alles oder eines jeden <strong>von</strong> denen, welche Ketzer oder der Ketzerei verdächtig und <strong>von</strong> ihrangesteckt oder ihre Gönner und Anhänger sind - die vom katholischen Glauben abgefallen sind -,welche sich den Beschlüssen der heiligen Inquisition widersetzt haben oder sich widersetzen, dieentweder in eigener Person oder durch andere, auf welche Art es auch geschehen mag, einen Diener,Ankläger, einen Zeugen bei dem heiligen Gerichte in ihrer Person, ihrer Ehre und ihren Vorrechtenbeleidigt haben oder beleidigen, zu beleidigen gedroht haben oder zu beleidigen drohen -,welche in eigener Wohnung oder bei andren Bücher <strong>von</strong> ketzerischen Verfassern, Schriften, dieKetzereien enthalten oder religiöse Gegenstände ohne Bevollmächtigung des Heiligen Stuhles behandeln,ehedem besessen haben oder jetzt besitzen" usw. usw.Am 2. Februar 1831 bestieg der Kardinal Mauro Capellari unter dem Namen Gregor XVI. denPäpstlichen Stuhl. Er hieß eigentlich Bartolommeo Alberti Capellari und wurde 1765 in Belluno imVenitianischen geboren. Im Jahre 1783 trat er unter dem Namen Mauro in den Kamaldulenserorden,und nachdem er 1801 Abt, 1823 General seines Ordens geworden war, machte man ihn 1826zum Kardinal.
- Seite 2 und 3:
2InhaltAus der Vorrede zur ersten A
- Seite 4 und 5:
Entfernte Textstelle:4Überall renn
- Seite 6 und 7:
6bens. Kardinal Johann, ein Englän
- Seite 8 und 9:
8Sind Regierungen so verblendet, da
- Seite 10 und 11:
10Einige wohlmeinende Freunde sprac
- Seite 12 und 13:
12Für die gebildeten Klassen der G
- Seite 14 und 15:
Auch der Wechsel der Jahreszeiten m
- Seite 16 und 17:
dem diese sie dazu gebrauchten, den
- Seite 18 und 19:
18ausgeglichen werden kann und sehe
- Seite 20 und 21:
Eigentliche Wunder, das heißt Ding
- Seite 22 und 23:
andere Körper; denn wenn auch das
- Seite 24 und 25:
deter der Verstand eines Menschen i
- Seite 26 und 27:
26Katholische Priester, welche von
- Seite 28 und 29:
28anerkannt werden, so mußte er Ha
- Seite 30 und 31:
30Wenn wir als wahr annehmen, daß
- Seite 32 und 33:
32daß sich die Götter unter die M
- Seite 34 und 35:
34zerstreut und mit ihnen die Chris
- Seite 36 und 37:
genügen, nur in leichten Umrissen
- Seite 38 und 39:
38häupter derselben; sie beriefen
- Seite 40 und 41:
40Der Übergang zu dem Gedanken, da
- Seite 42 und 43:
daß überall Geschwüre hervorbrac
- Seite 44 und 45:
44Die ganze Gegend, in welcher ein
- Seite 46 und 47:
Zeit in der syrischen Wüste und sc
- Seite 48 und 49:
St. Adalbert, der sogenannte Aposte
- Seite 50 und 51:
50Die Tiere hatte er sehr lieb und
- Seite 52 und 53:
52Eine höchst merkwürdige Antipat
- Seite 54 und 55:
54Ärger konnten die Pfaffen die ch
- Seite 56 und 57:
56Jupiters Hofstaat bildeten, und w
- Seite 58 und 59:
der Nachgeburt genossen hätten! -
- Seite 60 und 61:
60kuriose Spielereien und Abwege, s
- Seite 62 und 63:
62Schachtel; eine Flasche voll ägy
- Seite 64 und 65:
64ziemlich ernsthaft den Pater Guar
- Seite 66 und 67:
jemals bezahlt wurde. - Der Papst u
- Seite 68 und 69:
68Es ist ordentlich spaßhaft zu se
- Seite 70 und 71:
70Leo X. fand es vorteilhaft, den A
- Seite 72 und 73: 72Er blieb bei dem "Gotteskasten" s
- Seite 74 und 75: Die Statthalterei Gottes in Rom74"A
- Seite 76 und 77: 76Stolz, Herrschsucht und Geldgier
- Seite 78 und 79: 78Völker ließen sich von diesen e
- Seite 80 und 81: 80Selbst im Abendland, wo doch der
- Seite 82 und 83: 82Martinus wagte es, den Befehlen d
