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FORSCHUNGSBERICHT 2004 - am Fachbereich ...

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WiSo-Forschungsbericht <strong>2004</strong> - Lehrstuhl für Soziologie und Sozialanthropologie 249<br />

lende Entmutigung durch Verwaltungsbehörden ohne schriftlichen Bescheid oder ein-<br />

fach durch die Scheu, "Almosen" zu beanspruchen.<br />

D<strong>am</strong>it ist nicht zuletzt der mystifizierende Gebrauch des Begriffs der ‘sozialen Exklusi-<br />

on’ in Frage zu stellen, der z.B. den Bettler und den Flüchtling per definitionem außer-<br />

halb von der Gesellschaft stellt. In den Worten von Serge Paug<strong>am</strong> entspricht das Bild<br />

einer irreversiblen Absonderung einer homogenen Unterschicht daher mehr dem ‘klas-<br />

senspezifischen Ethnozentrismus’ unreflektierter Beobachter als der Vielschichtigkeit<br />

‘sozialer Disqualifizierung’. 8<br />

In der konventionellen EU-Berichterstattung 9 wird das Kollektiv auf die Bestimmung<br />

des nationalen Median-Äquivalenzeinkommens reduziert. Neben unzureichend ab-<br />

gesicherter Reliabilität werden dabei vor allem Fragen der Validität völlig unzureichend<br />

behandelt und bleiben daher ungelöst. Dies beginnt mit der Konzeptionalisierung des<br />

Begriffs: Lässt sich >Armut< als Zustand fassen oder ist sie nur als dyn<strong>am</strong>ischer Pro-<br />

zess zu verstehen? Wenn >Armut< empirisch häufig als Zustand erscheint, dann nur<br />

deshalb weil die relevanten Prozesse, die sie konstituieren, sich in einem Fließgleichge-<br />

wicht befinden und das prozessuale Geschehen bei flüchtiger Betrachtung übersehen<br />

wird. Weiters repräsentieren Respondenten einer üblichen Bevölkerungsumfrage keine<br />

kollektiven Akteure. Der Wohlstand der letzteren kann daher durch Maßzahlen, die auf<br />

dieser Grundlage gewonnen werden, nicht adäquat erfasst werden. Dieser Sachverhalt<br />

lässt sich sehr gut anhand von Erhebungen über monetär nicht erfasste produktive Ar-<br />

beit verdeutlichen: Das schweizerische "Bundes<strong>am</strong>t für Statistik (BfS)" bezifferte etwa<br />

den Wert der im Jahr 2000 monetär nicht erfassten Arbeit privater Haushalte mit 175<br />

Milliarden Sfr. Dies entspricht einem Gegenwert von 70% jenes Bruttoinlandsproduktes<br />

(BIP), das Ökonomen üblicherweise berücksichtigen:<br />

Tabelle 1: Unbezahlte Haushaltsarbeit und monetär abgegoltene Arbeit – eine<br />

Komplettierung des BIP für die Schweiz im Jahr 2000 in Milliarden 10<br />

8 Paug<strong>am</strong>, S., 1991, La disqualification social, Paris, PUF.<br />

9 vgl. z.B. EUROSTAT, 2003, a.a. O.<br />

10 Quelle: Bundes<strong>am</strong>t für Statistik, 2000, zitiert nach: Neue Züricher Zeitung vom 2.11.04, S.13. Zum Vergleich mit der Bundesrepublik<br />

siehe: Dieter Schäfer, <strong>2004</strong>, Unbezahlte Arbeit und Bruttoinlandsprodukt 1992 und 2001. Wirtschaft und Statistik,<br />

S.960-978. Für Österreich siehe: Alfred Franz, 1996, F<strong>am</strong>ily Work and „Women’s GDP, XVIII IATUR Konferenz Wien, Je nach<br />

Bewertungsvariante wurde der Anteil unbezahlter Hausarbeit an einem erweiterten BIP zwischen 33% - 59% geschätzt.

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