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FORSCHUNGSBERICHT 2004 - am Fachbereich ...

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WiSo-Forschungsbericht <strong>2004</strong> - Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft 281<br />

Eine Annäherung an öffentlich-rechtliche Standards ist bei dem Umgang mit Wertun-<br />

gen zu verzeichnen. Waren die Journalisten von RTL und SAT.1 1994 meinungs-<br />

freudig, hielten sie sich 1998, wie ihre Kollegen von ARD und ZDF, weitestgehend an<br />

das Gebot der Trennung von Meinung und Nachricht. Positioniert man die Sender zu<br />

den Kandidaten, lässt sich lediglich 1994 eine Bevorzugung von Kohl durch SAT.1<br />

feststellen. Die größere Zurückhaltung hat beiden Kandidaten geschadet, ohne die<br />

journalistischen Bewertungen überwogen insges<strong>am</strong>t negative Wertungen. Dass auch<br />

der Ton – gemessen <strong>am</strong> Tenor der Kandidatenbezüge – negativer und kontroverser<br />

wurde, lag weniger an einer ablehnenden Haltung der Sender, sondern vielmehr an<br />

einem Stilwechsel der Berichterstattung. Die Kontroverse wurde in erster Linie da-<br />

durch erzeugt, dass beide Kandidaten häufiger gemeins<strong>am</strong> in Beiträgen auftraten.<br />

Auch wenn das Fernsehen als Instrument im Wahlk<strong>am</strong>pf für die Parteien an Bedeu-<br />

tung gewonnen hat, kann man nicht sagen, dass die Sender ihre Autonomie einge-<br />

büßt haben. Vielmehr treten die Sender zunehmend als eigenständige Akteure auf,<br />

ohne dabei aber politische Ziele zu verfolgen. Das können sie sich im sich verschär-<br />

fenden Wettbewerb auch nicht mehr leisten. Ein deutliches Anzeichen dafür ist, dass<br />

SAT.1 1998 nicht mehr die Rolle des „Kanzlersenders“ gespielt hat, wie noch 1994.<br />

Dass der Wettk<strong>am</strong>pfaspekt des Wahlk<strong>am</strong>pfs an Präsenz gewonnen hat, ist eine Sei-<br />

te der Medaille; die andere ist, dass die Sender so verhindern, dass die Parteien ihre<br />

Themenagenda in den Nachrichten platzieren.<br />

Auch wenn die Wähler 1998 weniger über die Standpunkte von Parteien und Kandi-<br />

daten erfahren haben, ist es ihnen dennoch gelungen, im überwiegenden Maße eine<br />

Wahlentscheidung zu fällen. Hier konnte gezeigt werden, dass Fernsehnachrichten-<br />

nutzung zumindest in zweierlei Hinsicht auf der Wahlentscheidung wirkt.<br />

Erstens erfahren Nutzer der öffentlich-rechtlichen Medien offenbar mehr über die Po-<br />

litiker. 1994 stieg mit der Nutzung dieser Sendungen die Fähigkeit, ein Urteil über<br />

Spitzenpolitiker der Regierung und der Opposition abzugeben. 1998 wurde festge-<br />

stellt, dass die Nutzung dieser Sendungen das Urteilsvermögen über die Kanzler-<br />

kandidaten selber fördert. Dies lässt sich unter gewissen Vorbehalten auch auf die<br />

hier untersuchte Berichterstattung zurückführen.<br />

Zweitens fördert die intensivere Nutzung dieser Nachrichtensendung die Personali-<br />

sierung der Wahlentscheidung. Vor allem Nutzer von RTL-Aktuell bzw. von privaten<br />

Fernsehnachrichten im Allgemeinen gründen ihre Wahlentscheidung in zunehmen-<br />

dem Maße mehr auf ihre Kanzlerpräferenz als auf ihre Neigung zu einer Partei. Zu-

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