- Seite 84 und 85: sondern begleitete ihn selbst zu Fu
- Seite 86 und 87: 86fällt? Wir kennen dich nicht und
- Seite 88 und 89: 88Der Strom der päpstlichen Nichts
- Seite 90 und 91: 90Man erzählt nämlich, daß zwisc
- Seite 92 und 93: auf den Mund küssen, und keiner du
- Seite 94 und 95: 94Feindin, aber barmherziger war, u
- Seite 96 und 97: ich in meinem Königreiche vor eine
- Seite 98 und 99: 98Innozenz IV. verlieh den Kardinä
- Seite 100 und 101: 100Bonifaz VIII. ist derjenige Paps
- Seite 102 und 103: 102wenn ich die Schandtaten und Ver
- Seite 104 und 105: sich bereits seinen Bruder Dschem e
- Seite 106 und 107: 106vieren zwischen den Leuchtern du
- Seite 108 und 109: 108verstehe". Hadrian war ein hölz
- Seite 110 und 111: 110Wenn es heutzutage ein Schriftst
- Seite 112 und 113: 112Als aber der Bericht endlich fer
- Seite 114 und 115: machen; ihr habt einen dazu gemacht
- Seite 116 und 117: 116Der erste Papst im 17. Jahrhunde
- Seite 118 und 119: 118Nachdem er einst dem Herzog von
- Seite 120 und 121: 120Kaiser Joseph II. machte mit dem
- Seite 124 und 125: 124Die Unzufriedenheit im Kirchenst
- Seite 126 und 127: 126Reichstag ausgesprochene teilwei
- Seite 128 und 129: 128Teil der Geistlichen, die ich ha
- Seite 130 und 131: verkennbaren Einfluß. Ein Unverhei
- Seite 132 und 133: schwingen. - Der Irrtum lag in der
- Seite 134 und 135: 134ständig als Muster auf und erz
- Seite 136 und 137: hinweg: Ich verdamme nicht das Heir
- Seite 138 und 139: 138ne Wut meine Seele ängstigte, d
- Seite 140 und 141: 140bezahlen oder unter die Armen ve
- Seite 142 und 143: 142vorzuheben. Doch treffe die Wahl
- Seite 144 und 145: 144Mehrere Anhänger Gregors, welch
- Seite 146 und 147: 146Im Jahre 1409 wurden zu Augsburg
- Seite 148 und 149: 148des Fleisches ihre Köchinnen un
- Seite 150 und 151: 150müsse man annehmen, daß er sie
- Seite 152 und 153: 152Zur Zeit der Reformation kamen u
- Seite 154 und 155: 154den! Durch die Reformation und d
- Seite 156 und 157: 156er dieser Freude einen Mönch op
- Seite 158 und 159: 158Von den unendlich vielen Beispie
- Seite 160 und 161: Steh'n, heilige Liebe, hier alle di
- Seite 162 und 163: 162dem Hund sein Schwanzerl? Dem Hu
- Seite 164 und 165: 164Wehe dem Unglücklichen, der es
- Seite 166 und 167: 166behandeln müssen, da er in der
- Seite 168 und 169: Rindvieh der Urheber der Geißelpro
- Seite 170 und 171: 170Die beschuhten oder graduierten
- Seite 172 und 173:
172Die in den Klöstern herrschende
- Seite 174 und 175:
174Andere, die nicht so schwärmeri
- Seite 176 und 177:
176Sein Vorgänger habe die Krankhe
- Seite 178 und 179:
178Der Hausfreund Baumanns war der
- Seite 180 und 181:
Disziplin. Doch damit war es noch n
- Seite 182 und 183:
182Allein P. Raimund tobte und verb
- Seite 184 und 185:
184müssen sie die Grundsätze lock
- Seite 186 und 187:
186Der Pater wäre zur öffentliche
- Seite 188 und 189:
188den Evangelien findet, denn die
- Seite 190 und 191:
190Schon im Jahre 428 hatte Papst C
- Seite 192 und 193:
192malen. -Auf solche Weise verfuhr
- Seite 194 und 195:
es möglich sei, im ehelichen Stand
- Seite 196 und 197:
196Nach einer mehrwöchigen Vorbere
- Seite 198 und 199:
198Die vielen Reden von fleischlich
- Seite 200 und 201:
200Cornelius opponierte und drohte
- Seite 202 und 203:
202Katharina war längere Zeit kran
- Seite 204 und 205:
204Durch die Unvorsichtigkeit einer
- Seite 206 und 207:
wurde bestimmt, das Fräulein zu ih
- Seite 208:
ten Tatsachen hat Münch aus dem Mu