FORSCHUNGSBERICHT 2004 - am Fachbereich ...

WiSo-Forschungsbericht 2004 - Lehrstuhl für Soziologie und Sozialanthropologie 253
über Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit stellen aber keine relevanten wissenschaftli-
chen Ziele der Soziologie dar.
Demgegenüber erlangen Untersuchungen darüber, welche Auswirkungen bestimmte
Formen der Verteilung der Verfügungsgewalt – nicht nur über die Produktionsmit-
tel wie Karl Marx glaubte, sondern über alle Formen des Vermögens – auf die Ent-
wicklung von Wirtschaft und Gesellschaft haben, zentrale theoretische Bedeutsam-
keit.
Die wissenschaftliche Untersuchung ist nicht damit beendet, dass die Verteilung des
Reichtums empirisch aufgedeckt wird, relevant werden solche deskriptiven Daten
wirklich erst dann, wenn man nachweisen kann, welche Folgen die gegebene Form
der Verteilung hat. Dabei bleibt es allerdings eine offene Frage, ob man dieses Ver-
hältnis von Verteilungsform einerseits und dem Gebrauch des Reichtums anderer-
seits als Verhältnis von >Struktur< und >Funktion< auffassen kann. Hier eine ein-
deutige Beziehung anzunehmen ist zwar nur für längst überholte Formen des >Struk-
tur-Funktionalismus< kennzeichnend, aber auch die Annahme von stochastischen
Zusammenhängen bleibt in dieser Hinsicht ungesichert. So ergibt sich heute z.B. die
Frage, ob und wenn ja, welche "Vermögensvernichter da am Werk" sind, wenn z.B.
Spekulationsblasen platzen. Brigitte Koch und Georg Giersberg z.B. zählen im De-
zember 2003 für Deutschland auf: 13
- "die Commerzbank hat den Wert ihres Vermögens um 2,3 Milliarden Euro nach
unten korrigiert,
- die Degussa musste den Geschäftsbereich Feinchemie um 500 Millionen Euro
wertberichtigen.
- Bei der Westdeutschen Landesbank sind im Verlauf dieses Jahres", (2003,
H.K.)," 1,4 Milliarden Euro an Wertberichtigungen und Risikovorsorge aufgelau-
fen und die
- Deutsche Telekom gar hat ihre übernommenen Unternehmen und die UMTS-
Lizenzen um nicht weniger als 22 Milliarden Euro runtergeschrieben."
- "Die Deutsche Bank hat für eine Milliarde Euro Immobilien verkauft – mit 100 Mil-
lionen Euro Verlust"
- "Der Chemiekonzern" (Bayer, H.K.)" hat schon im Vorfeld seine zu verkaufenden
Sparten Chemie und Kunststoffe um 1,7 Milliarden Euro wertberichtigt."
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Der stagnierende Markt lässt die Vermögen schrumpfen. Wertberichtigungen in Milliardenhöhe nehmen zu. Zitiert nach:
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.12.2003, S. 20.