FORSCHUNGSBERICHT 2004 - am Fachbereich ...

WiSo-Forschungsbericht 2004 - Lehrstuhl für Soziologie und Sozialanthropologie 239
senschaft. Wenn man etwas indiskret formuliert, dann
spricht man wohl besser von einem Postulat der Finali-
sierung der Wissenschaft, wie er in der sozialdemokrati-
schen Reformära unter Willy Brandt auch beispielsweise
in Westdeutschland verbreitet war. Diese weltanschauli-
che Position verbindet sich bei Vitányi durchaus mit um-
fangreichen empirischen Forschungen, die aber durch-
gehend direkten Bezug zur Durchsetzung politischer
Ziele haben und daher schon von ihrem Forschungsde-
sign her so angelegt sind.
4. Károly Varga hat versucht im Anschluss an seine Aufar-
beitung der humanwissenschaftlichen Wertforschung
die im Delphi-Diskurs vertretenen Positionen provokativ
und nuanciert herauszuarbeiten und miteinander zu
konfrontieren. Dabei dient ihm die Frage, wie sich die
Entwicklung Ungarns im nächsten Jahrzehnt voraus-
sichtlich entwickeln wird, als Lackmus-Test für die Fest-
stellung der diagnostischen Aussagekraft des jeweiligen
Ansatzes. Dabei ist seine eigene Perspektive natürlich
auch nicht von bestimmten Werthaltungen unbeein-
flusst. Diese stammen aus einer christlichen Weltsicht,
die aber gegenüber Machtansprüchen und ideologi-
schen Vereinnahmungen auch im eigenen Wertebereich
kritisch reflektiert ist.
5. Die Position, die Henrik Kreutz in dieser ersten Runde
der Delphi-Diskussion einnimmt, ist durch die Weige-
rung geprägt, sich überhaupt einer weltanschaulichen
Sicht anzuschließen. In dieser Hinsicht wird hiermit ver-
sucht, die wissenssoziologische Position von Karl
Mannheim – antworten, aber nicht dazugehören – mit
der pragmatistischen Sicht von Charles S. Peirce zu
verbinden, die an der genauen Rekonstruktion der Be-
dingungen der Möglichkeit und der Machbarkeit interes-
siert ist, ohne selbst nun auch direkt bestimmte Prob-