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FORSCHUNGSBERICHT 2004 - am Fachbereich ...

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WiSo-Forschungsbericht <strong>2004</strong> - Lehrstuhl für Soziologie und Sozialanthropologie 255<br />

staatliche Politik, die ein Anwachsen der Ungleichheit verhindern wolle, in dieser Si-<br />

tuation notwendigerweise zu Arbeitslosigkeit führe. 17<br />

Was aber die global zunehmende Gleichheit und "Wohlstandssteigerung" im Einzel-<br />

nen bedeutet, bleibt weitgehend außer Betracht. Die Fragwürdigkeit dieser sehr abs-<br />

trakten Sichtweise lässt sich an einem empirischen Beispiel sehr gut verdeutlichen:<br />

Manuel Castells hat in seiner umfassenden Analyse der Folgen der modernen Infor-<br />

mationstechnologie u. a. die Tatsache aufgedeckt 18 , dass diese technologische Re-<br />

volution bisher lediglich in ihrer eigenen Branche ein außerordentliches Wachstum<br />

erzeugt hat, während in allen anderen Wirtschaftssektoren keine von ihr ausgehen-<br />

den Wachstumsimpulse empirisch nachweisbar sind. Diesem allgemeinen Befund<br />

entsprechen u.a. konkrete Daten, die sich auf den Mobilfunkmarkt beziehen:<br />

Die Daten über die Veränderung der Konsumangaben 1991 – 2002 (in Preisen von<br />

1995) in Deutschland ergeben einen überraschenden Sachverhalt, der in Bezug auf<br />

die Entwicklung von Armut in diesem Jahrzehnt weitreichende Fragen aufwirft:<br />

Die privaten Ausgaben für Nachrichtenübermittlung – also Telefon, FAX, Emails, das<br />

Internet, Briefe und Drucksachen – haben eine unglaubliche Steigerung um 120% er-<br />

lebt, während die Ausgaben für Angebote des Bildungswesens sogar geringfügig ab-<br />

genommen haben!<br />

Dieses Datum wirft in doppelter Hinsicht Fragen auf: zum einen könnte sich in diesen<br />

Daten eine gelungene Kommerzialisierung menschlicher Interaktionen, die bis-<br />

her überwiegend zur Privatsphäre gehörten und keinen monetären Niederschlag<br />

fanden, ausdrücken. Vor allem das >handyArmut< als Zustand oder<br />

ist sie nur als dyn<strong>am</strong>ischer Prozess zu verstehen? Wenn >Armut< empirisch häufig als Zustand erscheint, dann nur deshalb weil die<br />

relevanten Prozesse, die sie konstituieren, sich in einem Fließgleichgewicht befinden und das prozessuale Geschehen bei flüchtiger<br />

Betrachtung übersehen wird. Wie Ernst Weede aber behauptet, wird die Dauer von >Armut< zumeist heillos überschätzt und ein<br />

transitorischer Zustand wird als permanent missinterpretiert. Zur Aufrechterhaltung des physiologischen Gleichgewichts brauchen<br />

Menschen wie andere Lebewesen die kontinuierliche Zuführung von Energie in Form von Kalorien und ebenso adäquate Gelegenheiten<br />

zur Abgabe frei verfügbarer Energie. Von diesen Prozessen wird von der Ökonomie bis heute nur ein Teil monetär abgebildet<br />

und erfasst.<br />

18 M. Castells, 2003, Das Informationszeitalter. Opladen, Leske + Budrich.

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