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FORSCHUNGSBERICHT 2004 - am Fachbereich ...

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WiSo-Forschungsbericht <strong>2004</strong> - Lehrstuhl für Soziologie und Sozialanthropologie 245<br />

Theorieentwicklung, die in engem Bezug zu den Erfahrungsdaten steht, in der Sozio-<br />

logie als ein möglicher Ansatz durchaus bewährt.<br />

Nichts anderes hat bereits Paul Feyerabend – gegen Karl Poppers Deduktivismus<br />

gerichtet – als Progr<strong>am</strong>m für die Methodologie formuliert. Sein berüchtigtes und viel<br />

bekämpftes "anything goes" bringt diesen Ansatz auf eine denkbar knappe Formel.<br />

Diese Formel ist freilich häufig missgedeutet worden. Sie beinhaltet nämlich keines-<br />

wegs eine generelle Beliebigkeit der Methode, sondern ganz im Gegenteil, dass be-<br />

stimmten Problemlagen jeweils nur ganz spezifische Vorgehensweisen angemessen<br />

sind. Methodologische Standardverfahren sind dementsprechend zumeist unange-<br />

messen und daher zum Scheitern verurteilt. Daher sind die unterschiedlichsten Me-<br />

thoden und Forschungstechniken zu entwickeln, die keineswegs immer und überall<br />

eingesetzt werden können, sondern nur in bestimmten Konstellationen geeignet sind,<br />

gültige Daten zu produzieren. Die gegenwärtige Krise der Soziologie als Wissen-<br />

schaft ist dementsprechend vor allem darauf zurückzuführen, dass einerseits mehr<br />

als 90% der so genannten "quantitativen" Daten mit einer Handvoll von sehr einfa-<br />

chen, standardisierten Techniken der Datenerhebung erstellt werden, deren Validität<br />

in Hinblick auf die jeweilige konkrete Fragestellung überhaupt nicht mehr geprüft wird<br />

und dass anderseits die so genannte "qualitative" Forschung nur selten den Anforde-<br />

rungen wissenschaftlicher Objektivität gerecht wird. >Grounded methodology< tut<br />

daher not!<br />

Gerade in der Frage nach Armut und Reichtum sowie deren Folgen für den sozialen<br />

Zus<strong>am</strong>menhalt scheint es geboten, Methoden und Forschungstechniken sorgfältig zu<br />

adaptieren und weiterzuentwickeln.<br />

Die aktuelle >Berichterstattung< 3 ist jedoch weitgehend auf den standardisierten<br />

Baukasten der Umfrageforschung bzw. der volkswirtschaftlichen Ges<strong>am</strong>trechnung<br />

beschränkt.<br />

Dies mag dem bloßen Existenznachweis sozialer Probleme genügen und somit bei-<br />

tragen, diese außer Streit zu stellen, an diesem Punkt darf "das Denken jedoch nicht<br />

zur Ruhe kommen“. Empirische >Forschung< muss sich Methodenfragen in je spezi-<br />

fischen inhaltlichen Kontexten stellen und nicht in einer generalisierten, abstrakten<br />

3 Siehe: Michael Förster und Karin Heitzmann, 2002‚ Einkommensarmut und akute Armut in Österreich’ in: BMSG Bericht über<br />

die soziale Lage 2001 – 2002 S 186-209. Zur EU-Berichterstatung siehe: EUROSTAT 2003, Einkommen, Armut und Soziale<br />

Ausgrenzung (kostenlos erhältlich unter: [http://www.eds-destatis.de/downloads/publ/ de3_armut.pdf]). Zur empirischen<br />

Bestimmung von Reichtum siehe: Eizinger, C., Kalmar, M., Kernbeiß, G., Pr<strong>am</strong>mer-Waldhör, M., Wagner-Pinter, M., <strong>2004</strong>,<br />

Vermögensbildung und Reichtum in Österreich 1997-2002, Bericht von Synthesis-Forschung, Wien (erscheint demnächst im<br />

Sozialbericht des BMSG).

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